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212 B u c h XIV. Kap. 1. §. 29. B u c h XIV. Kap. 1. §. 27. 213
zum öffentlichen Gebrauch hinterliess, war Niccolo Niccoli
(geb. 1363, gest. 1437). Für ihre würdige Aufstellung sorgte mit
grossem Kostenaufwancle im Jahr 1444 Cosimo de' Medici,
dessen eigne noch reichere Bibliothek mit jener verbunden die
Grundlage der hochberühmten Bibliotheca Mediceo-Laur
e n t i a n a zu Florenz bildet. Die nicht minder berühmte vatic
a n i s c h e Bibliothek zu Rom gründete Pabst Nicolaus V,
die St. Marc US- B i b l i o t h e k zu Venedig der vornehme und
gelehrte Grieche, Cardinal Bessarion (geb. vermuthlich 1395,
nach Italien gekommen 1438, gest. 1472) u. s. w.
Man schliesse aber aus dem Sammeln griechischer Handschriften
noch nicht auf eine Aveit verbreitete Kenntni s s der griechis
c h e n Sprache in Italien. Wir haben gesehen, wie Petrarca
mit seinem Homeros liebäugelte, ohne ihn lesen zu können; und
Petrarca war einer der gelehrtesten Männer seiner Zeit, ja ein
geborener Grieche, Barlaam, hatte ihn, leider nur nicht lange
genug, im Griechischen unterrichtet. Boccaccio wusste etwas mehr
Griechisch; drei Jahr lang hatte er den Unterricht eines andern
Griechen, des L eont ios Pilatos genossen. Doch das waren
sekene Ausnahmen, den meisten Italiänern fehlte es noch an Gelegenheit,
die fremde Sprache zu erlernen. Da drangen die Türken
immer mächtiger gegen das byzantinische Eeich vor, immer
dringender suchten die letzten schwachen Kaiser Hülfe beim Pabst
und den weltlichen Herrschern des Abendlandes. Gesandtschaften
auf Gesandtschaften, meist aus den beredtesten und gelehrtesten
Männern der Nation gewählt, kamen nach Italien, und verweilten
oft lange; einzelne Mitglieder derselben, gereizt durch den glücklicheren
Zustand dieses Landes im Vergleich mit ihrem Vaterlande,
so wie durch die schmeichelhafte Aufnahme, die sie in Italien fanden,
Hessen sich ganz dort nieder. Zu diesem gehörten die genannten,
Bar laam und Leontios. Endlich 1453 fiel Byzanz, die
Türken wütheten durch ganz Griechenland, die gebildeteren und
vermögenderen Griechen wanderten schaarenweis aus nach Italien,
und wurden die Lehrer der Italiäner, die sie mit oflTnen Armen
empfingen. Auch das Verdienst erwarb sich Boccaccio, seine
Florentiner zur Gründung des ersten Lehrstuhls der griec
h i s c h e n Li teratur zu vermögen. Zehn Jahr lang besass ihn
sein Lehrer Leontios Pilatos, nach demselben auf kürzere Zeit
der noch berühmtere Emanuel Chrysoloras. Das Beispiel
wirkte, bald wetteiferten alle Universitäten Italiens in Errichtung
solcher Lehrstühle und Herbeiziehung ausgezeichneter Griechen,
sie zu besetzen. Letztre banden sich jedoch nach damaliger Sitte
meist nur auf gewisse Jahre, und wanderten nach Verlauf derselben
lehrend von Stadt zu Stadt. So verbreitete sich die Kenntniss
des Griechischen rasch über ganz Italien, und drang aus den
Studirzimmern des Gelehrten bis in die Säle der höhern Stände,
an die Höfe der Fürsten, ja zur Toilette der Fürstinnen, und
es ist ein acht historischer Zug, wenn Leonora von Este, Schwester
des Herzogs Alfons II. von Ferrara, in Göthe's Tasso, noch
in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts sagt:
„Die Kenntniss alter Sprachen und des Besten,"
„Was uns die Vorwelt Hess, dank' ich der Mutter."
Und als ob alles zusammenkommen sollte, das Gedeihen der
jungen Saat zu fördern, so standen damals als sich der Geschmack
am Griechischen in ItaHen aufs neue entwickelte, an der Spitze
der beiden mächtigsten itaHänischen Staaten zwei Männer seltener
Art, P a b s t Nico lau s V., der den päbstlichen Stuhl 1447 im
noch rüstigen Alter von 49 Jahren bestieg, und 8 Jahre lang inne
hatte, und der noch grössere Cosimo de' Medici (geb. 1389,
gest. 1464), zwar nur Kaufmann und einfacher Bürger von Florenz,
allein 1421 auf einige Zeit, dann nach einem kurzen Exil von
1434 ab 30 Jahr lang bis zu seinem Ende Gonfaloniere, das heisst
höchster Beamter der rein demokratischen Republik, getragen
wie einst Perikles durch die Volksgunst, die er sich durch Gerechtigkeit
LeutseHgkeit weise Einrichtungen und fürstHche Freigebigkeit
ungetrübt zu erhalten wusste. Ja was noch mehr, sechs
Jahr nach seinem Tode erwählten die Florentiner seinen Enkel
L o r e n z o de' Medici zu seinem Nachfolger; auch dieser behauptete
sich 23 Jahr lang, von 1469 bis zu seinem Tode 1492 durch
freie Volksgunst in der hohen Würde des Gonfaloniere, und führte