
der ich für die Tage reiner Gastfreundschaft sehr verbunden, bin. Nachmittags
wurde mein Gepäck von Beamten des „Überwachungsamtes für
feindliche Staatsangehörige“ untersucht. Den Revolver, den ich hätte
abgeben müssen, behielt ich; ich hatte ihn unter meinem Tropenhut auf
einem Tisch liegen und sagte zu dem anwesenden Konsulatsbeamten,
da sei die Waffe, worauf der englisch sprechende Überwachungsbeamte
wohl neugierige Blicke dorthin warf, aber sich doch nicht getraute, zu
fragen oder nachzusehen; später kam ich darauf, daß er auch ganz gut
Deutsch verstand. Für den halben Tag Aufenthalt und ein nichteingenommenes
Mittagessen machte mir das Hotel eine Rechnung von 6 $,
darunter 1 $ fürs Einziehen und ,1 $ fürs Ausziehen, von der ich nur
die Hälfte abhandeln konnte.
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TSCHANGSCHA
Kämpfe lind Plünderung. — Aussaugung der Provinz. — Der Yolu-schan, sein Hartlaubwald
und seine Schluchten. — Berge und Lateritland der Umgebung. — Aufforstung. —
Frühjalrrsblüteri der Buschsteppe. — Fremdenfreundlichieit.
IpÜR meinen weiteren Aufenthalt, den ich hauptsächlich aus Geldmangel
und auf die beruhigenden Mitteilungen über das Klima
hin in Tschangscha zu nehmen beschloß, stellte mir Herr R. J a n s s e n
eine hübsche Wohnung im Konsulatsgebäude, nahe dem Liuyang-
men, an der Ostseite der Stadt zur Verfügung, wofür ich ihm besten
Dank weiß. In Tschangscha konnte man leidlich gut Etiketten drucken,
daher war ich- für den Winter mit meiner Ausbeute vollauf beschäftigt. Den
ganzen September hielt die Hitze noch an, der Winter war dann schön und
recht trocken, Schnee gab es nur wenige Tage lang, ähnlich wie in Yühnanfu.
Aufregung gab es genug in Tschangscha. Der ganze Süden hatte Krieg
an den Norden erklärt und Hunan war der Schauplatz der Kämpfe. Fortwährend
kamen Nordtruppen durch Tschangscha, aber plötzlich kam der
Rückschlag. In schweren Kämpfen waren die Nördlichen bei Höngschan
und zuletzt bei Hsiangtan geschlagen worden. F uliangdso entfloh nachts
aus Tschangscha und nahm 54-0.000 $, mit denen er seine Soldaten hätte
zahlen sollen, mit, und diese strömten nun in völliger Auflösung zurück
in überfüllten Eisenbahnzügen und Dampfbooten, längs der Bahn und
auf allen Wegen und Straßen, an denen sie ihre Ausrüstung hegen ließen.
Zur Aufnahme der Neutralen und Alliierten hielten die Engländer ein
Schiff zurück, denn die Soldaten hatten gedroht, Tschangscha zu plündern,
wenn sie nicht bezahlt würden. Die Südlichen drängten nach und machten
noch am Südende der Stadt 1000 Gefangene; die Zahl von 10.000, die
ihnen im ganzen Vorrücken in die Hände fielen, soll nicht übertrieben
sein. Vom 20. November an zogen die Südsoldaten ein, großenteils ebenfalls
einzeln, wie sie gerade daherkamen. Ihre Beute hatten sie umgehängt,
man sah Kerle mit einem Dutzend Seitengewehren im Gürtel, einer lief
durch die Straßen ohne Kopfbedeckung und Gewehr,. aber mit einem
Seitengewehr in der einen und der Scheide in der anderen Hand, ein anderer
hatte eine Wanduhr um den Hals gehängt; Pferde waren zu kaufen für
16 Papierdollars. Einige Tage lang verknallten sie mitten in der Stadt
ihre Munition, die sie später sehr nötig gehabt hätten, auf Freudenschüsse;
es schien nicht recht geheuer, auf die Straße zu gehen, kam aber zu
keinen Ruhestörungen oder Beschädigungen bürgerlichen Eigentums. Die
Polizisten, die für die Nordregierung Dienst getan hatten, wollten im
letzten Augenblick sich südlicher Gesinnung zeigen, indem sie entwaffnete
und sich ergebende Nordsoldaten niederschossen; einer verbrauchte seine