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180 Buch XIII. Kap. 5.
beide Werke sind so selten, dass manche Literatoren, die darüber
sprachen, nur Eins oder keins von beiden vor Augen hatten. Lange
konnte indess der Irrthum nicht bestehen, dazu sind beide an
Umfang und Inhalt zu verschieden. Allein ein anderer Irrthum
hatte sich eingeschlichen, und schlug, als auch er weichen musste,
in einen dritten um, der sich dem ersten w^ieder näherte.
Gleich vorn in der Vorrede werden zwei ältere Aerzte, Arn
a l d u s de Vi l lanova und A v i c e n n a redend eingeführt. Das
veranlasste den vicentiner Drucker, seiner Ausgabe einen Holzschnitt
voranzustellen, zwei sitzende Männer einander gegenüber
darstellend, mit der Unterschrift links A rnoldi de Nova Villa,
rechts Avicenna. In den folgenden venetianischen Ausgaben
Hess man den Holzschnitt wieder weg, behielt aber die Unterschrift
bei, die nun keinen andern Sinn gab, als dass Arnoldus der Verfasser,
Avicenna des Buches Titel sei. Und so fassten Einige das
Verhältniss wirklich auf, ungeachtet des Widerspruchs, dass derselbe
Arnoldus oder Arnaldus schon in der Vorrede als ein weit
älterer Arzt figurirt. Selbst Hain Hess sich dadurch täuschen, und
beschrieb die Ausgabe des H e r b o l a r i um, Venetiis 1499, in seinem
Repertorium unter nr. 1807 als A r n o l d u s de Villa Nova de
virtutibus herbarum sive Avicenna.
Diesem zweiten so handgreiflichen Irrthum widersprach Konr
a d Gesner in seiner Vorrede zur lateinischen CJebersetzung des
Tragus Argentorati 1552 in 4., verfiel dabei aber in den dritten,
der noch heute nicht ganz überwunden ist. Er sagt, freilich unbestimmt
und vorsichtig genug: „Jacobi de Dondis, quem
vulgo Aggregatorem vocant, librum de viribus simplicium (er meint
den Herbarius) al icubi aut vi di aut c i t a tum legi; et forsan
is est, qui Arnoldo de Villanova attribuitur. Nam Arnoldi
n o n esse certum est, et A g g r e g a t o r quoque inscribitui% sicut
magnum volumen hujus Jacobi" (da meint er den Aggregator Paduanus).
Aber so vorsichtig verfuhren seine Nachfolger nicht:
ohne sich nach bessern Beweisen umzusehen, erhoben sie Gesners
vage Vermuthung zur Thatsache, und von Buch zu Buch geht
die kecke Behauptung, Jacobus de Dondi s sei auch der Ver-
B u c h X H L Kap. 5. §.23. 181
fasser des A g g r e g a t o r practicus. Kur einige der bekannteren
oder neuesten mache ich namhaft. SeguierO stellt das Herbariolum
ohne weiteres unter den Namen des Jacobus de Dondis,
ebenso verfährt S p r e n g e t ) in der Geschichte der Botanik sowohl
wie auch der Medicin mit dem Aggregator practicus, also mit
demselben Werk unter anderm Titel. Kenzi^), der nur eine
itaHänische Uebersetzung unter dem Titel Herbolario volgare kennt,
meint ohne zu sagen warum, die Zeit der Entstehung des Werks
lasse eher vermuthen, dass der Sohn Giovanni , als dass der
Vater G i a c omoDo n d i sein Verfasser sei. Andrerseits scheine
es nur eine Uebersetzung des Promtuarium (das heisst des Aggregator
Paduanus) zu sein, welches der Verfasser selbst (also doch
der Vater) erweitert habe. Aus dieser letzten Aeusserung ergiebt
sich jedem, der beide Werke und ihre gänzHche Verschiedenheit
kennt, dass Renzi höchstens Eins derselben kennen kann, und
was die Zeit der Entstehung unseres Werks betrifft, so ist sie vdlkommen
unbekannt. Am ausführHchsten spricht sich Moretti^)
aus, der den Aggregator practicus seiner Holzschnitte wegen zum
Gegenstande einer weitläuftigen Untersuchung machte. „Anfangs,
sag^t er, schrieb man es dem Arnaldus de V i l l a n o v a zu. Aber
Konrad Gesner, Sprengel und Andre, haben bewiesen, dass es
ein Werk des Paduaners Giacomo Dondi sei." Auf diesen
Satz baut er weiter den vermeinten Beweis, dass die Ehre die
ersten Pflanzenabbildungen zu wissenschaftHchem Zweck geliefert
zu haben, nicht, wie man zu glauben pflege, den Deutschen, sondern
den Italiänern zukomme. Zu dem Zweck musste obiger Fundamentalsatz
vor allem sicher gesteUt werden; und wie geschieht
das? Durch die einfache Berufung auf Gesners vage Vermuthung
1) Seguierii bibliotheca botanica pag. 246.
2) Sprengel, Gesch. der Botanik /, S. 242, Gesch, der Arzneikunde II.
S. 615 der dritten Auflage.
3) Renzi storia della medicina in Italia II, pag, 236,
4) Moretti difesa e illustrazione delle opere botaniche di Pier Andrea Mattioli.
Memoria VI; im Giornale delV Istituto Lombardo di scienze lettere ed arti e Bibliotheca
Indiana. Tom. I l i della nuova serie. Milano 1852.
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