
S. DAS DJIENTSCHANG UND SUINE BERGE
alles ist mit langen Zotten und Strähnen von Moosen, besonders Flori-
bundaria Setschwanica behängen, die, von der nur in spärlichen Strahlen
eindringenden Sonne durchleuchtet, goldgrün glitzern. Die gleiche Farbe
haben die ausgedehnten, jetzt von der Feuchtigkeit des noch in Flecken
vorhandenen Schnees geschwellten Polster eines anderen Mooses, Actinotlmi-
dium Hookeri, die, einem Torfmoose ähnlich, große Strecken des Bodens
bedecken. Dann verfolgten wir den Weg weiter jenseits des Sattels hinab.
Hier stehen am Hange ansehnliche Alpenrosenbäume mit dicken, 8 m
hohen Stämmen uud kugeligen Kronen, 30 cm langen herabgebogenen lederartigen
Blättern. Von ferne möchte man sie für blühend halten, denn es
erheben sich schneeweiße Ballen darüber, aber diese sind nur die filzigen
Knospen der diesjährigen Sprossen. Der Baum ist Rhododendron Rex, eine
in Südwest-Setschwan verbreitete, aber nicht häufige Art.
Die Nacht verbrachten wir in dem 2875 m hoch gelegenen Lolo-Dorfe
D jifan g k o u in einem niedrigen strohgedeckten Hause, in dem einzigen
Raume zusammen mit den Besitzern und verschiedenen beflügelten und
vierbeinigen Insassen. Hier, wo wir durchaus freundlich aufgenommen waren,
hatte ich auch mit dem Photographieren den gestern verfehlten Erfolg. Am
26. stiegen wir nun denselben Weg bis auf den Kamm hinan und dann auf
diesem zum Gipfel, einer steilen, felsigen Kuppe, die nach meiner Messung 3675 m
erreicht. Es waren noch gar keine Blüten offen, so konnte ich mich ganz der
Kryptogamenflora des Berges widmen, die auch bei einem zweiten Besuche
seine interessanteste Seite geblieben ist. Eine Anzahl Moose fand ich hier
das erste und einzige Mal, zum Beispiel das großfrüchtige, goldglänzende,
Pölsterchen bildende neue Licranum papillidens, das mit einigen anderen
die unter dem Einflüsse des über die Grate streichenden Windes ganz
niedrig und fast blattlos gebliebenen dicht verzweigten Bambusstämmchen
zu dunklen walzenartigen Besen verfitzt. Buntfarbige Flechten überziehen
den schwarzgrünen Diabas, gelbgrünes Rhizocarpon geographicum, rot-
orange Lecanora lacustris var. ochraceo-ferruginea, und sonst fast alle neu:
dunkel blaugraue Lecanora disculifera, weiße Pertusaria Setschwanica, die
neuen Gattungen Huilia alpina (gelbrot) und Buelliastrum crassum (schwarzbraun)
und ändere, und die großen roten Beeren des Spalierstrauches Coto-
neaster microphylla leuchten zwischen seinen winzigen runden immergrünen
Blättern. Die Aussicht war dunstig und trug mangels guter Karten, vorheriger
eigener Orientierung über das übersehbare Land und durch das Mißlingen der
Lichtbilder nicht zur Vergrößerung, meiner Landeskenntnis bei, wie sie es
sicher tut, wenn man sie entsprechend verwerten kann. Denn besonders
im Nordwesten jenseits des Yalung. in einem großen weißen Fleck auf den
Karten, sieht man ansehnliche Berge, deren einer noch weiß von Schnee
war; um ihre Lage festzustellen, muß man sie auch von anderswo peilen