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220 Buch XIV. Kap. 1. §. 29. B u c h XIV. Kap. h §. 29. 221
seiner Genossen eine ausserordentliche Gesandtschaft an den Kaiser
Friedrich III. Dieser, den sie zu Brügge trafen, nahm beide sehr
gnädig auf, und ertheilte ihnen den Kitterschlag. Nach ihrer Rückkehr
wurden dem Ermolao sehr bald neue öffentliche Geschäfte
und Ehrenstellen übertragen, die er nur aus Rücksicht auf seine
Familie übernahm, indem ihm selbst seine Studien über alles gingen.
Zu Anfang des Jahrs 1488 ward er als Gesandter an den Herzog
von Mailand geschickt, ein Posten, den vor ihm sein Vater und Grossvater
bekleidet hatten; und schon im folgenden Jahre ward er
zum ordentlichen Gesandten am päbstlichen Stuhl zu Rom ernannt.
Hier gewann er die Zuneigung des Pabstes Jnnocentius VIII.
bald in solchem Maass, dass ihn derselbe, wenn auch gewiss nicht
ohne hierarchische Nebenabsicht, sobald er den Tod des Patriarchen
von Aquileja im Jahr 1491 erfuhr, zu dessen Nachfolger ernannte.
Dem Herkommen gemäss hatte der hohe Rath der Republik Venedig
dem Pabst einen Candidaten zu jenem hohen Kirchenamt vorzuschlagen,
der Pabst ihn nur, wenn kein Bedenken obwaltete,
zu bestätigen. Zudem existirte ein Gesetz, dass kein Beamter der
Republik ohne Genehmigung des hohen Raths von einer fremden
Macht ein Ehrenamt annehmen dürfe, lieber jene Form setzte
sich Innocentius diesmal hinweg, und auf sein dringendes Zureden
beging Hermolaus die Unvorsichtigkeit, die ihm angebotene Ehrenstelle
ohne Rückfrage anzunehmen. Die unvermeidlichen Folgen
davon waren seine Verbannung und die Einziehung seines Vermögens.
Aber der hohe Rath ging weiter: er erwählte nicht allein
einen andern Patriarchen von Aquileja, der sein Amt natürlich
nicht antreten konnte, weil ihn der Pabst nicht bestätigte, sondern
er drohete sogar, wenn Hermolaus nicht sofort wieder abdanke,
auch seinen Vater aller Aemter zu entsetzen und auch dessen
Vermögen einzuziehen. Hermolaus war dazu bereit, allein der
Pabst nahm seine Abdankung nicht an. Aus Gram über das alles,
wie man sagt, starb sein Vater Zaccaria zu Ende des Jahrs 1492.
Er selbst ertrug sein Missgeschick mit festem Muth, und fand
hinreichenden Trost in seiner Wissenschaft; das geht fast aus
jedem seiner im Exil, das heisst zu Rom, wo er von da an blieb
geschriebenen Briefe hervor. „Zwölf Jahr, schreibt er unterandern,
und davon neun ohne Unterbrechung, habe ich dem Staats^
dienst gewidmet, nicht aus Ehrgeiz, sondern meinem Vater meinen
Freunden und Brüdern zu Gefallen; aber der Wissenschaft ist all
diese Zeit verloren gegangen. Für sie bin ich geboren, ihr habe
ich mich ergeben, ohne sie kann ich nicht leben, wohl aber ohne
die, welche sie hemmen unterbrechen beseitigen. O glückliche
Trübsal, ruft er aus, welche die Wissenschaft mir, mich der Wissenschaft,
ja mich mir selbst wiedergegeben! u. s. w." Wie wahr
das ist, beweisen seine schriftstellerischen Leistungen, deren Umfang
und Werth bei so vielen Störungen, so kurzer Lebensdauer,
an's Unerhörte streift. Denn leider überiebte er seine Verbannung
nur kurze Zeit. Er fiel als Opfer der Pest im Juli 1493 auf einer
Villa unweit Rom im Alter von nur 39 Jahren.
Sein erstes Werk, die lateinische Uebersetzung der Commentare
des Themistios zum Aristoteles begann er schon in seinem
neunzehnten Jahr, und beendigte sie im sechs und zwanzigsten.
Ihr folgte seine n eue U e b e r s e t z u n g des D i o s k o r i d e s nebst
den dazu gehörigen Corollarien, die jedoch erst 1516, herausgegeben
von Jo. Bapt. Egnatius, zu Venedig in fol. erschien Man
tadelt an ihr die auf Kosten der Treue erstrebte Eleganz des Ausdrucks,
so wie einige Versehen, zu denen er sich, wie Theodor
Gaza, durch zu festes Vertrauen auf Plinius verleiten liess. Ich
kenne sie nicht. Sie ward bald durch zwei andre Uebersetzungen,
die des M a r c e l l u s Vergilius und die des J o a n n e s Ruellius,
welche man für gelungener hält, verdrängt. Nicht so die zu . ihr
gehörigen Corollarien. Diese wurden öfter wieder abgedruckt,
unterandern auch als Anhang zur kölner bei Joannes Soter er-
1) Angeli Politiani (et aliorum virorum illustrium) episiolarum libri dtiodecim.
Mit der Schlussschrift: Argentorati 1513, in 4. Die Briefe des Hermolaus,
nach seiner Erhebung znm Patriarchen geschi ieben, stehen in Hb X I I ,
und führen meist die Ueberschrift Herrn. Barb. orator et patriarcha Aquileiensis,
obgleich er als Patriarch nicht eingeführt, Gesandter abgesetzt
Avar,