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240 B u c h XIV. Kap. 1. §. 34.
sein. Die Behauptung, der Herzog hätte jähr l ich lebende
P f l a n z e n aus Candia kommen lassen, scheint mir auf einem
Missverständniss folgender Stelle des Schreibens zu beruhen, womit
Aloys ius Mundella seine Annotationes in Examen medicaminum
dem Brasavola selbst übersandte. Nachdem darin Brasavola's
Verdienste um die Heilmittellehre gerühmt, und die HoiFnung
ausgesprochen ist, derselbe werde für die Kritik der Heilmittel
der Alten noch vielcs leisten, schliesst der Briefsteller also:
„quod tibi facile esse existimo. Herculis enim tui ac Caesaris illius,
qui in Greta viros herbarios alebat, patrocinio vel maxime adjutus
id, quod voles, exequi poteris." Wie flüchtig Sprengel oft las, ist
bekannt genug. Das vermeinte Herbarium des Brasavola
endlich war offenbar etwas ganz andres, nämlich eine Sammlung
officineller Wurzeln Kräuter Blumen Einden Harze, kurz eine
D r o g u e n s a m m l u n g . Amatus LusitanusM sagt darüber: „Vidimus
nos tres istos pulveres Ferrariae, quos unusquisque hodie
quoque apud Antonium Musam Brasavolam videre poterit, quum
omnia simplicia variis scriniolis disposita apud se reservata
habeat, et ea omnibus magna animi liberalitate videnda promat."
Und was noch mehr sagt, derselbe Amatus Lusitanus kannte nur
ein einziges wirkliches Herbarium, aber im Besitz eines
Engländess, Johannes Falkonerius, auf das er als auf eine
grosse Merkwürdigkeit mehrmals zurückkommt. Doch darüber
mehr im dritten Kapitel dieses Buchs. Hätte Brasavola, den Amatus
zweimal „mihi Piladea quadam amicitia conjunctus" nennt, auch ein
Herbarium besessen, wie konnte jener das des Engländers allein
rühmen? Auch Tiraboschi kennt nur seine „gran raccolta di semplici
divisi con ordine in diversi scrigni"; von seinem Herbarium
weiss auch er nichts.
Sehen wir sein Examen omnium simplicium medicament
orum selbst an, so fällt uns zuerst die wunderliche Form
auf. Es ist von Anfang bis zu Ende ein Gespräch des Verfassers
mit einem alten Apotheker und dessen Gehülfen. Er trifFt dieselben
1) Amatus Lusitanuf! l. c. Uhro V enarrat 44.
Buch XIV, Kap. 1. §. 34. 241
zufällig auf einer Gebirgsreise, auf welcher der Alte seinen Arzneivorrath
completiren will, und schliesst sich ihnen an. Die Unterhaltung
knüpft sich sogleich an die erste Pflanze, die ihnen grade
auffällt, die der Alte, verführt durch seinen Pandectarius und seine
Araber verkennt, Brasavola aber nach den Griechen weitläuftig
erörtert und berichtigt. Jener bittet um mehr Belehrung, welche
dieser zu ertheilen bereit ist. Nun zieht jener ein Verzeichniss
aller Arzneikörper, die er hat oder haben will, hervor, und alle
drei sprechen es gemeinschaftlich durch: Blumen, Kräuter, Samen,
Früchte, Wurzeln, Einden, Hölzer, flüssige Säfte, verdickte Säfte,
Gummi, Knochen, Metalle, gewöhnliche und edle Steine, Erden,
Salze, einige in den Apotheken nicht rubricirte Körper, Fette,
mineralische und vegetabilische Oele. Schon diese Anordnung
verräth des Buches eigentliche Bestimmung für Apotheker. Es
ist, wiewohl voller Gelehrsamkeit, doch populärer gehalten als seine
italiänischen Vorläufer, und bezeichnet jede Pflanze, die man im
Dioskorides oder Plinius erkannt zu haben glaubte, zugleich mit
den damals gebräuchlichen italiänischen französischen spanischen
und deutschen Namen, die den noch immer fortdaurenden Mangel
der Diagnostik wenigstens zum Theil ersetzen. Auch das
Vorkommen der Pflanzen wird bei den meisten angegeben, und
bei den seltneren die Gegenden Italiens oder des Auslandes, wo
sie zu finden sein sollen, wobei dem Brasavola seine vielen in Begleitung
seines Prinzen gemachten Eeisen zu statten kommen.
Bemerkenswerth ist sein Anspruch i): „Certum est, centesimam
partem herbarum in universo orbe constantium non esse descriptam
a Dioscoride, nec plantarem a Theophrasto aut Plinio. Sed indies
addiscimus, et crescit, fügt er hinzu, ars medicinae. Da haben wir
also, beim Widerspruch gegen den Einen, sogleich wieder den
zweiten Wahn, jede Pflanze besässe irgend eine Heilkraft. Aus
dem allen erkennt man leicht, wie weit Brasavol a seine Vorg
ä n g e r an eigner Pflanzenkunde übertraf. Wenn aber
1) ÄnU Mus. Brasavolae examen omnium sirnplicmm, Lugduni 1537, in
8,, pag, 65,
M e y e r , Gesch. d. Botanik. IV. 16