
hier kommen mußte, aber daß er so gewaltig sein kann, hatte ich nicht
geahnt, und gespannt näherte ich mich dem Orte. Oben ist das Flußbett
kaum eingeschnitten, beim genannten Dorfe aber stürzt sich das Wasser
schätzungsweise gegen 50 m tief in eine Klamm, die im S-Bogen hinabführt,
von ferne dem Anblicke ganz entzogen. Man möchte meinen, einen
Teil des Niagarafalles vor sich zu haben, so gewaltig ist der Anblick jetzt,
und die nach einem kleinen, wenige Meter hohen, hufeisenförmigen Absatz
ungehemmt in den- brodelnden Kessel stürzende breite Fläche, über die
hinaus noch in der Luft zersprühende Wasserkeile hinabschießen, diesem
durchaus vergleichbar. In der Trockenzeit freilich soll dieser Wasserfall,
„H s in iu ta n “, der heute den Dischui-tan drüben an Wassermasse sicher
übertriflt, nur aus einigen getrennten Adern bestehen. Das Dorf Hwang-
goso, gleich ober dem Wasserfalle, liegt an der Vereinigung meines von
Südwest kommenden Weges mit dem Hauptwege, dem, über Langtai und
Djüdjing, auch der Telegraph von Guiyang nach Yünnanfu folgt.
AUF DER HAUPTSTRASZE VON HWANGGOSO ÜBER
GUIYANG-SEN BIS GUI DING
Nganschun. — Baschwiese. — Tee. — Die Wasserscheide. — Guiyang. — Eine unruhige
Herberge. — Besuch beim Tutschün. — Tschwenning-schan, Dung-schan und Nanyo-
schan. — Ein Bergkranz. — Wiesenmoore. — Rasthäuser.
Durchaus viel besser erhalten, als die Hauptwege in Yünnan es zu
sein pflegen, führt die Straße über flach gelagerte Rücken, Kohle führender
Mergel über dem Kalk und darüber Quarzit, dem anscheinend auch die
nur wenig sanfteren Kegelformen angehören, nach Nordosten nach Dschen-
ning und, größtenteils in einer Furche zwischen zu Reihen geordneten
Kalkkegeln in einem weiteren kleinen Tagemarsch nach der großen Stadt
Nganschun. Auch die Herbergen sind meist besser als in Yünnan; einmal
erschrak der Mafu höchlichst, als ich eine ganz saubere fand. „Da
sind schon lange keine Pferde gestanden,“ sagte er „da weiß man nicht,
ob nicht böse Geister herinnen sind, die muß ich erst vertreiben, bevor
ich meine hereinlasse,“ zündete ein Strohbündel an und wedelte damit
um und unter die Futterbarren. Ein anderes Mal war ich der Beunruhigte,
als mir der Ortsbeamte einen Wächter beistellte, der, kaum daß ich ein-
schlafen wollte, vor meiner offenen Tür zum Fernhalten von Dieben durch
Klopfen auf ein dickes Bambusrohr einen markerschütternden Lärm zu
machen begann. Chinesennerven vertragen dies wie das beliebte Schlafen
bei elektrischem Licht und oft mit offenen Augen anstandslos, aber unsereiner
wird den guten Willen mit einer unverhüllbaren Entrüstung abweisen.
Am Wege liegen viele Steinhäuser verlassener Dörfchen in Ruinen, die