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des heiligen Michael machte, und ihm sogar gestattete, seinem
Wappen die drei königlichen Lilien hinzuzufügen. Auch auf verschiedenen
andern Reisen begleitete er seinen Fürsten und dessen
Vater Alfonso I., die ihn beide des höchsten Vertrauens würdigten.
An der Universität las er ausser der Dialektik auch die
Naturphilosophie, und ward zum Riformatore erwählt (einem Amt,
wovon bei den italiänischen Universitäten oft die Rede ist, dessen
eigentliche Bedeutung ich nicht kenne). Als praktischer Arzt war
er''so beschäftigt, dass er jährlich wohl 1500 Kranke zu besorgen
hatte und so berühmt, dass auch der Pabst der Kaiser und
andre auswärtige Fürsten ihn consnltirten.
Als Schriftsteller machte er sich, ausser seinem riesigen Index
in omnes Galeni libros, worüber ich Band II, Seite 188 gesprochen,
vorzüglich um die Heilmittellehre und folglich auch um die Botanik
verdient. Unter den verschiedenen Schriften, die er ihr widmete,
interessirt uns vor allem sein
E x a m e n omnium s impl icium medi c ame n t o r um, Romae
1536 in fol.,
und seitdem zu Lyon dreimal, zu Venedig viermal, einmal zu Basel
und einmal zu Zürich wieder abgedruckt; aber geschrieben, wie
sich aus der Dedication und vielen Stellen des Buches selbst ergiebt,
vor dem Tode des Herzogs Alfonso, das heisst vor 1534.
Die übrigen Schriften betrefien einzelne Klassen von Heilkörpern,
wie de medicament i s catharticis, oder Präparate, wie Examen
omnium syroporum u. s. w., und sind dem Botaniker
entbehrlich. Brasavola starb, wo er fast beständig gewirkt hatte,
zu Ferrara 1555, im Alter von nur 55 Jahren.
Zu diesen, wie ich glaube, verbürgten Nachrichten fügt Sprengel
2) noch folgende leider unverbürgte hinzu: „Auf Brasavola's
Vorschlag legte der Herzog auf einer Insel im Po einen botanis
c h e n Garten an, und schickte alljährlich nach dem pflanzenreichen
K a n d i a , um seltene Gewächse von dort einzuführen. Ihm schenkte
]) Amati Lusitani enarraliones in Dioscoridejn. Hb. JJI, enerrat. 12.
2) Sprengel, Geschichte der Botanik 7, S 287.
der Herzog ein Landgut, wo ebenfalls einbotanischerGar ten
eingerichtet.wurde. Er sammelte das reichste H e r b a r i u m seiner
Zeit." —^ Als ich den Quellen dieser Angaben nachforschte, stiess
ich statt der Bestätigung auf lauter Zweifel. Die herzoglichen
Gartenanlagen zu Belriguardo unweit Ferrara, und das Belvedere
auf der Po-Insel, sind wegen ihrer Anmuth berühmt. Von letzterem
spricht auch Brasavola in seiner Epistola nuncupatoria, womit
er dem Herzog seine Examen omnium simplicium überreichte. Er
enthielt eine reiche Orangerie, von andern Seltenheiten des Gartens
sagt Brasavola kein Wort. Konrad Gesner, der in seiner
Schrift de Hortis Germaniae auch der bedeutendsten italiänischen
Gärten gedenkt, übergeht die bei Ferrara ganz. Amatus Lusitanus,
ein Freund und Bewunderer Brasavola's, der sich hauptsächhch
der Pflanzenkunde wegen sechs Jahr zu Ferrara aufgehalten hatte,
und das Personal und die wissenschaftlichen Hülfsmittel der dortigen
Universität nicht genug zu rühmen weiss , spricht oft von
den seltenen Pflanzen, die er im anmuthigen und reichen Garten
eines dasigen vornehmen Herrn Namens Azajolus gesehen 2), der
herzoglichen Gärten gedenkt er kein einziges mal. Auch von
B r a s a v o l a ' s Pr ivatgar ten sagt er nichts, Avas mir sogar diesen
als b o t a n i s c h e n Garten verdächtig macht, obgleich Tiraboschi3),
der aus Castellani's sorgfältiger Biographie des Brasavola schöpfte,
versichert, Brasavola hätte mit vieler Sorgfalt und nicht geringen
Kosten einen Garten unterhalten, worin er die seltenern Pflanzen
gezogen. Vielleicht erhielt er ihn erst nach seines Freundes Entfernung
von Ferrara im Jahr 1547, oder sein Biograph setzte willkürlich
voraus, der Garten eines Botanikers müsse ein botanischer
1) Die Hauptstelle mag hier Platz finden. Amati Lusitani in Dioscorid.
lih. IV, enarratio 3: „Ferraria, ad quam, quicunque de re herbaria veluii de bona
viedicina exactam notitiam habere desiderat, accedat consido. Sunt enim Ferrarienses,
coelesti quodam influxu favente, medici doctissimi ac rerum naturalimn cognoscendarum
diligentissimi. Qua de causa apud eos per sex annos nunquam poenitendos
commorati sumus.^^
2) Amati Lusitani enarrationes in Dioscoridem, libro 11, enarr, 172, Hb.
I I I , enarr. 16 et 2M, lih. IV, enarr. 110,
3) Tirahoschi tom. VII, pari. II, pag. 57,
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