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274 B u c h XIV. Kap. 3- §.39.
selben nahm Dodjonäus^) zehn Abbildungen zur Probe in seine
Pemptaden auf, Marcellus V e rgi l ius ^ ) bezieht sich auf einen
mit longobardischen Lettern geschriebenen, wie er meint, sechshundert
Jahr alten lateinischen Dioskorides „mit fleissig ausgeführten
Abbildungen, wie sie damals waren." Im fünfzehnten und
sechzehnten Jahrhundert füllte man ganze Folianten mit Bildern
von Pflanzen und den beigeschriebenen Namen derselben. Einen
solchen L i b r o de' semplici, 1415 gemalt von der kunstreichen
Hand des Andrea Amadio, besass zu Venedig der Arzt und
Philosoph Benedetto Rinio. Noch jetzt befindet er sich auf
der Marcus-Bibliothek daselbst, und de Visiani*^) nennt die Bilder
nicht bloss treu, sondern auch von bewundernswürdiger Wahrheit
der Tinten. Später, zu Cesalpini's Zeit besass der Grossherzog
von Florenz eine ähnliche Sammlung von Pflanzenbildern, „ea
industria depictae, ut minutissimas quasque differentias exprimant,
et tantum non \egetenV Dergleichen Hessen sich noch mehrere
anführen, auf den Gang der Wissenschaft gewannen sie indess in
den Händen einzelner vornehmer Personen keinen merklichen Einfluss.
Erst die Erfindungen des Holzschnitts und des spätem
Kupferstichs und Steindrucks machten sie zum Gemeingut und
einem der wirksamsten Hebel der Pflanzenkunde.
Es ist merkwürdig, und verdiente wohl eine genauere Darstellung,
als ich zu liefern im Stande bin, wie man allmälig auf
den Gedanken kam. Pflanzen und andre Naturgegenstände erst in
1) D odonaei siirpium hisioriae pemptades pag, 109* 123, 126. 149, 286^
368. 373. 436. 562, 563.^ die mit dem Zusatz ^^ex Cod. Caesar''' bezeichneten
Holzschnitte» Ein paar andre Proben aus weniger bekannten Werken citirt
Haller biblioih, botan. i, pag. 85, Ueber die einst beabsichtigte und wirklich
begonnene, aber bald wieder unterdrückte Wiederholung sämmtlicher Pflanzenbilder
des Codex, sehe man Sprengel in der Einleitung zu seinem Dioskorides
pag, XIX, und P r i t z e l ' s thesaurus pag. 335 unter Codd.
2) In seinem Commentar zum Dioskorides, zum Kapitel Hydropiper^ was
in der kölner Ausgabe von 1529 (abweichend von neuern Ausgaben) Uber /i,
cap. 150 ist«
3) Roh, de Visiani delle benemerenze de' Veneti nella botanica^ pag. 16.
4) Caesalpinus de planiis y in der unpaginirten Dedication.
Buch XIV. Kap. 3. §. 39. 275
geschriebenen, dann auch in gedruckten Büchern naturgetreu darzustellen
, um durch das Bild die Beschreibung zu ersetzen oder
zu vervollständigen. Im Allgemeinen ward mir, als ich einst auf
der wolfenbütteler Bibliothek eine beträchtliche Anzahl von Handschriften
verschiedener Art und Zeit rasch durchmusterte, der
Verlauf plötzlich klar. Mehr oder minder findet man bekanntlich
fast in jeder altern Handschrift die grossen Anfangsbuchstaben der
Hauptabschnitte farbig verziert. Es lassen sich aber leicht fünf
Hauptarten der Verzierung unterscheiden, welche allmälig eine
aus der andern entsprungen zu sein scheinen: Schnörkel, Arabesken,
auch noch in Verbindung mit den Anfangsbuchstaben, gleichfalls
arabeskenartige Einfassung der ganzen Seite, Vignetten, blattgrosse
Bilder. Je weiter abwärts in der Eeihenfolge, desto häufiger erkennt
man eine Beziehung des blossen Zierraths auf den Inhalt
der Worte, sei es eine Allegorie oder eine unmittelbare Darstellung
des Ausgesprochenen. Ob man sich aber vor Erfindung des
Bücherdrucks und des Holzschnitts von dem Grundgedanken des
blossen Verzierens jemals ganz los machte? Ich zweifle, habe
wenigstens nie ein unzweideutiges Beispiel davon gesehen. Man
wundert sich wohl, und findet es widersinnig, wenn man in einem
alten gedruckten Kräuterbuch, unter manchen der Natur mehr
oder minder geschickt nachgeahmten Zeichnungen, auf reine Phantasiestücke,
auf wahre Ungeheuer stösst, und wenn sich dieselbe
ersonnene oder naturgemässe Zeichnung als Vignette vor vielen
Kapiteln von den verschiedenartigsten Pflanzen wiederholt. Man
sollte sich im Gegentheil darüber wundern, dass nicht alle ersonnen
und ohne Eücksicht auf den Inhalt der Kapitel vertheilt sind,
sollte darin erkennen, wie die Natur den Menschen mit leiser Hand
von jeder Verirrung immer wieder zu sich zurück lockt. In gedruckten
Büchern, denen geschriebene sehr verschiedener Zeit als
Muster dienten, während die Kunst des Holzschnitts noch mit den
Schwierigkeiten der ersten Anfänge kämpfte, zeigt sich die ganze
Abstufung nicht so deutlich wie in Handschriften, doch im Ganzen
auch unverkennbar. Ihre Verzierungen sind daher auch, gleich
denen der Handschriften, stets colorirt. Bei ihnen kommt aber zu
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