
besonders hohen Seitenkamme. Wo der unter dem Gangpu-Kloster höher am
Talhange hinführende Weg wieder die Sohle erreicht, gegenüber Maliping,
mündet, eine Kalkmauer durchbrechend, von Westen ein reich verzweigtes
Seitental, in dem sich große Lissu-Dörfer .(Sololo) befinden sollen. Der Mekong
kommt von Nordost; auch er konnte eine härtere Schichtfolge steilstehender
Tonschiefer noch nicht ausgleichen. Von stärkerem Gefälle beschleunigt, prallen
seine Wasser gegen die Felsen, sie schnellen von beiden Seiten zurück in
die Mitte des Bettes und schleudern dort, sich auftürmend, ihren Gischt
in die Höhe. Der Weg, nur wenig über dem Flusse im dichten Buschwald
versteckt, gestattet nur einzelne Durchblicke auf die Stromschnellen, aber
ihr gewaltiges Tosen lockt den Naturfreund, ein wenig hinabzusteigen, wo
er alles übersieht. Ich habe hier einige wohlgelungene Aufnahmen gemacht.
Einige Kilometer weiter kommt der Fluß wieder aus seiner Durchschnittsrichtung.
An dem scharfen Buge hat er große Breite, eine Insel
von altem Schotter trägt Weiden und Tamarisken, alte Bäume, deren
manche, schon abgestorben, ihre Äste wie riesige Besen in die Luft
strecken; sie reicht nahe an die Felsecke heran, die ihn nach rechts abdrängt.
Der Weg, in diesen Felsen gehauen, über dem Wasser hängend,
tritt hier in das Becken vonYedsche. Zusammenhängende, vorgeschobene
Schuttkegel, zu Reisfeldern gestuft, lassen die wenig steile östliche Talwand
zurücktreten. Darüber aber sieht man die Felskante der Mekong—
Yangdse-Kette, während man bisher kaum jemals eine der Hauptketten
erblicken konnte. Wenig über dem Flusse, links unter dem Weg, liegt
das ummauerte Vedsche, der Sitz eines Tussu, dessen Macht bis an den
Djiou-djiang reicht. Felsecken und -köpfe rechts hoch oben zeigen die
nähergerückte Kette auch weiterhin an, bald sieht man auch links mächtige
schwarze Zinnen über den dunklen Hochwäldern in der Mekong—Salwin-
Scheide. In der Tiefe aber behält das Tal noch eine starke Tagereise von
Yedsche, bis Lota, das gleiche Aussehen.
L o ta und Daschan sind zwei kleine Dörfchen aus Holzhäusern auf
Terrassen wenig über dem Flusse, der hier Sandbänke aufgeworfen hat.
Hier, wo er aus der Tiefe der Gebirge kam, begann er die Ergebnisse
seiner Erosionstätigkeit abzusetzen. Ein Schlund zwischen senkrechten
Felswänden ist es, durch den der Fluß in den offenen Teil seines Tal-
systems eintritt. Zwei helle Kalkköpfe, einer diesseits und einer jenseits der
Klamm, bilden den Hintergrund des Dörfchens, weiter rückwärts reichen die
steilen Talwände empor zu schneefleckigen Gipfeln 2500 m über dem Fluß. Hier
hört der gute Weg auf. Deshalb mußte ich auch meine braven Karawanenleute
aus Lidjiang entlassen, mit denen ich nie Schwierigkeiten gehabt hatte. Aus.
dem bloßen Fels gehauen, oft knapp einen halben Meter breit, führt der Hauptkarawanenweg
nach Atendse am Steilhange über dem Flusse hin. Die Lasten
werden so hoch oben als möglich an den Sattel selbst gebunden, breitere
Stücke an der Talseite, damit sie sich nicht an der hart am Wege steil
aufragenden Wand spießen. Geschieht dies, so bleibt nämlich das Tragtier
nicht stehen, sondern drängt und zieht nach vorwärts und schleudert sich
so selbst vom Wege hinab, an den vielen ausgesetzten Stellen geradewegs
in den Fluß. Durch den Engpaß selbst, der eine von Norden nach Süden
streichende senkrecht gestellte Kalkschicht durchbricht, bringt uns eine hölzerne
Brücke längs der Felswand; sie hatte sogar ein Geländer, die Hälfte
davon fehlte aber in beiden Jahren, in denen ich durchkam. Gegenüber,
wo der Fluß an den Felsen prallt, sieht man bei niedrigem Wasserstand
große Strudellöcher, glatte kesselähnliche schwarze Schlünde. Bei Hochwasser
arbeitet der Fluß darin weiter. Diesseits kann man über dem Wege
die Reste solcher aus der Zeit geringerer Tiefe des Tales beobachten.
In der Felswand an der Brücke sind kleine Löcher, die hineingerufene
■ Laute in weitverzweigten Gängen wiederklingen lassen. Hier und
weiter stromaufwärts, einzeln auch noch abwärts, bedeckt der Lebensbaum
(Thuja orientalis) weite Strecken der dürren' Felshänge. Selbst
an senkrechten Felswänden finden seine Wurzeln Halt, die graue, längsrissige
Rinde sticht kaum ab von der Farbe des Gesteins, die in einer
Fläche reichlich verzweigten Ästchen mit dem graugrün, wie verstaubt,
gefärbten Schuppenlaub senkrecht gestellt, kehren die Schmalseite der
Sonne zu. Viele Reisende und selbst Botaniker müssen den Lebensbaum
hier gesehen haben, aber sie haben ihn nicht beachtet. Erst mir
war es vergönnt, den bei uns so viel gepflanzten Baum, dessen Heimat
in Nordostchina und der Mandschurei auch nur vermutet wurde, als
wild festzustellen. Er findet sich unter gleichen Verhältnissen auch im
Gebiete des Yangdse-djiang im Tale unter Schuba nordöstlich von Yedsche.
Zahlreiche, jetzt nicht blühende Orchideen, die kriechende Hoya carnosa
mit fleischigen, wie Bretter dicken und harten Blättern, das drüsige zarte
Sedum drl/marioides und das große S. Indicum, Farne (Folypodium
Niponicum mit bläulichen kriechenden Wurzelstöckenj und nur wenige
Moose wachsen auf den dürren, von den Hartlaubsträuchem nur wenig
beschatteten Felsen. Am Flusse gibt es nicht mehr die geringste Ebene,
steil steigen die Hänge bis zu den Gipfeln empor, und doch gibt es viele
Dörfer, freilich meist nur aus wenigen Häusern, die an den Hängen
kleben. Es sind Tibetersiedlungen, meist mit einem flachen Vordach,
das nur zum Teil von einem im Giebel mit Schindeln gedeckten Stockwerk
überhöht wird, verrußt, verfallend und durch die oben aufgesteckfen
mit Gebetwimpeln behangenen Bambusbesen keineswegs verziert. Nie fehlen
die Räucheröfen, wie kleine Backöfen, meist drei nebeneinander auf einer
Mauer, in denen Kiefernnadeln, Lebensbaumzweige und aromatisches Pistazien