
der Stirne derart an eine viel zu niedrige verdunkelte Tür an, daß ich mit
einem unwillkürlichen Schrei fast bewußtlos zu Boden taumelte und noch
am nächsten Tage Hinterkopfschmerzen hatte. Durch teilweise schluchtartige
Tälchen, schließlich steil hinab, erreichte ich K a k a ta n g am „Da-ho“, dem
„großen Fluß“ von Weihsi, und übernachtete dort einige Stunden talabwärts
in Anadon. Am nächsten Tage, dem 1. September, schickte ich nun Li mit
den Soldaten nach Weihsi, um Einkäufe zu machen und unter Vorweisung
des Empfehlungsbriefes von Dschuugdien den Beamten um einen weiteren
an den Nahsi-Tussu von Yedsche zu bitten; Bedeckung solle er ablehnen.
DAS MEKONG-TAL
Vorsichtsmaßnahmen. — Macchie und Garide. — Verteilung der Völkerstämme. — Strom-
schnellen und Durchbruchsschluchten. — Neue Karawane. — Lehensbaumwälder. — Seilbrücke.
- - Die Mission Tsedjrong. — FORRE ST’s Arbeit. 9 i Ein Unfall.*— Trägerkarawane.
Nun hieß es, vorsichtig sein, wenn ich nicht G ebauer's Schicksal teilen
wollte, dem man die Reise nach Westen unmöglich gemacht hatte, da man
wußte, daß er nach Tibet wolle. Deshalb durfte ich vor allem auch Li nicht
in meine Pläne einweihen und nicht selbst nach Weihsi gehen, sondern
erreichte am selben Tage den Mekong unterhalb Bedjihsün, dem letzten
echt chinesisch gebauten Dorfe, und in seinem bebauten, langweiligen Tale
aufwärts schon am frühen Nachmittage H siao -W e ih si. In den vier Tagen,
die ich in einem engen, rauchigen Dachraume hier zubrachte, erlebte
ich die größte Hitze während meiner Yünnan-Reisen, 36° im Wohnraum.
Mit dem Missionär L esgourgües pflegte ich freundlichsten Verkehr, aß öfter
mit ihm und benützte seine Bücherei. Der Arme war der Missionstätigkeit
recht überdrüssig; Einbrecher hatten ihm einen guten Teil des Besitzes
M onbeig’s , den er vertrat, gestohlen und die Mission sah auch gräßlich verstaubt
und verwahrlost aus.
Li hatte alles nach Wunsch besorgt, weil er nicht wußte, was ihm
bevorstand, die wenigen Soldaten in Hsiao-Weihsi kümmerten sich auch
nicht um mich und am 6. September reiste* ich wieder Mekong-aufwärts,
nachdem ich auf die Versicherung des Missionärs hin, daß man mich
nicht am diesseitigen Ufer festhalten werde, es aufgegeben hatte, hier
unbemerkt über den Strom zu entkommen, an dessen rechtem Ufer,
wie sich später zeigte, mich wohl unüberwindliche Wegschwierigkeiten
erwartet hätten. Das Tal wird hübscher, die Hänge streckenweise steil,
imd kleine Biegungen des Flusses bringen wiederholt Abwechslung in die
Landschaft. Da sind an der Außenseite steile Abrisse bröckeligen
Phyllites, während die Innenseite flach upd mit Reis bebaut ist, oder
unter einer wenig geneigten Terrasse auch einen Steilabfall zeigt, nicht
selten aber umgeht der Bug den Schuttkegel vor der Mündung eines
Seitentales und der Fluß hat erst die ihn absperrenden Geschiebe durch-
nagt. und sich dann noch tief in das darunter anstehende Gestein eingegraben
und der Seitenbach desgleichen. Anderswo wieder prallt der Fluß
an eine Felswand und wird von ihr in mehr als rechtem Winkel zurückgeworfen
bis zu einem Punkte, wo er sie seitlich umgehen kann.
Macchienähnlicher Hartlaubwald bedeckt die unten sandigen Steilhänge
am Flusse, besonders Pistacia weinmannifnlia in Menge, Buchsbaum, Cinna-
momum Delavayi, Ligustrum lucidum, Viburnum cylindricum und Chionanthus
retusus, der im Frühjahr mit seinen zarten, weißen, duftenden Blüten
eine Zierde sein muß, jetzt aber kleinen Pflaumen gleichende Früchte
trägt; dazwischen gedeiht eine kleine Hainbuche, die neue Carpinus Mon-
beigiana, und auch Cornus capitata findet sich auffallend viel mit den jetzt
reifenden, etwas nach Himbeeren schmeckenden Fruchtköpfen. Vielleicht
noch größere Strecken nimmt die Formation der Garide ein, weiß-, oft etwas
rostig- (Buddlea incompta) oder silberig filzblättrige (Lespedeza floribunda)
und besenartige (Excoecaria acerifolia) Sträucher und Halbsträucher, unter
diesen besonders Ceratostigma minus mit azurblauen, in Ähren gestellten
Blüten und Statice gleichenden Kelchen und Plectranthus rugosiformis,
dazwischen verschiedene gelbliche und braune Beifußarten (Artemisia
Sieversiana, annua, vestita) mit unterwärts starren rutenförmigen Stengeln
und Steppengräser. Sonst, besonders etwas höher, sieht man Pinus Yunnanensis
und Keteleeria Davidiana wie in gleicher Lage auf dem Yünnan-Tafelland.
Viele kleine, anfangs noch von Mindjia, die hier Lama-jen genannt
werden, weiter aufwärts von Nahsi bewohnte Dörfer liegen in der Talsohle,
wo ebene Strecken reicheren. Anbau gestatten, auch ansehnlich
große, wie Loutschang und Gangpu. Die hochgewachsenen Nahsi-Frauen
besonders tragen schweren Schmuck aus Silber und Edelsteinen im Ohrläppchen
und auf dem Kopfe und arbeiten scherzend und singend in ihren
langen Faltenröcken überall auf den Feldern. Auch den steilsten Hängen
sind oft Äcker abgewonnen und mit Mais und Buchweizen bepflanzt. Die
Hänge allein aber haben die vom Flachland eindringenden Chinesen den
eingeborenen Lissu gelassen; einige hundert Meter über der Talsohle sieht
man ihre zahlreichen Dörfer, zwei Zeilen von hölzernen Blockhäusern, die
von mächtigen Laubbäumen, meist Walnüssen, beschattet werden. Nur
an einer engen, schwer zugänglichen Stelle ober Gangpu wohnen am
rechten Ufer auch einige Familien am Flusse (Lopulo, Mahalo). Nicht
weit über der Reihe der Lissu-Dörfer beginnen die dunklen Bergwälder,
welche die zwischen den zahlreichen Seitentälern vorspringenden,
fast überall schmalen Kämme bedecken, und nur selten sieht man darüber
einen höheren Gipfel aus dunklem Urgestein im Hauptkamme oder einem