
eine Stadt für den Handel mit dem Tsarong errichtet werden solle. Ich
hatte meine Aufgabe erledigt und es konnte mir jetzt gleichgültig sein,
daß der Diener mit seiner eiligen Erzählung von meiner Irrawadi-Reise,
daß dort Wilde leben, die keine Kleider anhaben, den Beamten schwermütig
nachdenklich machte, denn jetzt konnte er mich nicht mehr stören.
Der flache Schuttkegel von Tschamutong ist mit feuchten Wiesen bedeckt,
in denen auch Hypericum Hookerianum und Pieris ovalifolia häufig sind.
Irgendein rechtlicher Einwand der Chinesen verhindert die Leute, Reis
• anzubauen, wozu der Platz sehr geeignet wäre. Die beiden steilwandigen
tiefen Gräben des aus dem Tale Gümbalo kommenden Seitenbaches und
des nächsten nördlichen viel kürzeren, die am Bergfuße ganz nahe aneinanderkommen
und den Schuttkegel zerfurchen, machen von gewissen
Standpunkten aus in ihren einfachen Formen großen Eindruck. Von
Tjiontson machte ich nachmittags einen Gang am Salwin-Ufer 'abwärts,
wo die kriechende und kletternde • Gesnerazee Aeschinanthus chorisepalus
scharlachrot blühte und blattbewohnende Flechten und Moose zur Ausbeute
gehörten, und übernachtete in T jio n ra . Abends des 18. August traf ich
auf meinem durch einen vorausgeschickten Träger hieher bestellten Pferde
wieder in Bah an ein.
Die ersten Briefe aus der Heimat ins Ludsedjiang erhielt ich hier;
gleichzeitig kamen Nachrichten über unsichere Verhältnisse an der tibetischen
Grenze weiter im Norden, man fürchte für die Mission Yerkalo (Dsakalo).
Chinesen hatten auch erzählt, große Unruhen stünden in Dali und vielleicht
in ganz Yünnan bevor, und Ltr, den Landesherrn von Ngulukö, befiel
große Angst. Die Leute, welche die Nachrichten brachten, waren Käufer
einheimischer Medizinen und wollten damit offenbar die Preise drücken;
ein Börsenmanöver an der Tibetgrenze! Einen von G enestier als merkwürdig
beschriebenen Baum zu suchen, stieg ich nochmals in den Wald
hinter der Mission. Er erwies sich als Magnolia rostrata, von der mein
als Führer mitgenommener Hauswirt, der Herr des Landes, in zwei Baumstämme
mit seinem Hackmesser Kerben schlagend .und an beiden zugleich
bloßfüßig hinaufkletternd, mir alte Fruchtstände holte, da ich deren noch
keine hatte erreichen können.
Am 22. kamen meine Sammler mit einer recht schönen Sammlung
von 75 Nummern zurück. Sie brachten auch reichlich reife Zapfen meiner
Konifere mit, die an den Enden mit kleinen schuppenähnlichen Blättern
dicht bedeckter, reich verzweigter Ästchen sitzen. Sie hatten einen Baum
fällen müssen und verrechneten mir noch 20 Gents Ausleihgebühr für
eines der kleinen Hackmesser eines Tibeters, die ich für die stundenlange
Arbeit, welche sie damit gehabt haben müssen, auch gerne bezahlte. Ich
sandte eine Probe gleich an C. S chneider als Arnold Aboretum und erhielt
im Laufe des nächsten Winters die Bestimmung als Taiwania crypto-
merioides, eine erst im Jahre 1905 auf Formosa entdeckte und 1906 beschriebene
Gattung. Einige ihrer Träger kamen erst spät abends in Bahan
an, eine Zeltlast blieb aus, erst am nächsten Mittag brachte sie ein Mann
aus Meradon herauf und erzählte, ihr rechtmäßiger Träger habe sich aus
dem Staube gemacht. Ich hielt Auszahlung ab, und da fanden sich etwa
ein Dutzend Leute, meist Chinesen ein, die ihre Ansprüche an den Davongelaufenen
bei mir geltend machten; der eine hatte ihm 1 $, der andere
3 $, im ganzen gegen 20 $ für gute Zinsen geborgt, während meine
Auszahlung nur 5 $ betrug. Diese gab ich ihnen zur Verteilung, lachte
sie tüchtig aus, wie sie so leichtsinnig borgen konnten, und warf sie hinaus.
Wenn sie ihn erwischen, werden sie ihn gehörig durchprügeln und damit
ist die Schuld nach den Rechtsverhältnissen in diesem Winkel ebenso
getilgt, wie durch Rückzahlung. Auch der Esel mußte unter allgemeiner
Heiterkeit seinen Lohn nach allen Richtungen verteilen und soll noch
obendrein Prügel bekommen haben.
Ich ließ die Leute zwei Tage lang rasten und machte mich dann mit
den Trägem, die in schwerer Menge aus Tsedjrong gekommen waren, als
sich das Gerücht von meiner Rückkehr verbreitete, wieder auf den Weg
dorthin. Père O u v r a r d übernahm noch einmal mein Basisbarometer,
damit ich das Verhältnis zwischen Tsedjrong und Bahan aus einer kleinen
Reihe von Beobachtungen feststellen könne; der brave Mann, dem ich viel
verdanke, winkte mir noch lange nach. Mit denselben Aufenthalten wie
im Vorjahre überschritt ich den Si-la , von dem ich bei leidlicher Aussicht
zur Orientierung etwas nach Süden den Grat hinanstieg. Jenseits
aber schickte ich die erledigten Dinge voraus und blieb bei einer Hütte
unweit meines obersten Lagerplatzes der Herreise, Dotitong, um, wenn es
das Wetter erlaubte, noch durch das erste westliche Seitental den höchsten
Gipfel der Gegend zu ersteigen, der, wie ich auch eben wieder erkannt
hatte, in der Nähe seines Ursprunges liegen muß. Aber der Nebelregen
wollte bis Mittag nicht aufhören, deshalb brach ich auch dieses Lager ab
und erreichte am 29. abends T sed jro n g .
Hier fand ich eine Sammlung von etwa 2000 Schmetterlingen vor, die
mir die Leute auf meine Bestellung zusämmengebracht hatten, allerdings
- trotz der guten Schulung der Sammler durch die Missionäre — kaum
ein Viertel in brauchbarem Zustande. Am 31. schickte ich einen Eilboten
nach Bahan, um mein Barometer am nächsten Tage herüberzubringen.
Aber an demselben Nachmittage kam er aufgeregt wieder zurück mit der
Kunde, im Saoa-lumba wären „200“ Lissu, raubten alle die Käufer der
Medizinen aus und schlügen jene nieder, die sich widersetzen, und dies
wurde von anderen Leuten aus dem Gebirge mehrfach bestätigt. Ein zweiter,