242 Buch XIV. Kap. 2. 35. Buch XIV. Kap. 2. §.3 5. 243
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Hallerl) von seinem Examen shuplicium sagt: „descriptiones breves,
et solorum generum," so möchte ich lieber sagen: descript
i o n e s vix ullae, nec nisi specierum quarundam. Und selbst
das bedarf noch der Einschränkung: nicht leicht wird man einem
beschreibenden Zuge bei ihm begegnen, der nicht von den Alten
erborgt wäre.
Zweites Kapitel.
S t u d i um der klassischen Naturforsclier ausserh
a l b Italien.
§. 35.
I n Deutschland Graf Hermann von Neuenar und Euric
i u s Cordus.
So schnell und kräftig wie in Italien konnte sich das Studium
der klassischen Literatur, zumal der griechischen, in keinem andern
Lande wieder beleben. Ihnen allen fehlte dazu die Vorbereitung
durch eme hoch ausgebildete National^Literatur, die den Vorzug
der alten vor [der mittelalterhchen Literatur erst recht fühlbar
machte,- und als man den Unterschied beider endlich dennoch
empfand, waren die edelsten Schätze deutscher französischer und
andrer Klosterbibliotheken längst nach Italien entführt. Auch hatte
Deutschland derselben niemals so viele besessen wie Italien. Mit
p ehrten Griechen, denen Italien so viel verdankt, kam man ausseihalb
Itahens selten oder nie in Berührung, und fand daher eben
so selten Gelegenheit zur Erlernung der griechischen Sprache, wie
zum Ankauf griechischer Handschriften. Es gehörte zu den Ausnahmen,
und fällt in eine verhältnissmässig späte Zeit (1495), dass
der Grieche J o h a n n e s Lascaris (nicht zu verwechseln mit dem
a l t e r n J K o ^ ^ Laskaris) nach Paris kam, und dort
J ) II all er, bibliotheca hotanica I, pag. 211,
emise bedeutende Schüler heranbildete. So ward denn Italien
die hohe Schule der Philologie für ganz Europa. Dahin strömeten
die wissbegierigen Männer und Jünglinge aller Nationen, und
streuten den dort empfangenen Samen im Vateriande wieder aus.
So unterandern Kudolf Agricola aus Groningen, einer der
ersten deutschen Humanisten, der 1476 den Theodoros Gaza zu
Ferrara gehört hatte; so J o h a n n e s Eeuchlin, der zweimal in
Italien war; so D e s i d e r i u s Erasmus, Ulrich von Hutten
und viele Andere. Zu den Ausnahmen gehörte es, wenn sich Männer
wie J o a c h i m Camerarius der ältere, ohne Italien gesehen
zu haben, als griechische Philologen hervorthaten. Selbst unsre
grossen Mathematiker und Astronomen, P eurba c h und Regiom
o n t a n u s , hatten sich zwar nicht dasjenige Wissen, wodurch sie
der Stolz der Nation wurden, doch ihre klassische Bildung aus
Italien geholt.
Zu den ersten deutschen Humanisten und wenigstens Förderern
der Botanik, wenn wir ihn nicht zu den Botanikern selbst rechnen
wollen, gehört Graf Hermann von Neuenar, eins der letzten
Glieder dieser mit ihm ausgestorbenen Familie. Hervorragend
durch seine Stellung als Domdechant und Kanzler der Universität
zu Köln, durch vielseitige Gelehrsamkeit und freisinnige Denkungsart,
durch seine Verbindung mit vielen der ausgezeichnetsten Männer
sßiner Zeit, mit Ulrich von Hutten, Joachim Camerarius dem altern,
Peutinger, Pirkheimer u. a., wie durch den Schutz und Beistand,
den er Unbemittelten oder Verfolgten, wie namentlich auch dem
edlen ßeuchlin in seinem Kampfe gegen Hoogstraten und Pfefferkorn
leistete, verdiente er Vor andern ein dankbares Andenken
seiner Nation; gleichwohl sind die sehr zerstreuten Nachrichten
über sein Leben und Wirken noch immer nicht gehörig zusammengestellt.
Hier ist nicht der Ort, noch fühle ich mich befähigt,
das Versäumte nachzuholen; denn Neuenar's Leistungen für die
Botanik sind von geringer Bedeutung. Verdienter machte er sich
um die Geschichte durch die von ihm besorgte erste Ausgabe der
Vita Caroli Magni von Eginhart, und um die alte medicinische
Literatur durch seine Ausgabe des Theodorus Priscianus
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