
hatte wieder Glück damit, erstens, daß mich meine Spürnase nicht betrogen
hatte, die von dort trotz vorher mangelnder Übersicht einen guten
Ausblick wittern ließ, und zweitens, das dieser wolkenfrei war. Der Kamm
ist etwas gegen den Fluß vorgeschoben und läßt sein Tal weit hinauf
überblicken. Das will freilich nicht sagen, das man den Fluß selbst auch
nur an einem Punkte sehen könnte, sondern dieser verbirgt sich in Schluchten
1800 m tiefer, aber die Felsklötze, die in meiner Höhe und etwas tiefer
ihre wenig geneigten Schichtköpfe dräuend gegen ihn vorstrecken, zu
den Kämmen gehörig, die zwischen sechs steilen Seitentälern quer zu
seiner Richtung verlaufen, schieben sich als Kulissen zu einer die Flußschlucht
westseits begleitenden Reihe zusammen, die neben der Kette des
Hsüetschou-sehan—Halao-schan, parallel und viel tiefer als sie, hinzuziehen
scheint, und jenseits sieht man den steilen, viel weniger gegliederten
Abfall jener ebenfalls 4600 m hohen Kette, die von Yungning nach
Süden zieht und mit einem schönen Doppelgipfel, den man mir hier Alo
nannte, plötzlich abbricht. Hier läßt sich auch erkennen, warum dieser
gerade Weg nach Yungning hoch oben auf dem Gebirge das Flußtal
meiden muß. Ein Nahsi-Dorf, Gwulowo, liegt gegenüber hingestreckt auf
einer zum nächsten Rache geneigten Ebene abseits vom Wege, nur wenige
andere ganz unten in der Nähe des Flusses, darunter soll Lambä ein
bedeutenderes sein; südlich davon sollen Lissu wohnen. Weit im Norden
über der Flußverschneidung sieht man Berge über Berge, einige noch
Schnee tragend, in der Gegend von Muli, meinem Ziele, und gegen
Konkaling. Auch nach Süden bieten sich schöne Bücke auf die nördlichen
Felsketten des Yülung-schan, zwei parallele mächtige Sägen aus je den
Rosengartengipfeln ähnlichen Zähnen, hierherzu ah„ absoluter, aber kaum
an relativer Höhe über dem umgebenden Lande ganz allmählich abnehmend
und oben einen umfangreichen Gletscher zwischen sich einschließend, über
dessen Firnbecken mir heute der einzige einigermaßen umfassende Überblick
gegönnt war; auch der Gipfel Satseto zeigte von dieser Seite seine
senkrecht aufgerichteten, nord-südlich streichenden Schichten. Im Nahsi-Dorfe
T sa so p ie , etwas unter dem.Wege genau als Spiegelbild von Gwulowo im
nächstfolgenden Tale .gelegen, brachte mir die Nacht in einem offenen
Raume bei Wind und Gewitter und durch das unausgesetzte Gebelle des
Hofhundes geraubtem Schlafe eine leichte Erkältung, die mich in den
nächsten Tagen etwas belästigte, obwohl es nur mehr zeitweise regnete.
An feuchten Stellen des Waldes mit Dschungelunterwuchs waren Hortensien
(Hydrangea xanthoneura) und Meliosma cuneifolia, ebenfalls ein großer
Strauch, dessen winzige gelbliche Blüten es durch Zusammentreten in
umfangreichen Rispen erreichen, augenfällig zu werden, in schönster Blüte,
sonst geht es meist durch die trockeneren Wälder der hochansteigenden
Pinus- tabulaeformis in das größte der zu querenden Seitentäler des
Djinscha-djiang hinab; seine Quelläste kommen links vom ungefähr
4800 m hohen Hsüetschou-schan, dessen kable Kalkkämme stückweise
hinter dunklen Tannenwäldern herabsehen. Ich versuchte, die Teilstrecken
des Weges mit dem Entfernungsmesser R oxanditscii zu messen, gab es
aber sehr bald auf, denn es zeigte sich, daß dieses Instrument nur brauchbar
wäre, wenn es eine Horizontaleinstellung hätte; so aber bringt man,
ob man es nach rechts oder nach links etwas neigt, die Punkte an ganz
verschiedenen Stellen zur Deckung und erhält danach ganz verschiedene
Ergebnisse.
Aus dem Talsysteme steigt der Weg zum 3775 m hohen Passe
Hwayanggo wieder um 500 m an. Jenseits wenig tiefer, auf einer
moorigen Blumenwiese zwischen Lärchenwald, überragt von steilen Kalkkämmen,
war der Lagerplatz Mahaidse. An dem Moortümpel in der
Wiese beschäftigte ich mich noch abends mit dem Fischen von Plankton.
Man kann das Netz nicht zu aller der übrigen Ausrüstung, die man immer
zur Hand haben muß, täglich bei sich führen, wird dies aber nicht versäumen,
wenn man vorher weiß, daß man an Seen oder Tümpeln vorbeikommt,
und, wenn man an solchen lagert, es aus dem Gepäck nehmen.
So .stellte ich mich auf eine vorspringende Ecke des Ufers, L ao-l i auf
eine andere, ungefähr um die Länge der Leine entfernte, ließ ihn das
Netz auswerfen und zog es dann rasch an mich. Jeden Fang wieder mit
dem nächsten durchsiebend, hatte ich nach wenigen Zügen eine Glastube
dicht gefüllt mit in Zickzack durcheinanderschießendem Getiere und sicher
auch reichlichem Pflanzenplankton, das sich nicht so ohne weiteres sehen läßt.
Im Zelt ist es in dem gut schließenden Hauptteil unter dem doppelten
Dache recht warm; Li, D schaffa und noch einer, breiten unter dem
Vordach, für das wir auch eine Bodendecke und Seitenwände hatten machen
lassen, 'ihre Decken aus, der andere Sammler und die beiden Polizisten,
die mir der Beamte von Lidjiang mitgegeben Hat, machen sich es auf
einer Zweigstreu an den Seiten unter dem Überdach bequem, soweit das
dort untergebrachte heiklere Gepäck, mein Sattel und anderes, noch Platz
lassen, die Karawanenleute aber sind gewohnt, Decken über die aneinandergerückten
Traglasten zu breiten und sich darunter zu verkriechen. Am
Morgen lag Reif und die Bergkämme waren etwas beschneit; sie gaben
einen prächtigen Hintergrund zu den von zahlreichen Moortümpeln unterbrochenen
Wiesen ein kleines Stückchen weiter am Wege. Blüte an Blüte
läßt die Wiesen mehr buntfarbig als grün erscheinen. In besonderen
Massen drängen sich die weiße Morina alba mit ihrem Betonica-ähnWeliow
Blütenstand und den schmalen, borstig gewimperten Blättern und Primula
Siklämensis mit ihren schwefelgelben Glockenblüten, dann gelber Ranunculus