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Buch XV. Kap. 6. §. 65.
des Paracelsiis gegen den Aberglauben sagt. Zum Beweise desselben
beruft er sich auf eine Stelle, worin Paracelsus nichts von
Gespenstern wissen will. Liest man sie im Zusammenhange, so
zeigt sich, dass er nur beim Biss der Schlangen und tollen Hunde
die Vergiftung nicht von bösen Geistern ableiten will. Anderwärts
findet man bei ihm desto mehr von Riesen, Zwergen, Elementargeistern
und Kindern, welche dieselben mit den Menschen zeugen
sollen. Die Volkssage von der Melusine, vom Tannhäuser und
seinem Venusberge u. dgl. m. erklärt er alles Ernstes für Thatsachen;
viel weiss er von astralischen Einflüssen als Wirkungen
des Makrokosmus auf den Mikrokosmus zu erzählen, giebt Formulare
zu Talismanen und Amuleten, und wer hätte nicht von
seinem Homunculus gehört? Von dem allen, was doch zur Charakteristik
des ganzen Mannes gehört, den Homunculus ausgenommen,
den er für Scherz erklärt, schweigt Marx. Vieles der
Art beseitigt er dadurch, dass er die damit vor andern angefüllten
Bücher, weil sie ihm des Paracelsus unwürdig scheinen, für unächt
erklärt. Das ist wohl der schwächste Punkt seiner sonst vielfach
verdienstlichen Arbeit; die Aechtheit oder Unächtheit der Bücher
hätte einer strengern, mehr ins Specielle eingehenden Prüfung bedurft.
Aber auch die von ihm selbst für ächt erklärten neun Bücher
de natura rerum strotzen von Aberglauben, und ganz frei davon
möchte wohl keins sein. Und was soll man zu den vielen Widersprüchen
sagen, die seine Bücher enthalten? Den Stein der Weisen
z. B. und die Goldmacherkunst bespöttelt er bald, bald rühmt er
sich ihres Besitzes. Und was von den sinnlosen Stellen, oft noch
ausgeschmückt mit unerklärten und unerklärlichen, in keiner Sprache
wurzelnden Kunstausdrücken, von denen wir bald einige werden
kennen lernen? Sind das alles Scherze? Vielleicht, aber in dem
Sinn, worin es ein Charlatan nimmt, der vieles sagt, was er selbst
besser weiss, um sich gegen Andre damit zu brüsten.
Und dieser Mann, nicht ohne Grund tief verachtet von den
meisten seiner Zeit- und Fachgenossen, überragte sie alle an Schärfe
der Beobachtungsgabe und schöpferischer Geistesthätigkeit. Er
reformirte die in den Fesseln galenischer Tradition erstarrte
Buch XV. Kap. 6. §. 65. 429
M e d i c i n , und hauchte ihr einen neuen lebendigen Geist ein;
machte Epoche in der Chemie, indem er sie mit einer Reihe
wichtiger Entdeckungen bereicherte, von denen viele theils auch
der Physik, theils der Medicin zu statten kamen, und schuf eine
N a t u r p h i l o s o p h i e , die unter dem Schleier des Mysticismus
und einer wilden Phantasterei doch einen fruchtbaren Schatz ächt
speculativer Gedanken verbarg. Mir ist nicht vergönnt, so maxinichfache
Verdienste gründlich zu entwickeln; auch fehlt es dazu
noch immer an der rechten Grundlage, an einer streng kritischen
Scheidung der ächten von den untergeschobenen oder durch Zusätze
verfälschten Schriften des Paracelsus, die Marx zwar trefflich
eingeleitet, doch nicht vollführt hat. Hier kann nur von seinen
Ansichten der Pflanzennatur die Rede sein, so weit das ohne jene
Grundlage möglich ist. Auch sie sind von R ixne r und Sieb er
in ihrer oft angeführten Schrift übersichtlich fast ganz mit des
Paracelsus eignen Worten zusammengestellt, und von Satz zu Satz
in der Sammlung seiner Werke nachgewiesen. Indem ich diese
Arbeit dankbar benutze, bedaure ich nur, sie des Raums wegen
nothwendig abkürzen zu müssen, und kaum etwas Erhebliches hinzufügen
zu können.
Des Paracelsus Grundansicht von der Natur ist, dass alles
Körperliche, was Gott erschaff'en hat, lebe und beseelt sei, sogar
die aus dem Yl iaster, das heisst der Urmaterie wie aus ihrem
Samen hervorgegangenen Elemente, folglich auch Mineralien und
Pflanzen. Aber allen körperlichen Dingen, selbst den Elementen
liegen drei Principien zum Grunde, Sulphur , Sal und Mer~
k u r i u s , wohl zu unterscheiden von unserm gemeinen Schwefel
Salz und Quecksilber, wiewohl sie sicli in diesen vornehmlich abspiegeln.
Klar entwickelt Paracelsus diese drei Begriff'e nirgends,
doch scheint ihm Sulphur das Princip der Veränderlichkeit,
Verbrennbarkeit, Verflüchtigung, aber auch des Wachsthums, Sal
das der Stetigkeit, Feuerbeständigkeit, Mercurius das der Flüssigkeit
als Vermittlung jener zu bedeuten. Offenbar liegt darin
eine entfernte Beziehung auf die drei Aggregatzustände des Festen
tropfbar Flüssigen und elastisch Flüssigen. Ausser diesen dreien
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