
und sich aus Zeitmangel nicht außerdem noch besuchen ließ, wollte ich
vorerst doch einen Erkundungsritt in der Richtung machen. Am 22. nahm
ich meine beiden Kulis mit und verfolgte den Weg, den wir ursprünglich hatten
über Lowa kommen wollen. Er steigt durch das nächstnördliche Seitental
des tiet und noch recht weit draußen unter Kwapi vorbeifließenden Hsiao-
Djing-ho ( ,Litang-Flusses“) an. Dort liegen ein Moso-Dorf und einige
Lolo-Dörfer zwischen gut erhaltenen Wäldern. Die den Tibetern verwandten
Moso sind das erste Volk, das wir in China trafen, das auf seine Wälder
etwas hält, die Lolo haben das blinde Verwüsten von den Chinesen
gelernt. Über dem in steil nördlichem Einfall die Talhänge bildenden
Tonschiefer blickt eine Kalkzinne herab genau in der Form des Matterhorns,
doch ist es nur eine Ecke einer langen Felswand am Hange des
Yinimi. Links verschwindet der Bach unter einer Kalkdecke und tritt am
"lalhange darunter nicht mehr zutage. Der Weg führt an der nördlichen
Tallehne hinauf und unter der erwähnten Felswand hin über die beiden
ungefähr gleich hohen Sättel T sc h um e h e (3475 m) hinüber ins Tal von
Meidsiping, das nach Osten hinabführt. Mehrere Kämme zwischen den
oberen Verzweigungen unseres Tales sind mit niedrigem Kieferngebüsch
bestanden und auch Steclieichen als höheres Krummholz ganz wie auf
dem Lungdschu-schan bedecken ansehnliche Strecken und schließen über
dem im weichen Tonschiefer ganz schmal, etwa 4 m tief eingeschnittenen
Hohlweg zu einem dichten Gewölbe zusammen, von dem lange Bartflechten
herunterhängen. Eine so dürre Vegetation hatte wenig Anziehendes
für mich und ich beschloß, den anderen Ausflug mit S chneider mitzumachen.
Am nächsten Morgen, dem 23. Mai, .brachen wir nach Norden auf,
immer an der Lehne des Tales entlang, anfangs 800 m über dem
Fluß, von dem steil und unvermittelt 2700 m hoch die Kette aufsteigt,
die den Yalung zur großen Schleife nach Norden zwingt. In gewaltigen
Plattenschüssen setzt erst der schön gewölbte Yinimi in hals verdrehender
Höhe über dem Wege ab, und auch weiter glänzen hoch oben gleichhohe
grauweiße Kalkgipfel unter blauem Himmel, ihre höchsten Erhebungen aber
hat diese Bergkette, wie sich deutlich erkennen läßt, in ihrem Endteile im
Norden hart am Yalung-Bug selbst. Hier unten aber ist das Gestein Tonschiefer
und wohl auch Phyllit, ein Hang, an dem Hühner Steigeisen tragen
müßten, doch ist der allmählich absteigende Weg recht breit und auch
mit der Karawane gut gangbar, wenn man auch in steilen Hohlwegstrecken
oft mit dem Schieferschutt rutscht und viel Staub schlucken
muß. Der Pflanzenwuchs ist hier sehr interessant. Die unscheinbaren gelbgrünen
und graugrünen Buschflecken bestehen aus subtropischen Arten,
hier Hartlaubsträuchern, Granaten, Pistacia weinmanniaefolia, Olea cuspidata,
Querem cocciferoides, Itea Yunnanensis, Photinia lasiogyna und berberidifolia,
Parasyringa sempervirens, die zu echten Macchien zusammentreten, bald aus
sommergrünen oder auch wintergrünen kleinblätterigen, deren wieder manche
zum Savannenwaldtypus gehören, wie die Rubiazee Randia Lichiangensis,
Terminalia Franchetii mit dick seidenhaarigen runden Blättern und oft fingerig
gestellten gelblichen Blütenkätzchen, Abelia Schumanni mit weißrosa Glocken-
blüten ,8piraea tortuosa, verworrenästig und kl einblätterig, Acacia Yunnanensis
Albizzia Julibrissin, die haselnußähnliche Ostryopsis spedosa mit unter-
seits jetzt weißfilzigen Blättern und die alles überspinnende blütenreiche
weiße Rosa lucens, bald bilden silbergrau beblätterte Schmetterlingsblütler
(Campylotropis) und aromatische jetzt noch dürre Lippenblütler Tomillares-
Formation, zu der auch der Vitex Yunnanensis und Styrax Lankongensis
zu rechnen sind. Es ist nebst nur in diesem Gebiete vorkommenden Arten
eine Gesellschaft weit südlicherer und anderseits in auffallender Menge in
den Trockentälern des nordwestlichen Himalaya einheimischer Arten, die
sich hier und in umliegenden Tälern erhalten haben, und auch die Kräuterflora
zählt hierzu, das schwefelgelbe Arisaema flavurn mit kurzer bauchiger
Blütenstandscheide, die schlanke blaue Iris Nepalensis, die schwefelgelbe fein-
zersclilitztblätterige Anemone millefolium\ Vallafis grandiflora ist eine Liane
mit gegen 4 cm breiten, verschwommen gelben, mäusestinkenden Blüten;
das rosettenblättrige Sedum ambiguum mit rosa Blüten in Ebensträußen
ist häufig an Felsen. Da wir einen Mann des Tussu mithatten, erhielten
wir von seinen Leuten und den ihm unterstehenden chinesischen Händlern
und Wirten überall Gastgeschenke, Hühner, Eier und anderes, auch eine
bis zwei Ziegen führten wir jetzt immer in der Karawane mit, die uns
natürlich teurer zu stehen kamen, als wenn wir sie gekauft hätten. Am
zweiten Tage wird in einen engen, dürren, gelbgrauen und nur von
düsterem Zwergbusch gesprenkelten Winkel die Vereinigung des H siao -
D jin g -h o (tibetisch Li-tschu) mit dem Y alung (Djing-ho) erreicht und dieser
bald darunter in einer Fähre übersetzt. Hier ist. als Busch die Euphor-
biazee Eccoecaria acerifolia häufig, ein Strauch mit Janzettlichen Blättern
und aufrechten Ähren mit dreiteiligen Früchten und gelben Stäubblüten
darüber, und die dornige Cudrania tricuspidata, die oben in den Hecken
des Beckens von Yenyüen ihre gelben Blütenköpfe auf milchenden Stielchen
geöffnet hatte, gedeiht am Hange über den windgerillten Sandwellen des
Flußufers und auf diesen,, selbst das kleinem gelbem Mohn ähnliche
Dicranostigma Franchetianum. Noch etwas talabwärts liegt über einem
steilen Schuttkegel der große Bergwerksort W ali, in den Karten
noch nicht verzeichnet, obwohl schon von mehreren Europäern besucht.
In den Sehuttkegel sind steile Stollen nach Gold getrieben, und man
zeigte uns ein faustgroßes Stück im Werte von 1200 $. Grünschiefer,