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78^ Buch XII. Kap. 1. §.7. BuchXlI. Kap. 1. §. 1
um auch von der Seite die Natur der Pf lanze an sich aufzuklären,
und lässt sich darin einzig und allein mit Theophrastos,
vergleichen. Alle Schriftsteller, die von den Pflanzen handelten,
von Theophrastos bis auf Albert, sie selbst ausgenommen,
sind im Grunde gar keine Botaniker, und dienen uns in der Geschichte
der Botanik nur als Verbindungsglieder zur Ausfüllung
der ungeheuren Lücke zwischen jenen. Sie allein in dem ganzen
Zeitraum machten das Pflanzenreich seiner selbst wegen zum Gegenstande
ihrer Forschung, nur sie schrieben wahrhaft wissenschaftliche
Botanik. Der erste, der nach Albert ein Werk der Art
zu liefern wenigstens versuchte, ohne sich jedoch nur von fern ihm
gleichstellen zu können, war beinahe drei hundert Jahr später
K u e l l i u s ; der erste, dem der Versuch ihm gleich zu kommen
gelang, der noch fünfzig Jahr jüngere Cesalpini.
§. 7.
U e b e r einige Schriften, die mit Unrecht Alberts
Namen führen^
Kaum geringer als die Zahl der ächten ist die der unächten
S c h r i f t e n Alber t s , die ihm theils irrthümlich beigelegt, theils
betrüglicher Weise untergeschoben wurden. Sie alle durchzugehen,
ist nicht meines Amts. Viele sind theologischen Inhalts, andre betreifen
die disparatesten Gegenstände, Mathematik, ßethorik, Grammatik,
Medicin, Wahrsagerei, Zauberei, Schiflffahrt, Wollenweberei
u. s. w. Nur drei derselben bedürfen einer nähern Beleuchtung,
w^eil sie bekannter als Alberts ächte naturwissenschaftliche Werke,
und von Vielen bis auf unsre Zeit für ächt gehalten, die verkehrtesten
Urtheile über ihn hervorgerufen haben. Es sind folgende:
A l b e r t u s Magnus de secretis mulierum;
Liber aggregationis, seu liber secretorum Albert i Magni de
virtutibus herbarum, de virtutibus lapidum, et de virtutibus
animalium quorundam;
A l b e r t u s Magnus de mirabilibus mundi.
C h o u l a n t y der das Bibliographische dieser Schriften sorgfältiger
als sonst jemand behandelt hat i), zählt von jeder derselben
mehr als dreissig Ausgaben. Mehrere davon gehören zu den
ältesten Denkmälern der Buchdruckerkunst, die neuesten sind noch
nicht hundert Jahr alt: schon daraus lässt sich der Beifall abnehden
sie fanden. Die erstgenannte Schrift erschien früher . . 1 men
gewöhnlich für sich allein, die beiden letzten stets mit einander
verbunden; die spätem Ausgaben enthalten alle drei zugleich.
Das Buch de secret i s mulierum erwähnt kaum beiläufig
einmal einer Pflanze als Heilmittel. Insofern könnte ich es daher
übergehen, allein die Spötter und Verächter Alberts haben es ihm
noch öfter und bitterer als die beiden andern zum Vorwurf gemacht.
Sie schelten ihn die Hebamme, und ergehen sich über die
Lüsternheit des ehrwürdigen Prälaten, und zwar ohne alle Prüfung.
Denn von geringer medicinischer Kenntniss und starkem astrologischem
Aberglauben zeugt das Buch freilich, aber unsittlich ist es
nicht. Es ist eine trockene von Lüsternheit weit entfernte physiologisch
- medicinische Untersuchung über die Zeuguug und Geburt
des Menschen. Spott und Verachtung verdient es daher keineswegs,
und wird sogar für die Geschichte der Medicin stets einigen
Werth behalten. Allein Albert hat es nicht geschrieben, sondern
einer seiner Schüler, Henr i cus de Saxonia, eine sonst
unbekannte Person. In vielen zum Theil sehr alten Ausgaben, von
denen ich eine, gedruckt zu Augsburg bei Anton Sorg 1489 in 4.,
eine zweite Frankfurt 1615 in 12. besitze, führt es den Titel:
Tractatus Heinr ici de S a x o n i a , Alberti Magni discipuli,
de secretis mulierum; der damit verbundene Commentar, dessen
erstes Stück als Prolog vorausgeht, ist überschrieben: Expositio
super Heinricum de Saxonia de secretis mulierum incipit
feliciter, und der Text selbst hat die Ueberschrift: Tractatus Heinr
i c i de Saxonia, Albert i Magni discipuli, de secretis mulierum,
quem ab Albert o excerpsit, feliciter incipit. Noch
mehr, - das könnten Zusätze der Abschreiber sein, — aber der
Text selbst beginnt mit den Worten: „Dilecto sibi in Christo socio
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1) Choulant in seiner schon citirten Abhandlung im Janus 1846, S. 152 f .