418 Buch XV. Kap. 5. §.
hotanica, von welcher schon Dioskorides sich leiten liess, in systematischer
Form zu reproduciren. Aus diesem Gesiclitspunkte betrachtet
, den meine Vorgänger vernachlässigt haben, steht das
Werk in seiner Zeit völlig isolirt und noch höher, als man es
ohnehin zu stellen pflegt.
63.
G i o v a n n i Costeo,
oder Joannes Costäus aus Lodi unfern Mailand, vornehmer
Abkunft, war Professor der Medecin erst zu Turin, darauf zu
Bologna, wo er 1603 (bei Sprengel steht 1503) starb. Er war ein
ziemlich fruchtbarer Schriftsteller, uns berührt nur eins seiner
Werke:
De universali stirpium natura libri duo Joannis Costaei
Laudensis. Augustae Taurinorum 1578 (nach Haller auch
1581) in 4.
Das Werk hat wenig Gnade gefunden vor den Augen der Literarhistoriker.
„Fere in generalibus versatur, sagt Haller ^), neque
botanici aut proprii aliquid habet, sed vanorum ubique experimentorum
interpretationes et difFerentiarum Theophrastearum rapsodias.''
Sprengel sagt nur, die Physiologie der Pflanzen sei
darin peripatetiscli abgehandelt. Und Du Petit Thouarsersieht
aus dem Werke nur, Costeo sei in der Botanik wenig bewandert
gewesen. Selbst Renzi'^), der seinen Landsleuten gern so viel
Gutes wie möglich nachsagt, und auch an Costeo Geist Beredtsamkeit
und Gelehrsamkeit rühmt, beklagt seine dürftige Pflanzenkenntniss.
Ganz grundlos können so viele übereinstimmende Urtheile
competenter Eichter nicht sein. Gewiss hätte er bei ausgebreiteterer
eigner Beobachtung seine Beispiele nicht so oft, wie er
gethan, von Theophrastos und andern Alten geborgt, und näher
1 ) H all er bihliofJieca botanica /, pag, 356,
?) S p r e n g el^ Geschichte der Botanik 7, Seite 378,
3 ) G ibi ¡00 graphie universelle^ tom, X . pag, 51 sqq.
4 ) R e n z i stoi^ia delia medicina hi Italia^ IJl^ pag, 9G,
B u c h XV. Kap. 5. §. 419
liegende unbeachtet gelassen. Auch gleicht der ganze Zuschnitt
seines Werks bis in die einzelnen Kapitel hinein fast zu sehr seinem
Vorbilde, dem Theophrastos. Sein erstes Buch entspricht der
Historia plantarum, sein zweites dem Werk de causis plantarum.
War aber nicht schon das ein Verdienst, die viel zu sehr vernachlässigten
Untersuchungen des Theophrastos, von dem man fast
nichts beachtete als die beiläufig hie und da vorkommenden Beschreibungen
einiger besonderer Pflanzen, den Zeitgenossen einmal
wieder vorzuführen? diese aus der Zerstreutheit, in der sie
sich gefielen, zur Concentration des Gedankens zurückzurufen?
FÄne Uebersetzung des Theophrastos konnte das nicht leisten.
Eine solche besass man längst, man las jenen grossen Meister auch
wohl einmal in der Ursprache, aber man benutzte ihn nicht. Es
bedurfte einer neuen Ueberarbeitung, die auch auf spätere Beobachtungen
und Meinungen Rücksicht nahm; und eine solche lieferte
Costeo. Es ist unbillig zu behaupten, er gäbe nichts Eigenes;
gar nicht selten trifft man auf Stellen, in denen er sogar seinem
Meister zu widersprechen wagt. Dabei geht er methodischer zu
Werk als jener, vervollständigt ihn durch manche jenem noch unbekannte
Thatsache, z. B. über die periodischen Blattbewegungeu
mancher Pflanzen nach Cristobal Akosta, und füllt, so gut er kann,
manche kleine Lücke aus, die jener gelassen. Kurz er hat ein
Lehrbuch der allgemeinen Botanik geschrieben, dem zwar die
Werke des Theophrastos zum Grunde liegen, das sich aber in
manchen Punkten auch frei bewegt, und hat geleistet, was auf
diesem Wege zu leisten die Zeit ihm gestattete. Will man sein
Werk richtig schätzen, so vergleiche man es mit den ersten Kapiteln
der Historia stirpium des Ruellius, und man wird den Fortschritt
3ei Costeo nicht verkennen. Bücher solcher Art sind für jede
Wissenschaft von Zeit zu Zeit Bedürfniss. Sie pflegen sich nur
eines kurzen Lebens zu erfreuen, sind aber zu ihrer Zeit oft von
weit grösserer Wirkung, als diejenigen, die sich reine Beobachter
zu sein rühmen, sich selbst und Andern eingestehen. Zu bedauern
ist nur, dass Costeo Albert den Grossen nicht kannte; doch wer
zu seiner Zeit kannte und benutzte ihn?
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