
und goldbraune 0. erythrochrysea und große rosa Calanthe Delavayi und
die schlaffe Pedicularis axillaris mit feinzerteilten Blättern und langen Blütenstielen,
dann unsere Pinguicula alpina, auch mehrere Lilien, wie das türkenbundähnliche
Lilium Taliense. Bald treten wir zwischen die mächtigen Felswände
ein, die im Norden von dem Horn Tschaloko, im Süden von der kerb-
flankigen Felskuppe Sahä senkrecht abstürzen, kalt und genau bis zur Höhe der
Moränenrücken so glattgeschliffen, daß kein Baum daran Halt finden kann,
während darüber in Ritzen nicht wenige Tannen haften. Schon von ferne
gesehen ist das Ganze ein so reines, glänzendes Eiszeitbild, wie man es
vielleicht ein zweites Mal überhaupt nicht findet. Hier, am Fuße der
Felsen, sieht man noch die tief eingerissenen Gletscherschrammen, die
hoch an der Wand, nach außen sich senkend,- hinziehen. In feuchten,
kühlen Nischen und im Schatten der Bambuseen-, Wald- und Gebüschränder
treten saftige, großblättrige Kräuter in dichtem Schlüsse zusammep,
so die schön rosablütige Cardamine polyphylla, Smiladna-Arten mit grünlichen
und braunen, in Rispen gestellten Glöckchen, das weißblütige Eutrema
lancifolium. Die Waldstreifen am Fuße der Felsen werden immer schmäler
und undurchdringlicher, das Bachbett immer breiter und wüster. Ich muß
bald das Pony zurücklassen und im groben Gerolle zwischen haushohen,
runden Blöcken mich durchwinden, pie frischen Moränen, die der zerklüftete
Hängegletscher in der Südwand des Satseto herabgeschickt hat,
sind nicht mehr weit. Mühsam klettere ich an ihren feinsandigen, festgebackenen,
äußerst steilen Flanken herum und sammle hier in nur 8625 m
Höhe die schönen Hochgebirgspflanzen, vor allem einen niedrigen, groß-
blütigen, wundervoll duftenden Goldlack (Cheiranthus Forrestii), dann die
große neue Arenaria Fridericae und anderes. So konnte ich wieder mit
reicher Ausbeute heimkehren. Wie im vorigen Jahre, so brachten auch
heuer die Einheimischen allabendlich ganze Mengen von Pflanzen in
meinen Hof, von denen ich, was vollständig gesammelt war, ohne viel
Wahl zu nehmen pflegte, denn ich hatte doch immer das unsichere,
Gefühl, daß die Unterstützmig von zu Hause auslassen und noch Kosten
auflaufen könnten, die nur durch Verkauf von Duplikaten hereinzubringen
sein würden, und so waren mir Alle solchen willkommen.
ZUM TJATA-SCHAN
Tibeterkarawanen. — Ein unmöglicher Weg. — Die westlichsten Lolo-Dörfer. — Alpine
Modennatten. — Ein Alpenrosenlager. — Tiefblicke. — Flora und Aussicht eines
4450 m hohen Gipfels.
Nachdem endlich das Zelt angekommen und nach einer Verzögerung
durch den absichtlichen Unverstand Lrs, dem das Zeltleben immer einen Dorn
im Auge bildete, auch ins Dorf gebracht war, suchte ich die nötige Karawane
von fünf Tragtieren zu einem Ausflug nach dem Schneeberg am Nordwestende
der Kette jenseits des Djinscha-djiang, der nebst botanischer
Orientierung einen geographischen Überblick über das im Vorjahre im
Regen bereiste Dschungdien-Hochland ergeben sollte. In Böscha sollte sie
aufzutreiben sein, aber, erklärten die dortigen Mafus, nicht für 1 $ gehen
sie wieder mit einem Europäer, denn sie kennen diese schon, sie seien
mit dem französischen Moschushändler P eronne aus Atendse gereist, und
der habe sie immer geschlagen. Alles Zureden, daß nicht alle Europäer
gleich seien und ich die Leute sehr gut behandle, wenn sie nur einigermaßen
meinen Willen tim, nützte nichts, aber schließlich konnte ich doch
•— natürlich nicht ohne weitere Verzögerung — in Ngulukö das Nötige
finden. Am 19. Juni brach ich auf, der Fluß war über den Sattel von
•Ganhaidse in einem Tage erreicht, in Yulo diesseits der Fähre wurde
übernachtet. Am nächsten Morgen ließen mich die Fährleute über eine
Stunde am Ufer warten; sie waren gerade drüben, sahen eine Karawane
herankommen und wollten diese zuerst herüber bringen. Alles Rufen und
Pfeifen war vergeblich, ich wußte aber schon, daß die Fähre öffentlich
ist, Trinkgeld gab ich unter solchen Umständen auch nicht, sondern ließ
sie mit ganz leeren Händen und langen Gesichtem zurück, und die beabsichtigte
Wirkung, daß sie mich auf der Rückreise äußerst pünktlich bedienten,
war damit erzielt. Auch in unserer Richtung reist eine Tibeterkarawane.
Die Leute benützen die unfreiwillige Rast, um sich im Ufersande
Tee zu kochen; Männer und Frauen, die ganz die gleiche Arbeit
tun, sitzen im Kreise um den Kessel, singen, lachen und necken sich, eine
baumlange Mafu-Dirn stülpt auf einen groben Witz ihrem Partner den
Tränkeimer über den Kopf, und, ganz im Gegensatz zu den bei der Arbeit
nur brütenden, brummenden und unsäglich schmutzig fluchenden Chinesen,
sprüht Lebensfreude aus allen den kräftigen, struppigen und doch elastischen
Tibetergestalten, die mir am Wege begegnen, stets mit einem
plumpen Knix und vor die Brust, die Flächen nach oben, gehaltenen
Händen freundlich grüßend, während mir das weiter im Norden übliche
Herausstrecken der Zunge hier nie vorkam, sondern nur einmal am Mekong
seitens eines wohl von dort kommenden Mannes. Die Gipfel stecken natürlich
im Nebel, und die _ Nachforschungen nach dem richtigen Wege
stoßen auf die üblichen Schwierigkeiten. Nach einem Wege auf den Berg
herunten schon zu fragen, hat ohnedies keinen Zweck; wenn aber von
Lendo, dem ersten Dorfe am Dschungdjiang-ho, ein Weg übers Gebirge
nach dem mir vom Vorjahre bekannten Haba führte, so muß dieser der
richtige Zugang sein. Man sagte, es gehen zwei Wege, ein großer und ein
kleiner, der große führe über einen Berg. So ließ ich mich also diesen führen.