
genervten, dunkelgrünen Blättern und lockeren Rispen fleischiger, rosafarbener,
kugelförmiger, wohlriechender Blüten. An einer schmalen Ecke
um einen Baum herum verliert das beste Pferd mit den schwersten Kisten
das Gleichgewicht, stürzt über die Felsen hinunter und liegt ohne äußere
Verletzung tot im Graben, was einem Verluste von ungefähr 80 K Vorkriegs-
kurses gleichkommt. Die Kisten blieben unversehrt in den Bäumen über der
Felswand hängen und wurden rasch geborgen. Was machen? Umkehren hieße
dieselben Schwierigkeiten noch einmal durchmachen und das Ziel aufgeben,
vorwärts war es vielleicht besser zu erwarten. So packten die
beiden Mafus die Kisten auf ihre Rücken, der eine, ein stämmiger, breiter
Kerl, mit Leichtigkeit, der andere unter Seufzen und Brummen, und wir
zogen weiter. Bald darauf stürzte wieder ein Pferd in einer felsigen Rinne
hei 10 m über Wasserfällchen nahezu senkrecht hinunter, stand auf und
begann zu grasen, denn es hatte sich nicht einmal im geringsten geschunden,
nur der Tragsattel war zerbrochen, die Sachen oben hängengeblieben.
Der letzte Unfall war dann das Hinabkugeln des Pferdes mit
meinen Bleehkoffem über den Hang in ein Reisfeld in weichen Schlamm,
der nach den vielen Verbeulungen, die sie schon erlitten hatten, eindrang
und schöne Trockenarbeit an ihrem Inhalte verursachte. Im Dorfe
Siwangho nahm ich dann zwei Träger für die Kisten, deren Tragtier verunglückt
war, und einen für P en, der sich beim nassen Freilager
Rheumatismus zugezogen hatte, und verfolgte das wenig ansteigende Tal
weiter. Hier wird es romantisch, eng und felsig, wild braust der Bach
zwischen schönen Kalkwänden, an denen sich, von vertuffenden Moos-
polstem ([Hymenostylitim curvirostre) ausgehend, merkwürdige Tropfstein-
bildungen angesetzt haben, wie unregelmäßige Holzpilze vorstehende
Dächer, oft mit herabhängenden Zapfen besetzt. In nur 1450 m Höhe
wächst hier das größte Edelweiß, Leontopodium artemisiifolium, meterhoch,
mit aufgelöstem Stern von oft 12 cm Durchmesser, in subtropischen Hochgrasfluren.
Das Tal gabelt sich unter Dsaluping. An der Felswand dort
wachsen wieder zwei hübsche Gesnerazeen, das saftige Bhynchoglossum
obliquum und die weiße, neue Boea paniculata. Bald verläßt der Weg
den steileren östlichen Hauptast und steigt links hinan nach Niutschang,
einem winzigen Nestchen, das uns Nachtlager bot. Von dort geht es steil
am Bächlein durch artenreiches Gebüsch unter Lithocarpus-Wald bis
3640 m hinan; oben blühen an Sandsteinhalden Massen des rasenhildenden
Leontopodium subulatum, des ebenfalls rasigen tiefblauen GyananthusDelavayi,
des von dickem Wurzelstock strahlenartig ausgehenden Astragalus Prattii,
nach allen Seiten niederliegend auch die merkwürdige Pedicularis Oym-
balaria, auf den ersten Blick golden blühend, aber bei genauerem Zusehen
mit hell rosafarbener, purpurn gefleckter Unterlippe und hellbraunem,
purpurbraun geadertem Helm, dann zarte, in den Blattachseln Häufchen
von Brutknospen bildende Saxifraga strigosa und andere blütenreiche
Pflanzen, wie Sedum Beauverdi, dessen Beblätterung an ein Widertonmoos
erinnert; Leontopodium calocephalum var. uliginosum läßt quellige Stellen
am jenseitigen Abstieg von ferne ganz weiß erscheinen. Wie in den letzten
Tagen, regnete es auch heute am 30. September beim Übergang nach
Y en y ü en fast durchwegs, nur die Tiefe des Beckens war klar.
Meine Ziele hier waren ein etwa 4300 m hoher Kalkberg im Norden,
den man mir im Frühjahr „Hwangliangdse“ genannt hatte, und einer der
vielen hohen Sandsteinberge der Umgebung. Keinen davon sah man jetzt,
im Regen, die Zeichnung der mir ziemlich erinnerlichen Form wurde nicht
verstanden, doch fand sich ein Soldat, der den Hwangliangdse kannte.
Nach einem Rasttag brach ich auf zu der auf drei Tage berechneten
Besteigung, zunächst auf dem Wege, den- wir von Kwapi zurückgekommen
waren, bis zum Yamen des Lolo-Fürsten in Kupesu, dem auch als Regierungsbeamten
(Tussu) die zu besuchende Gegend untersteht. Er beschenkte
mich mit zwei Hühnern und einem Laib vorzüglicher Butter und ich
wurde dafür eine meiner 3'50-Kronen-Uhren los; als ich gerade aufbrechen
wollte, wurde mir und meinen Leuten noch ein scharf gewürztes Mahl
aufgetragen. Mit einem Lolo als weiterem Führer konnte ich daher an
diesem Tage nur mehr bis Schamenkou kommen, wo ein kleines chinesisches
Bauernhaus Unterkunft bot. Meiner Erinnerung nach mußte man
hier irgendwo ins Gebirge abbiegen, aber Fernblicke gab es auf dieser
ganzen Regenreise keine und in dem unvergleichlich unübersichtlichen
Karst des Vorlandes konnte ich keine genaueren Angaben machen.
Wohin man mich weiter führte, entsprach offenbar schon nicht dem Plan,
aber, da man mich versicherte, der Hwangliangdse sei sehr hoch und man
sehe von dort bis in die Gegend von Dötschang, er sich also im Hauptkamme
befinden mußte und ich keinen positiven Gegenplan machen
konnte, gab ich mich zufrieden. Die Steppe der Beckenausfüllung, die
jener tieferer Lagen entspricht, aber durch Blumenarmut (reichlich sind
jetzt nur Swertia-Axten zu sehen) und Überwiegen des rötlichen
Andropogon Delavayi über die anderen beinahe völlig fehlenden Steppengräser
sich doch ein wenig unterscheidet, geht beim ganz sanften Ansteigen
gegen das Gebirge allmählich in einen Heidewiesenbestand über,
der mit seinen bunten Blüten lebhaft an die unter ganz gleichen Verhältnissen
gedeihende illyrische Karstheide erinnert. Nachdem ich gegen
Mittag den Abfall des Gebirges erreicht hatte, verfolgte ich das linke Ufer
des Maliu-tang, in die Seitentäler tief ab- und wieder aufsteigend, über
ein Hsifan- und mehrere Lolo-Dörfer. Von der nächsten Nachtstation
Betiaoho ging es wieder an den Fluß heraus, der hier aus einem tiefen