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Und unter diesen komuien wieder nur die fünf gesperrt gedruckten
Namen häufig, die andern selten, manche nur einmal vor. Auffallend
ist, dass Albert der Grosse, sein eigner Lehrer, im ganzen
Werke fehlt. Ob vielleicht nur aus Armuth der Bibliothek seines
Klosters?
J edem der d r e i P f l a n z e n b ü c h e r geht eine längere allgemeine
Einleitung voran, die aber, anstatt den Gegenstand in logischer
Ordnung zu untersuchen, meist nur allerlei wunderliche und
unzusammenhängende Fragen auf wirft und beantwortet, nach Art
der aristotelischen Probleme. Im ganzen werden dann etwas über
hundert Pflanzen aufgezählt, vorzugsweise wie bei Bartholomäus
die der Bibel, ausserdem vornehmlich solche, von denen sich etwas
Wunderbares eivählen liess. Beschreibungen sind meist dürftig
oder ganz ausgelassen, selbst wenn die benutzten Quellen dergleichen
darboten. Viel hat wenigstens die Botanik nicht dabei verloren,
dass das Werk noch innner ungedruckt liegt; und Auszüge
daraus Averden mir meine Leser gewiss gern erlassen^).
§• 10.
V i n c e n t i u s ' B e l l o v a c e n s i s .
lieber das Leben dieses für das ganze Mittelalter höchst bedeutenden
Mannes steht fast nichts fest, Vermuthung reihet sich
an Vermuthung, und kaum lassen sie sich verknüpfen. Eine kritische
Untersuchung seines Lebens und seiner Werke lieferte einer
der neuern Bände der H i s t o i r e l i t t é r a i r e de l a F^ra|nce in
grosser Ausführlichkeit (tom. X V I I I , 1835, pag. 449 — 519) und
offenbar mit Liebe und Sorgfalt gearbeitet. Eines Auszuges ist
dieselbe nicht wohl fähig. Auf sie verweise ich daher diejenigen
meiner Leser , die sich genauer über Vincentius oder vielmehr über
die ihn betrefFenden Zweifel unterrichten wollen, und begnüge mich
1) Doch werde ich die Einleitung zu lib. X I I zum Vergleich mit Konrad's
von Megenberg freier Bearbeitung derselben, in dem von diesem handelnden
Paragraphen später abdrucken lassen.
ausserdem, was ich über ihn als Botaniker zu sagen habe, mit den
nothwendigsten Angaben.
Den Beinamen B e l l o v a c e n s i s führt er von der Stadt
Beauvais im französischen Departement der Oise. Ob er jedoch
daselbst geboren war, oder nur einen Theil seines Lebens als
Dominicaner im dortigen Kloster zubrachte, wissen wir nicht; eben
so wenig, wo und wie er seine Bildung empfing. Höhere geistliche
Würden scheint er nicht bekleidet zu haben, wiewohl ihn
Manche zum Biscliof machen. Er selbst nennt sich nur Lector,
und sogar das ist ungewiss, ob bei ihm wie sonst gewöhnlich unter
diesem Namen ein Lehrer der Theologie an einer Klosterschule,
oder des Königs Vorleser zu verstehen sei. Neben der Abtei
Royaumont, welche Ludwig Vl l t . 1228 gestiftet hatte, besass sein
Nachfolger Ludwig I X. mit dem Beinamen des Heiligen ein Schloss,
wohin er häufig mit seiner Familie sich zurückzog. Nach jener
Abtei ward Vincentius berufen, und gewiss ist, dass er dem Könige
seine eigenen und fremde Werke vorlas, in hoher Gunst bei ihm
stand, und durch ihn die Hülfsmittel zu den grossen literarischen
Arbelten erhielt, die sein ganzes Leben ausfüllten. Da s J ahr 1264
als das seines Todes steht ziemlich fest, wiewohl auch darüber
die Angaben und Vermuthungen variiren.
Von seinen Werken ist hier nur eins zu nennen, sein S p e -
c u l um m a j u s t r i p a r t i t u m, nicht quadripartitum, wie es meist
genannt zu werden pflegt, bestehend aus dem S p e c u l u m n a t u -
r a l e , h i s t o r i a l c und d o c t r i n a l e ; denn das vierte, was sich
in vielen Handschriften und Ausgaben damit verbunden findet, das
S p e c u l um mo r a l e , ist, wie Echard gründlich bewiesen hat, unächt,
und gehört in eine weit spätere Zeit. Jenes grosse Werk,
welches in der ersten und besten Ausgabe von Me n t e l i n (Argentinae
1473—76) sieben starke Bände im grossesten Eohoformat
füllt, und wozu als achter Band auch das Speculum morale gehört,
umfasst schon in seinen drei ächten Abtheilungen das gesammte
Wissen damahger Zeit, und doch enthält es nur einen mässigen
Theil dessen, was Vincentius zum Zweck der Darstellung desselben
theils selbst gesammelt theils durch Gehülfen hatte sammeln
M e y e r , Gesch. d. Botanik. IV, 7