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254 Bu c h XIV. Kap. 3. §. 37
Drittes Kapitel.
B o t a n i s c h e Gärten, Sammlungen getrockneter
P f l a n z e n und Anwendung des Holzscl ini t t s zu
P f l a n z e n ab b i l dun gen.
§. 37.
B o t a n i s c h - m e d i c i n i s c h e Universitätsgärten, und die
T r e n n u n g der Demons t rat i o von der L e c t i o simplicium.
Ano-elangt an einen der wichtigsten Wendepunkte der Botanik,
an ihr e 'vol l s t ändigeRückkehr zurBeoba chtung, welche
ihrer Lossagung von der beschränkenden Rücksicht auf die Nutzanwendung
der Pflanzen vorausgehen musste, ist es Zeit die drei
in der Ueberschrift des Kapitels genannten vornehmsten Forderungsmittel
dieses Umschwungs jedes für sich näher ms Auge zu
fassen. Ihrem Ursprünge nach reichen unstreitig alle drei in das
höchste Alterthum hinauf. Das ist von den Gärten, bei denen
wir zuerst verweilen wellen, am bekanntesten.
Wer kennt nicht aus der Odyssee die Gärten des Alkmoos
und des Vater Laertes? Dass es an Blumengärten in ganz Griechenland
nicht fehlte, beweist der häufige Gebrauch der Kranze
bei jedem Gastmal, j e d e r festlichen Gelegenheit. Auch die Pharmakopolen
sammelten ihre Heilpflanzen gewiss nicht alle in h eld
und AVald, ein Theil derselben ward ohne Zweifel in Garten gezogen,
die wir, zwar nicht botanische, doch vielleicht medicinische
Gärten nennen dürfen. Was ich Band I, Seite 151 über den
Garten des Theophrastos, Seite 207 über die Pflanz entreib er ei m
Alexandrien, Seite 249 über ein georgisches Gedicht des Nik^mdros,
das sich offenbar auch auf den Gartenbau erstreckte, Seite
über die Pflanzenculturen des Königs Attalos, Seite 299 über die
Gärten der Karthager, Seite 377 über die der Römer, Band iL,
Seite 132 von dem ersten, wie es scheint, wirklich medi c m i s c h -
b o t a n i s c h e n Garten des Castor zu Rom, Seite 205 vom Ale-
B u c h XIV. Kap. 3. §. 37. 255
xikepos des Nestor Larandeus, Seite 229 über die Schriften des
Columella und Gargilius Martialis vom Gartenbau, Band III, Seite
397 über die Villen Karls des Grossen, Seite 424 über den Klostergarten
des Walafridus Strabus; was ich ausserdem bei Gelegenheit
älterer und neuerer Georgiker bis herab auf Petrus de Crescentiis
über Gartenbau an verschiedenen Orten gesagt habe, — an
das alles erinnere ich nur, ohne es zu wiederholen. Auch von
dem Garten des Matthäus Sylvaticus zu Salerno sprach ich schon
Seite 177 dieses Bandes, und weil Matthäus seine Pandekten,
worin er des Gartens gedenkt, wahrscheinUch 1317 beendigte, so
dürfen wir den Garten selbst jedenfalls für noch älter halten, aus
der Colocasia, die er enthielt, jedoch nicht folgern, dass er überhaupt
zur Zucht von Heilpflanzen bestimmt war.
Den ersten Garten neuerer Zeit, den wir mit Sicherheit einen
b o t a n i s c h - m e d i c i n i s c h e n nennen können, legte der venetianische
Arzt Magister Gualterus 1333 an (also weit später als
Matthäus Sylvaticus schrieb), nachdem ihm der grössere Rath der
Repubhk einen wüsten Platz dazu überlassen hatte. Die Urkunden
über die Bewilligung existiren nochi); der Platz ward ihm
eingeräumt „pro faciendo hortum pro herbis necessariis
a r t i s suae."
Andre Privatgärten, besonders italiänischer Fürsten und Edelleute,
von denen viele wegen ihrer seltenen Pflanzen gerühmt werden,
wie die der Herzöge von Florenz und von Ferrara, übergehe
ich, und wende mich zu den botanisch-medicinischen Univers
i t ä t s g ä r t e n , die der Wissenschaft schon darum förderhcher
werden mussten, weil sie unter der Aufsicht wissenschaftlicher Männer
standen, die nun vieles, was sie sonst nur aus Büchern kannten,
zu Gesicht bekamen. Und abermals ging die Republik Venedig,
sonst übel berüchtigt durch ihre macchiavellistische, nur durch
Ì) Zuerst gedruckt in T emanza cUnserlazione topografico-storico - critica
sopra un antica pianta (Pian) della città di Venezia. Venez. 1781; und daraus
wiederholt in Roh. de Visiani delle bene merenze de' Veneti nella botanica {a.\xi
des Titels Küekseite steht: Estr, decjli atti della distribuzione de' premii ecc.
Venez. 18Ó4) in 4., pag. 38 sq,