
Stengel entlang angereihten Büschel violetter Blüten von den dortigen
Europäern meist für einen Flieder gehaltene Seidelhast Daphne Genkwa
und Spiraea pntnifolia, ebenfalls ein kleines Sträuchlein mit ebenso angeordneten
kleinen weißen Blüten. Auf die später blühenden Steppenkräuter
hier einzugehen, würde zu weit führen. Die Gräser, gleichmäßig verteilt
und meist dicht gestellt, aber nie geschlossenen verworrenen Rasen bildend,
blühen erst im Spätsommer und erreichen ungefähr 70 cm Höhe. An offeneren
Stellen treten Flechten (Diploschistes scruposus, Cladonia bacillaris) und
Moose (Rhacomitrium canescens, Thijsanomitrium Blumii) zu lockeren
Raschen zusammen.
Mittels Motorbooten, deren sich mehrere im Besitze unserer Landsleute
befinden, besuchte man ferner gelegene Punkte, wie den schon erwähnten
Dschao-schan. Der Europäer ist in der Umgebung vollständig sicher. Die
Hunanesen, die noch im Jahre 1895 bei Yodschou einen Damm gebaut
haben, damit nie ein „Yanggweidse“ („fremder Teufel“) ihre Provinz
betrete, sind heute die fremdenfreundlichsten von allen Chinesen, und es
geschah mir öfter, wenn ich mich auf meinen Ritten einen Augenblick bei
einem Bauernhöfe aufhielt, daß man mir gleich Tee oder zum Rauchen
die Blechpfeife anbot. Chinesen werden allerdings hier und da überfallen
und, als Freund S chnabel und ich einmal auf den Yolu-schan gingen,
fanden wir an der durch ein Dach geschützten, mehrere Jahrtausende
alten Inschrift, welche die Nachahmung eines noch älteren Steines auf
dem Höng-schan ist, einen eben Erdrosselten liegen. Die Täter waren bei
unserer Annäherung davongelaufen, und später sahen wir von ferne durch
die Dämmerung eine ganze Bande den Toten davontragen. Ein Engländer
soll einmal im Yolu-schan-Walde einen Kopf gefunden haben. Es lebten
in Tschangscha über 20 Deutsche, größtenteils Kaufleute, Bergleute und
Missionäre. Sie spielten unter den Ausländern in. Hunan dje größte Rolle.
Nebst den schon erwähnten Herren war mir besonders der Superintendent
der Mission, Herr H. W i t t , behilflich, der mir nicht nur die chinesischen
Namen für meine Etiketten richtigstellte, sondern auch seine sehr sorgfältigen
Wegaufnahmen zu gemeinsamer Veröffentlichung mit meiner kartographischen
Arbeit zur Verfügung stellte. Herr A. -Br a m m e r sammelte mir
im Laufe des folgenden Sommers einige Pflanzen auf dem Yolu-schan.
NACH HSIKWANGSCHAN
Unbemerkte Abreise. — Soldatenfurcht. — Ein Irrsinniger. — Daloping und Loudi. —
Das größte-Antimonbergwerk. — Pflanzenwuchs der Umgebung. — Teebereitung. — Die
Höhle von Tjilidjiang.
Ende April war in Peking wieder einmal die Internierung der feindlichen
Ausländer in China beschlossen worden, und diesmal sah die Sache
ernst aus. Der Bau von Baracken auf der Insel Tientaischan sollte ja
nach Privatnachrichten aus Schanghai schon vor Monaten vergeben worden
sein, und Ansuchen um Pässe nach Sommerfrischen wurden in Peking
auch in dringendsten Fällen schwergefährdeter Gesundheit glatt abgeschlagen.
Da hieß es denn für mich, schnell ins Gebiet der Südtruppen
verschwinden, wenn die Zeit für meine Arbeit nicht verloren sein sollte.
Als jene Tschangscha besetzt hatten, erklärte man alsbald den deutschen
Missionären auf ihre Anfrage, ob sie jetzt reisen könnten, Erlässe von
Peking gelten jetzt nicht mehr, und später unter der Hand, Pässe
könnten nicht verschafft werden, aber sie sollten reisen und keinen Lärm
damit machen und sich möglichst nicht von Alliierten sehen lassen. Dies
bezogen wir natürlich nicht nur auf die Missionäre, und Reisen von Geschäftsleuten
nach Hsikwangschan waren auch nie gehindert worden. Ein
Überwachungsdienst bestand seit dem Abzüge F uliangtso’S überhaupt
nicht mehr, sogar die Briefzensur war vom Postkommissär selbst im
günstigen Augenblicke aufgehoben worden, die Polizei, die uns persönlich
einigermaßen kannte, war nach dem Einzuge der nördlichen Behörden
noch nicht wieder eingesetzt, und gerade Ende April hatten diese an
alles andere eher zu denken als daß es einem von uns einfallen
könnte, ihre ungehobelten Vorschriften zu überschreiten, da ihre Truppen
bei Liling völlig geschlagen worden und die Südlichen bis 50 km von
Tschangscha vorgedrungen waren. Da jene Mitteilung der südlichen
Regierung auch nicht widerrufen worden war, hatte ich, obwohl sie sich
auch gewiß nicht auf monatelange Reisen bezog, die Möglichkeit, mich
nachher nötigenfalls diplomatisch herauszuziehen, und wenn dies nicht
gelang, so war doch, bis man mich fand, ein nicht unbedeutender Erfolg
vollendete Tatsache, für den ich mir nachträglich schon etwas gefallen
lassen konnte.
Ich wollte diesmal nicht viel herumreisen, sondern einige günstige
Standorte nehmen, um reichlich sammeln und gut präparieren zu können,
denn ich mußte mit dem Verkauf überzähliger Pflanzen rechnen zur
Deckung des zu erwartenden Abganges und in derselben Rücksicht die
Reisekosten möglichst herabsetzen. So wollte ich mich zu Landsleuten in
Verpflegung begeben, um einen Koch zu ersparen. Für einige Reisetage
konnte ich Mundvorräte mitnehmen und das Allernötigste hatte mein Kuli
in der Küche auch schon abgeguckt. Die Gepäckbeförderung ist viel teurer
als in Yünnan, ein Träger kostet hier viel mehr, als dort ein Tragtier,
doch konnte ich mich zur Hinreise auf fünf Träger beschränken. Wenige
Tage vor der Abreise traf mich noch die schöne Nachricht, daß die
Akademie der Wissenschaften mir einen neuen Beitrag bewilligte, welcher,
diesmal zu etwas besserem Kurse, bei der holländischen Gesandtschaft