
faulenden Laubes erzeugte, der die Mücken abhalten soll. An der Rückseite
des Hofes ist der Empfangsraum mit dem Hausaltar, ein reinlicher
gehaltener, meist etwas größerer Raum, der Ausländern gerne angeboten
wird, aber meist ist er nur durch zerrissene Papierfenster getrennt von
dem zweiten Hofe, wo sich eine größere Menge Schweinekofen und daran
anschließend ein anderer notwendiger Ort befindet, dessen Beschreibung,
möglichst kurzgefaßt, aber geruchstreu, nicht umgangen werden kann.
Über eine offene, auch der winzigsten spanischen Wand entbehrende,
durch Kalkbewurf undurchlässig gemachte Grube, oft von der Größe eines
mittleren Zimmers, sind einige wenige Bretter oder Balken gelegt, das ist
alles, und dabei bedenke man, daß die Chinesen sich von dem leicht
verdaulichen Reis nähren! Von hier wird das ganze Gebäude mit Duft
versorgt. Die Kinder bemühen sich allerdings nie bis dorthin, sondern im
besten Falle bis vor die Haustür, wo dann die Hunde, durch den Ruf
„aa-au“ der Frau Mama angelockt, die Schlußreinigung besorgen. Ob der
Hund von Natur aus ein Kotfresser ist? In China kann man die zierlichsten
europäischen Schoßhündchen (Dackel) als solche beobachten.
Uralte Abwässer verschiedenster Art, die sich nebst anderen Abfällen im
vorderen Hofe angesammelt haben, dann die triefenden Öllampen geben
noch etwas Abwechslung dazu. Es ist daher schon eine Wohltat, wenn das
alles von den Pferdeställen übertäubt. wird, die meist den übrigen Teil
um den zweiten Hof einnehmen und sich von jenem des seligen A ugias
nur dadurch unterscheiden, daß sie genau dreimal so oft gereinigt werden.
Ohne Streu stehen die Tiere, so dicht gedrängt, daß sich oft gar nicht
alle niederlegen können, in einem grundlosen Morast hinter den. Futterbarren.
Wie sie daher morgens aussehen, läßt sich leicht ausmalen; die
Kühe in manchen Alpenländem pflegen die Hinterbacken mit Mistglocken
behängen zu haben, hier aber ist höchstens der Rücken frei davon. Daß der
Chinese seine Pferde niemals zu putzen versucht, versteht sich, und wenn
man einen nicht von Europäern geschulten Mafu dazu veranlaßt, will er
es mit einem Kerichtbesen tun! Mein Reitpferd stellte ich denn auch
immer anderswo hin und sorgte für Stroh, denn unsereins reitet nicht
gerne auf einem lebenden Misthaufen. So schön so eine Herberge ist, so
angenehm ist auch das Leben darin. Daß dem Chinesen die Begriffe
Schmutz und Gestank fremd sind, ersieht man schon, ebenso fremd ist
ihm der Begriff Lärm. Arbeit gibt es bis spät in die Nacht und schon
vor dem Morgengrauen, die Mafus haben mitunter die ganze Nacht mit
ihren Pferden zu tun. Alles geschieht unter größter Lärmentwicklung und
ohne jede Rücksicht auf den Fremden, der unbedingte Nachtruhe nötig hat,
wenn er bis Mitternacht gearbeitet hat und um 6 Uhr wieder beginnen
muß. Wenn dann um 2 Uhr ein Chinese sich genau neben sein möglichst
außerhalb der Zimmer aufgestelltes Bett stellt und aus Leibeskräften nach
seinem Nachbarn schreit, ist seinem Ruhebedürfnis wesentlicher Abbruch
getan. Achtet er abends nicht darauf, so nistet sich der Hahn, von prächtiger
Cochinchina-Rasse, sicher irgendwo über seinem Kopfe ein und
beginnt noch in stockdunkler Nacht sein abscheuliches Gebtülle, das mit.
dem hellen Schrei unseres Hahnes wenig Ähnlichkeit hat. Auch die
Hunde jialte man sich schon abends möglichst vom Leibe, denn sie
pflegen sich stundenlang mit denen am anderen Dorfende zu verständigen.
Hühner und Schweine laufen in die Zimmer und der Chinese wundert
sich sehr, wenn man sie unsanft hinausbefördert, denn das Schwein hat
sehr oft seinen Schlafplatz an den Herd angeschmiegt, und öfter als einmal
sah ich Chinesen so ein abscheuliches schwarzes Borstenvieh küssen.
Wie die neugierige Bevölkerung sich nicht aus dem Zimmer, in dem wir
uns breitmachen, halten läßt, habe ich schon erzählt. In vielen
Reihen drängen sich die Leute um den Arbeitstisch, sich gegenseitig wegstoßend,
knoblauchstinkend, spuckend, qualmend und rülpsend. Kommt
ein „besserer Herr“ sich vorstellen, so hält er uns stundenlang mit Fragen
und Besichtigen und Betasten unserer „ausländischen Sachen“ von der
Arbeit ab. Angenehm fiel trotzdem auf, daß uns auch in solchem Gedränge
auf dem Lande nie das Geringste gestohlen wurde.
Der Weg führt von Loheitang weiter über den Sattel zwischen den
beiden besagten Dreieckgipfeln. Jenseits geht es an tiefen Dolmen mit Sauglöchern
vorbei, es ist eine der häufigen Karsterscheinungen des Yünnan-
Hochlandes. Da wir den in D avies’ Karte verzeichneten Ort Sanyingpan
als nächstes Ziel angegeben hatten, verließen wir hier den Hauptweg und
umgingen östlich den Bogen des Flüßchens. Wir kamen durch ein Dorf
ganz zu Chinesen gewordener Lolo und zogen gegen Abend in S a n y in g p a n
in den Tempel ein. Hier fragte uns der Ortsvorsteher, ob wir mit unseren
Gewehren einen Eber schießen können; bei einem Häuschen in der Nähe
zerwühle ein solcher schon seit einigen Jahren immer die Felder, so daß
die Bewohner den ganzen Anbau dort aufgegeben haben. Wir sagten gerne
zu, und so ging es nachmittags — mit Anbruch der Dunkelheit sollte der
Eber stets kommen — mit dem üblichen großen Kuliaufgebot zur Eberjagd.
Ein winziges Hüttchen steht in einem steilen Feld am Berghange.
Wir suchten die Gegend nach Pflanzen ab, später stellten wir uns hinter
zwei Holzstößen in Anschlag und warteten. Der Himmel hatte sich umzogen,
es begann zu regnen und wurde immer kälter und kälter. Wir
waren bald durchnäßt und froren tüchtig, vielleicht auch der Eber, denn
er kam nicht, trotzdem wir so lange warteten, bis man nicht mehr hätte
zielen können. Zum Abschied gaben wir den armen Teufeln in der Hütte
einige Centstücke,, die sie aber nicht nehmen wollten, da sie hier nur die alten