Buch XV. Kap. Ô. §.
ter Lehrer, mit welchem er, wîe sein langes Schreiben an Mattioli i)
zeigr, in einem innigen Verhältniss gestanden haben muss. Die
spätem Jahre seines Lebens, denen viele Keisen vorausgegangen
zu sein scheinen, brachte er zu Neapel zu, wo ihm vorzüglich der
reiche Garten des Gian Vincenzo Pinelli bei seinen botanischen
Forschungen zu statten kam. Ausser einigen Briefen an
F a l l o p p i o , Aldrovandi, Mattioli und einer kleinen Schrift
ü b e r den Theriak und Mi thridat , welche 1571, vielleicht
erst nach seinem Tode erschien 2), besitzen wir von ihm nur noch
ein einziges gedrucktes Werk von massigem Umfange, aber schwerem
Gewicht:
B a r t h o l o m e i Marantae Venusini medici Methodi cognoscendorum
simplicium libri très. Venetiis 1559 in 4., 296 Seiten.
Denn seine poetischen Dialoge über Virgil, womit er sich in der
letzten Zeit seines Lebens beschäftigt zu haben scheint, blieben
ungedruckt.
Des Werkes unmittelbarer Zweck ist, wie schon der Titel angiebt,
nicht botanisch, sondern medicinisch. Maranta steht noch
ganz auf dem alten Standpunkte, wonach die Botanik nur ein Theil
der Medicin war, und ihr Zweck nur darin bestand, die Heilpflanzen
der Alten richtig wieder zu erkennen. Dioskorides ist ihm
das Vorbild eines vollendeten Botanikers. Niemand, meint er,
kannte mehr Pflanzen, kannte sie genauer, beschrieb sie besser
als er. Doch Hess er auch manche Heilpflanze, die er anführt,
weil sie allgemein bekannt war, unbeschrieben, manche ward erst
in neuerer Zeit entdeckt. Seine Pflanzen, so wie auch die später
empfohlenen, mit Sicherheit zu erkennen, ist die Grundaufgabe der
Medicin. Die Schwierigkeiten sie zu lösen, und die Mittel jene
1) Abgedruckt unter Mattioli'a Epistolae medicinales in der Ausgabe der
Opera Matthioli von Bauhin Liber IV, pag. 159.
2) Nach Tournefort instiiutiones rei herbariae pag. 33 soll Maranta 1554
gestorben sein. Allein einer seiner Briefe an Falloppio, seiner Methodus vorgedruckt,
ist von 1558 datirt, und die Methodus selbst, kein opus posthumum,
erschien erst 1559. Nach der Zeit finde ich jedoch kein sicheres Zeichen
seines Lebens mehr.
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Schwierigkeiten zu überwinden, werden nun methodisch scharfsinnig
untersucht. Dabei verräth sich überall eine gründliche
klassische Bildung, umfassende Pflanzenkunde, und eine schöne
Gabe der Beobachtung. Der Gang der Untersuchung ist dem
Verfasser eigenthümlich und streng logisch. Er geht nicht wie
seine Vorgänger die Pflanzen des Dioskorides der Reihe nach
durch, sondern im ersten Buche untersucht er die aus den verschiedenen
Nomenclaturen erwachsenden Schwierigkeiten, so wie
die, welche daraus entspringen, dass Dioskorides manche den
Neuern bekannte Pflanze noch nicht kannte, und manche jetzt
wieder vergessene schon kannte. Das zweite Buch handelt von
den Ursachen, warum die Beschreibungen oft nicht auf die beschriebenen
Arzneikörper passen, und verweilt vornehmlich bei der
V a r i a b i l i t ä t der Pflanzen nach dem Alter, der Jahrszeit,
den Verschiedenheiten des Bodens, des Klima's, der Cultur u. s. w.
Das dritte und letzte Buch hat es mit den Heilkräften der Pflanzen
zu thun, welche bei der Unzulänglichkeit oder dem gänzlichen
Mangel einer Beschreibung oft das Hauptmittel abgaben, die Pflanzen
der Alten zu errathen. Indem nun jeder Satz durch Beispiele
erläutert wird, kommen etwa 400 Pflanzenarten, die meisten nach
Dioskorides zur Sprache, und viele derselben w^erden anders, viele
richtiger gedeutet wie von frühern Auslegern. Die Hauptsache
dabei ist aber, dass stets mehrere Pflanzen zusammen unter verschiedenen
Gesichtspunkten beleuchtet werden, nicht selten auch
in organologischer Beziehung, vorzüglich im ersten Buch. Denn
unter Nomenclatur versteht Maranta nicht bloss die Namen der
Pflanzen, sondern auch die ihrer verschiedenen Theile, und giebt
dabei einen kur z e n Abriss der Organologie überhaupt.
Auch die Begriffe der Gattung Art und Varietät werden untersucht,
und dabei unterandern sehr bestimmt ausgesprochen, dass die
Farbe der Blumen allein keinen ausreichenden speciflschen Unterschied
darbiete. Und fast bei jeder Behauptung sucht Maranta
durch zahlreiche Beispiele nachzuweisen, dass derselbe Grundsatz,
wiewohl stillschweigend, von Dioscorides befolgt sei, so dass das
ganze Werk gleichsam ein Versuch ist, diejenige Philosophia
M e y e r , Gesch, d, Botanik. IV. 27