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nichts gemein hat. Es kann also unmöglich jener in der Vorrede
zum Gart der Gesundheit erwähnte erste unvollendet gebliebene
Entwurf sein. Zweitens sind die angeführten Stellen der Vorrede
des deutschen Gart der Gesundheit, auf die sich Stricker
stützt, nicht bloss verdächtig, sondern offenbar verfälscht. Die
Vorrede des lateinischen Ortus sanitatis, die, wie ich gleich zeigen
werde, als das Original zu betrachten ist, lautet ganz anders. In
ihr spricht nicht jener vornehme Eeisende, für den der gelehrte
Arzt und Maler arbeiteten, sondern der Verfasser selbst. Er sagt:
„ad idem aggregandum (sc. opus) non minus me movit sed et
permaxime nobilis quid am dominus, qui regna terrasque
varias peragrando, videlicet Alemaniam, Italiam (etc. es folgt dieselbe
Eeise, wie im Gart der Gesundheit), de sepe dictis herbis
animalibus lapidibus ceterisque ad confectionem medicinarum necessariis
propter raritatem incognitis, magnam accepit experientiam,
earum virtutem describens, ac earum similitudines sub lineamentis
convenientibus ceterisque coloribus effigare procuravit. Que etiam
omnia et singula sub debitis figura forma colore exquisitoque ordine
in presenti opere depicfa invenies. His igitur duobus permotus
laudabile hoc opus incepi etc." Dagegen ist nur zu erinnern, dass
die Holzschnitte der xiusgaben nichts weniger als im Orient nach
der Natur entworfene Zeichnungen verrathen. Mag der Verfasser
eine oder die andere solcher Zeichnungen gesehen haben, die
Hauptsache war ihm offenbar, durch jene Erzählung Gunst zu
gewinnen. Und nun begreift man leicht, wie der deutsche Uebersetzer
denselben Zweck noch sicherer dadurch zu erreichen suchte,
dass er die ganze Vorrede jenem vornehmen Pilger selbst in den
Mund legte, und ihm einen gelehrten und einen kunstfertigen Gehülfen
gab. Drittens, — und darauf legt Pritzel mit Eecht den
grössten Nachdruck, — können die rohen Holzschnitte unsres
Werks unmöglich demselben Kün.-^tler zugeschrieben werden, der
die trefflichen Blätter zu Breidenbachs Reise lieferte. Viertens
kennen wir den Johann von Cuba keineswegs als Verfasser des
lateinischen Ortus sanitatis, sondern nur als den des deutschen
Gart der Gesundheit, oder genauer gar nicht als Verfasser, sondern
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nur als den Ueb e r s e t z er des ursprünglich lateinischen Werks
ins Deutsche. Erst 1533, nachdem der Ortus sanitatis vergessen
war, der deutsche Gart der Gesundheit immer neue Ausgaben erfuhr,
sagt Eucha r ius Rhodion, der auch eine solche besorgte,
in seiner Vorrede: „Hab also den alten Herbarium oder Kreutterbuch
anfenglich von dem wohlerfarnen Doctor Johann Cuba, weiland
Statartzt alhie zu Franckfurt, zusamengetragen, disen Winter
under andern gscheiften überlesen u. s. Doch das alles bekommt
seine volle Beweiskraft erst dann, wenn sich darthun lässt, dass
die deutschen Ausgaben nur Ueb e r s e t z u n g e n der lateinischen
sind; und das will ich jetzt, auf des Werkes Inhalt eingehend,
zu beweisen versuchen.
Die beiden Ausgaben des lateinischen Ortus sanitatis, deren
ich mich bediene, sind die, welche Trew so wie auch Pritzel als
die erste und letzte betrachten. Jene hat weder Ort noch Jahrszahl,
der Ort fehlt auch dieser, doch führt sie am Ende des Titels
die Jahrszahl 1517. Ihre Uebereinstimmung nebst Trews Beschreibung
der dazwischen liegenden Ausgaben lässt mich auf
vollständige Uebereinstimmung des Inhalts aller schliessen. Ihr
Titel ist zugleich Inhaltsanzeige. Er lautet:
O r t u s sanitatis de herbis et plantis. De animalibus et reptilibus.
De avibus et volatilibus. De piscibus et natatilibus.
De lapidibus et in terre venis nascentibus. De urinis et earum
speciebus. Tabula medicinalis Cum directorio generali per
omnes tractatus.
Auf den ersten Blick erscheint das ganze Werk als eine Mosaikarbeit,
zusammengesetzt aus Stellen der Griechen Römer Araber
und vieler theils wohlbekannter theils zw^eifelhafter Schriftsteller
des Mittelalters. Das Meiste lieferten Aerzte und Naturforscher,
doch auch Dichter Grammatiker und Theologen trugen ihr Schärflein
bei. Die jüngsten Schriftsteller, denen ich bei genauer Durchsicht
des ersten und längsten aus 530 Kapiteln bestehenden Tractats
de herbis et plantis begegnete, sind 1. M a t t h ä u s Sylvaticus,
dessen Werk Pandecta ohne des Verfassers Namen fast in jedem
Kapitel vorkommt, 2) Simon Januensis, doch nicht seine
M e y e r , Gesch, d, Botanik. IV. 13