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350 Bu cil XV. Kap. 1. §. 48.
Kreisen dem Dodoens zuweilen genügt: in weitern Kreisen ist er
unzulänglich, und vielleicht war es eben das Gefühl dieser Unzulanghchkeit,
was Dodoens nöthigte an der medicinisch - ökonomischen
Anordnung im Ganzen festzuhalten.
§. 48.
C a r o l u s Clusius,
oder Char les de l 'Esclus e fand bei gleichem Verdienst, gleicher
Anerkennung, doch noch keinen seiner so würdigen Biographen
wie Dodoens und Gesner. Noch zur Zeit seines Lebens lieferte
B o i s s a r d im zweiten Theil seiner Icones virorum illustrium
doctrma et eruditione praestantium eine kurze Beschreibung seines
Lebenslaufs bis zum Jahre 1593, Eine Gedächtnissrede hfelt ihm
gleich nach seinem Tode 1609 sein College Eberhar d Vorstius
zu Leiden. Beides ist abgedruckt als Anhang zu seinen Curae
p o s t e r i o r e s , auf die ich zurückkommen werde. Das sind fast die
einzigen Quellen Aller, die später über ihn sprachen, ausgenommen
T r e v i r a n u s , der seine zu Breslau aufbewahrte Correspondenz
mit Ehedinger in der Schrift über die Anwendung des Holzschnitts
benutzte, und eine Auswahl der Briefe als besondre Schrift abdrucken
liess:
C a r o l i Clusii Atrebatis et Conr . Gesneri Tigurini epistolae
ineditae. Ex archetypis edidit, adnotatiunculas adspersit, nec
non praefatus est Lud. Christ. Trevi ranus. Lipsiae 1830.
Seine Vaterstadt ist Arras i) in der Grafschaft Artois, die
zwar jetzt zu Frankreich, doch zu des Clusius Zeiten noch zu
Flandern gehörte. Auch brachte er, während seine Familie in
Frankreich einer wüthenden religiösen Verfolgung unterlag,
den grössern Theil seines Lebens bald in den vereinigten Staaten
der Niederlande, bald in Deutschland zu, weshalb ich ihn mit mehr
Recht zu den germanischen als französischen Botanikern rechnen
zu dürfen glaube.
1) Nicht Antwerpen, wie Sprengel sagt, Gesch. d. Botanik /, S. Sil,
wo noch manche Unrichtigkeiten über sein Leben vorkommen.
B u c h XV. Kap. 1. §. 48. 351
Er war 1526 geboren, der Sohn eines wohlhabenden Gutsbesitzers
und höhern Beamten. Seine Schulbildung empfing er zu
Gent, und studirte darauf zu Löven die Rechtswissenschaft. Von
da ging er 1548 nach Marburg, 1549 durch Melanchthon angezogen
nach Wittenberg, 1550 nach Frankfurt, Strassburg, Lyon,
und endlich nach Montpellier, wo er drei Jahr lang verweilte; und
hier nahmen seine Studien plötzlich eine neue Richtung. Von
Jugend auf durch hartnäckige oft wiederkehrende Wechselfieber geschwächt,
erreichte er Montpellier in einem kläglichen Zustande.
Er litt an der Wassersucht. Der berühmte dortige Arzt und Ichthyolog
Rondelet ius, der ihn behandelte, in dessen Hause er
wohnte, an dessen Tische er ass, stellte ihn her, und gewann ihn
zugleich für die Naturwissenschaften, besonders die Botanik. Die
Jurisprudenz gab er völlig auf, und studirte von nun an Medicin.
Nachdem er 1553 Licentiat der Medicin geworden, durchforschte
er als eifriger Pflanzenbeobachter einen grossen Theil des südlichen
Frankreichs Savoyen und Piémont. Von da kehrte er auf den
Wunsch seines Vaters über Basel, den Rhein abwärts, nach den
Niederlanden zurück, wo er, abgesehen von einem kürzern Ausfluge
nach Paris, von 1555 bis 1563 zubrachte, und ausser einigen
historischen Sachen auch des Dodonäus Cruydeboeck ins Französische
übersetzte. Wichtigen Einfluss auf sein ferneres Leben
hatten zwei Reisen, die er 1563 und 1564 nach Augsburg machte,
indem er dort mit den reichen Grafen Fugger in ein inniges Verhältniss
kam, und sie auf ihrer Reise durch Belgien Frankreich
Spanien und Portugal begleitete. Er durchstreifte die den Botanikern
damals fast unbekannte Halbinsel von den Pyrenäen bis Gibraltar,
von Valencia bis Lissabon, und brachte gegen 200 zum Theil von ihm
selbst nach dem Lehen trefflich gezeichnete neue Pflanzen von da
zurück. Schon 1564 beobachtete er zu Lissabon den Drachenblutbaum,
andre Beobachtungen i) machte er im April 1565 in
Valencia, spätere erinnere ich mich nicht bemerkt zu haben, und
nach Boissard beschränkte sich die Dauer der Reise wirklich nur
1) Z. B. über Erinacea, Rarior. plantar, historia, Hb. I, cap. 7<5, pag. 101 ^
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