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8 B u c h X I I . §. 1.
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Zerrbild ihres phantastisch ausgeschmückten Paradieses, mir geeioÖ
net die lediOgl ich für eine höhere We l t erschaifenen Menschen
durch Sinnenlust zu umstricken und in Verdammniss zu stürzen.
Bei ihnen stand daher jeder Arzt Philosoph oder einfache Freund
der Natur im Verdacht der Zauberei. Wie dagegen Aristoteles
die Welt darstellte, so war sie ein wundervoll harmonisches Geflecht
vernünftiger Mittel und Zwecke, und die Erforschung derselben
erschien als des denkenden Menschen würdigste Aufgabe.
Gar seltsam musste der plötzliche Uebergang von jener zu dieser
Ansicht edlere Gemüther aufregen; er hätte sie vielleicht in das
entgegengesetzte Extrem geworfen, wäre ihnen nicht die lange
Gewohnheit geistiger Zucht zu Hülfe gekommen, sie vor Ueberstürzung
zu bewahren Weit entfernt, sich an der Hand des Aristoteles
von der Fessel des strengen Kirchenglaubens los zu machen,
setzte man sich selbst in ihm einen zweiten Zuchtmeister, dem man
sich freiwillig unterwarf. Zeigten sich auch unverkennbare Verschiedenheiten
unter seiner Lehre und der der Kirche, so zweifelte
man doch nicht, dass sie nur auf Missverständnissen beruheten,
welche aufzuklären nun die Aufgabe der Wissenschaft sei.
Wann wo und bei wem zuerst der Funke aristotelischer Naturphilosophie
gezündet, wie sich das anfangs heimliche Feuer allmälig
fortgepflanzt genährt und Luft gemacht, ist schwer nachzuweisen;
in helle Flammen schlug es zuerst aus bei A l b e r t dem
G r o s s e n , dem wir schon deshalb, und noch mehr, weil "er sich
grade um die W i e d e r e r w e c k u n g wissenschaf t l icher Pflanz
e n k u n d e ein besonderes lange verkanntes Verdienst erworben,
die grösste Aufmerksamkeit schuldig sind.
Man könnte einen Schritt weiter zurück gehen, bis auf die
Uebersetzer der naturwissenschaftlichen Werke des Aristoteles
theils aus dem Arabischen theils aus dem Griechischen. Allein
ich besitze dazu weder die Hülfsmittel noch die Gelehrsamkeit,
mit denen Jourdain diese Untersuchung so meisterhaft geführt hat,
dass ich mich begnügen darf auf sein schon genanntes Werk zu
verweisen. Das Wenige, was hier etwa noch ins Besondre von
A H r e d u s de Sarchel , dem Uebersetzer des Pseudo-Aristoteles,
B u c h X n . Kap. 1. §.2. 9
von den Pflanzen zu sagen wäre, besprach ich bereits im ersten
Bande meines Werks Seite 326, und werde desselben später bei
Bartholomäus Anglicus nochmals gedenken.
Aber neben Albert stehen noch drei Männer derselben Zeit
crleich ihm, wenn auch minder lebhaft, ergrifl-en von Aristoteles
Snd auf die Verbreitung seiner Naturansicht vielleicht von noch
o-rösserem Einfluss: der eben genannte Bar tholomäus Anglicus
T h o m a s Cantipratanus und Vincentius Bellovac
e n s e s . Ihnen sei, ausser Albert selbst, unser zwölftes Buch
gewidmet.
Erstes Kapitel.
A l b e r t der Grosse.
2.
S e i n Leben.
Oft genuo- und schon frühzeitig ist es beschrieben, zuerst von
dem spanischen Dominicaner Ludovicus de Valleoleti (aus
Valladolid), gestorben 1436 oder bald darauf m seiner noch
uno-edruckten, in der pariser Bibliothek aufbewahrten, und von
dem bleich näher anzuführenden Echard und Andern vielfaltig benutzten
Schrift: Tabula quorundam Doctorum ordinis Praedicatorum
nicht lange darauf von einem andern, übrigens unbekannten
Dominicaner P e t r u s de P rus s i a , der kurz nach 1483 em ziemlich
weitläuftiges Buch über Alberts Leben schrieb, worin er selbst
sagt^) in jenem Jahre wären neulich Alberts Gebeine wieder
aufgefunden. Nach Echard 3) ist diese Biographie zweimal gedruckt,
zuerst in Deutschland um 1490; doch hat er selbst diese Ausgabe
1) E c h ^ d , in deriTgleich anzuzeigenden Werke I, pag. 789.
2) Petrus de Prussia cap. 21, pag. 186.
3) Echard pag. 866.
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