
pulchettus; im Moore selbst, in den braungründigen Tümpeln sich spiegelnd,
stehen wie Säulen die hohen, deckblätterbehüllten Stauden des eben
blühenden Rheum Älexandrae und am Grunde der stets seichten Tümpel
selbst fand ich einen Wasserfarn, einen Büschel grasähnlicher, aber weicher,
drehrunder, hellgrüner Blätter, in deren Achseln die Sporangien eine zwiebelartige
Auftreibung des ganzen Grundteiles der Pflanzen hervorrufen, die
neue Isoetes hypsophila. Weiter geht es über noch einen gleichhohen Paß
und dann 1600 m tief hinunter in das nächste Paralleltal, durch dieses
hinaus und noch ein Stück an der Lehne des Flußtales weiter nach
Fongkou, wo ich mich zunächst einen halben Tag erwärmte und dadurch
von meiner Erkältung erholte.
Hier trug mir ein Mann, den Kok mir besonders wegen - seiner
Kenntnis mehrerer Sprachen empfohlen hatte, seine Dienste an; ich sagte
ihm zu, aber nach dem erregten Einschreiten seiner besseren Hälfte zeigte
er sich nicht mehr. Dürr und nur wenig bebuscht sind die Hänge hier
unten; die grellen Farben der bunten hier aufgeschlossenen, zu Staub
zerbröckelnden Ur- und Eruptivgesteine treten stark hervor, wo die von
den höheren Berghängen und von den seltenen kurzen Regengüssen, die
sich hier herab verirren, kommenden Wässer in zahllosen Rissen und
Rinnen die ältere, schon gelbe Verwitterungskrume weggespült haben.
Hier herunten haben auch die Häuser der Nahsi nur flache Lehmdächer.
Am Morgen des 15. Juli wurde noch der letzte Teil meiner Karawane
auf dem Fährboot übergesetzt, das zwar nicht klein ist, aber in der reißenden
Mitte des durch eine vorspringende dunkle Felsgruppe gerade hier
eingeengten Yangdse arg schwankt. Dann verfolgten wir den Weg jenseits
hinan, der nach Westen einen ansehnlichen Bug des Flusses überblicken
läßt, denn er kann wieder nicht der Sohle eines klammartigen
Seitentales folgen, sondern ersteigt eine vorspringende Kante an seiner
Lehne, führt dann an dieser hin und senkt sich erst in den flacheren
oberen Teil zum Lagerplatz auf einer Heidematte bei Dschadse etwas
hinab. Der allerdürrsten Taltiefe entstiegen, finden wir uns wieder in der
Pistacia ioeinmannifoUa-M.iic<Me und den Vitex- und Ziziphns-Gahüschan
der subtropischen Stufe, an die in 2400 m Höhe die hellgrünen Pmus
Yunnanensis -Wälder anschließen. In rascher Folge durchsteigen wir die
nächsten Vegetationsstufen, den mit Eichen gemischten Wald der dunkleren,
kürzemadeligen P. tabulaeformis und den bambusreichen Mischwald der
temperierten Stufe, der in einer kleinen Schlucht weiter herabzieht; an
ihren Kalkfelsen steht wieder eine blaue Gesnerazee, Didissaridra grandis,
mit von der Unterseite her weißfilzig berandeten Blättern, und einzig dort
sammelte ich zwei tiefe, weiche Polster bildende neue Moose, Hymenostylium
diversirete mit genau dreizeilig gestellten, etwas krausen Blättern und die
goldgrüne Gollania robusta. In 3700 m Höhe liegt der Paß; trüb war
der Blick von einer üppigen Wiese jenseits über das Becken von Yungning,
denn Wolken schnitten die Berge ab und hielten die grüne Landschaft im
Dunklen. Ich schickte einen Polizisten mit meiner Karte voraus, um mich
wohlweislich zuerst beim Lama, meinem Freunde vom Vorjahre, anzumelden,
und dann erst beim kleinen chinesischen Beamten, denn jener mußte mir
weiter verhelfen, dieser konnte mir nur hinderlich sein. Immer schlechter und
nässer wurde der Weg beim Abstieg, nur von den Tragtieren als Tritte ausgesuchte
Gruben zwischen den aus roter Erde auftauchenden, oft messerscharfen,
oft ungleichmäßig ausgehöhlten und durchlöcherten, morschen
Zähnen gleichenden Kanten der von Wald überwachsenen Karrenfelder. Ein
Tibeter in bunterTracht, der mit einigen Traglasten aus Dadjienlou („Tatsienlu“)
kam und eben seinen Tee kochte, lud mich zum Niedersetzen auf seinen
schönen, am Wege aüsgebreiteten Teppich. Völlig grundlos war der Weg
durch die Ebene von Y u ngning hinüber zur Lamase, wo mich am
16. Juli der Abt wieder freundlich empfing.
Noch im vorigen Jahre waren, erzählte er, die Beamten von Yungbei
und Lidjiang mit vielen Soldaten hierhergekommen und wollten ihm sein
Kloster wegnehmen. Er hatte aber viele Leute auch, aus Muli hier und
zeigte keine Furcht, da verrieten jene ihre Haupteigenschaft und zogen
unverrichteter Dinge wieder ab. Den Beamten hier, der eine Stunde weiter
im Dorfe Daschi haust, sah ich erst, als der Abt an einem tibetischen
Feiertage uns beide zunr Gastmahl lud, zu dem —. o Graus! — ein
Grammophon aufspielte, das er sich inzwischen zugelegt hatte. Am nächsten
Tage erwiderte ich mit meinem Diener den Besuch, der Lama begleitete
uns. Ein nettes und sauberes, weil neues Zimmer' nahm uns auf, der
Beamte saß- hinter seinem Schreibtisch, ich auf dem Ehrenplatz zu seiner
Linken, Li neben mir und der Lama in einer Ecke. Ich erklärte, daß ich
nach Muli und dann nach Dschungdien wolle, und bat um einen Soldaten mit
einem Empfehlungsbrief als Begleitung. Im Gespräche erkundigte ich mich auch
über das weiter innen gelegene Konkaling und Djiatschrin, und diese.
Bemerkungen besonders mißfielen dem Manne, so daß er sich nach allen
Richtungen drehte, um mir von einer Reise nach Norden abzuraten. Muli
sei in Setschwan, man spreche dort nicht chinesisch und die Lamas seien
nicht fremdenfreundlich. „Der Abt dort ist mein guter Freund“, sagte der
Oberlama. „Ich kenne die Berichte der Europäer, A mundsen, D a vies,
die dort waren, sie sprechen alle gut über Muli“, bemerkteich. „Ja, immer
wieder gehen Europäer dorthin“, stellte sich der Lama auf meine Seite.
Ich schimpfte über den Regen. „In Djiatschrin regnet es immer“, sagte
der Beamte, „und vor einem Monat haben Konkaling-Räuber die ganzen
Tempel in Muli ausgeraubt“. „Ist gar nicht wahr“, brummte der Lama.