182 Buch XIIL Kap. 5. §. 23. Buch XIIL Kap. 5. §. 23. 183
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und Sprengeis kategorische Behauptung, als auf vollständig geführte
Beweise. Moretti selbst findet nicht einmal den Versuch
nöthig, den schuldigen Beweis zu führen. Wie sich aber fast jeder,
der den Aggregator practicus berührt, gleichsam wie durch einen
Zauber In Irrthümer verstrickt, so ist es auch mir ergangen. Erst
vor zwei Jahren sprach ich die Vermuthung augi), der Verfasser
sei zwar nicht Dondi, doch scheine er ein Italiäner zu sein, „weil
•sich die in dem Werke unverkennbaren salernitanischen Anklänge
wohl nur in Italien so lange erhalten hätten." Ich nehme die
Vermuthung zurück, und gestehe, dass Choulant den Aggregator
practicus mit weit grösserer Wahrscheinlichkeit, — denn Gewissheit
haben wir noch immer nicht, — für das Werk eines
d e u t s c h e n Verfassers hält. Vielleicht gelingt mir, seine Gründe
durch einige neue sogar noch zu verstärken.
Das älteste Verzeichniss der Schriften unsres Dondi steht in
B e r n a r d i n i Scardeonii, canonici Patavini, de antiquitate urbis
Patavii et claris civibus Patavinis libri tres. Basileae 1560 in foL
pag. 205. Es zeigt sogar Handschriften von Dondi an, die nie
zum Druck gelangten; vom Aggregator practicus sagt es kein
Wort. Und Scardeoni sass doch an der Quelle.
Das einzige Argument, womit Gesner seine aus dunkler Erinnerung
entsprungene Vermuthung unterstützt, dass nämlich beide
Werke, das unbestreitbare des Dondi und das zweifelhafte, denselben
Titel Aggregator führen, halte ich für den schlagendsten
Gegenbeweis. Unmöglich konnte ein sonst verständiger Verfasser
zweien so grundverschiedenen Werken seiner eigenen Feder so zum
Verwechseln ähnliche Titel geben Hätte er es dennoch gethan,
wäre er dennoch der Verfasser beider Werke, sicher hätte er nicht
verfehlt in des letztern Vorrede eine solche Sonderbarkeit zu motiviren,
und sich überhaupt in dem Einen auf das andre zu beziehen,
da beide denselben Gegenstand, die Heilmittellehre, nur
von zwei ganz verschiedenen Seiten behandeln. Aber gar anonym
1) In der botanischen Zeitung von Mahl und Schlechtendal 1855 Stück 20,
Seite 355.
ZU schreiben, lag gewiss am wenigsten in der Art des sich selbst
bewussten hochberühmten Mannes.
Dass wir den Verfasser in D e u t s c h l a n d zu suchen haben,
dafür spricht zuvörderst die Erscheinung des Werks in Mamz,
mindestens sieben Jahr früher als in Italien; dafmv sprechen die
deutschen Namen der Pflanzen, welche in allen m Deutschland
erschienenen Ausgaben neben den lateinischen stehen, wogegen
die in Italien erschienenen Ausgaben nur die lateinischen haben;
dafür spricht endlich noch eine von Trew genau beschriebene
n i e d e r l ä n d i s c h e Ausgabe, die sich selbst für eine Uebersetzung
aus dem Lateinischen erklärt, und mit der datirten mainzer Auso
abe des lateinischen Textes, welche man für die erste zu halten
pflegt, dieselbe Jahrszahl 1484 trägt. Entweder muss folglich die
früher erwähnte undatirte lateinische Ausgabe noch älter sein, und
der Uebersetzung zum Grunde liegen; oder es müssen mindestens
zwei Handschriften des lateinischen Textes in Deutschland und
den Niederlanden existirt haben, lange bevor man in Italien
das Werk kannte. Erst lange nachdem es 1491 in Italien zum
ersten mal gedruckt war, erschien endlich auch eine italiänische
U e b e r s e t z u n g , Vinegia 1536 in 8., und bald darauf noch zweimal
wiederholt, 1539 und 1540. Ist das alles auch kein vollständiger
Beweis, so nähert es sich ihm wenigstens; und für die Meinung,
das Buch sei, wenn gleich nicht von Dondis, doch italiänischen
Ursprungs, spricht nichts, auch nicht, wie ich mir einbildete,
die salernitanische Färbung. Denn der Einiluss jener Schule reichte
weit über Italien hinaus.
Wo aber in Deutschland der Verfasser sich aufhielt, wie sich
nannte, wann lebte, das alles ist völlig unbekannt. Von selbst
versteht sich, dass das Werk weit älter sein kann als sem erster
datirter Druck von 1484. Sehen wir daher zu, w e 1 c h e S c h r i f t .
s t e l l e r er anführt. Ich citire die 150 Kapitel der ersten Abtheilung
nach der ersten passauer Ausgabe von 1485, die 96 Kapitel
des Anhangs, der in Particula II — VH getheilt ist, aber
fortlaufende Kapitelzählung hat, nach der vicentiner Ausgabe von
1491, der einzigen, die ich vollständig besitze; und ich bezeichne
den Anhang durch II.
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