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B u c h XIV. Kap. 1. §.27.
fanden. Nur ein paar Stellen hebe ich aus. Seinem Bruder
schreibt er*) von seiner einzigen Leidenschaft, die er nicht bezwingen
könnte noch wollte, der Leidenschaft für Bücher, und
bittet ihn, Hetruriens Klöster durch einige sachkundige und zuverlässige
Männer nach Handschriften der Alten für ihn durchforschen
zu lassen, so wie andre Freunde Britannien Gallien Spanien
für ihn durchforschten. In einem andern Briefe an Lucas de
Penna spricht er von seiner Vorliebe für Cicero und der Mühe,
die er sich gegeben, seine Schriften zu sammeln. Bitten nicht nur,
auch Geld habe er versandt durch ganz Italien Gallien Deutschland
bis nach Spanien und Britannien, ja sogar nach Griechenland,
von wo er zwar nicht den erwarteten Cicero, aber einen
Homeros erhalten habe, der griechisch zu ihm gekommen, allein
auf seinen Betrieb, für seine Kosten jetzt lateinisch geworden sei,
und lateinisch bei ihm verweile. Weiterhin erzählt er in demselben
Briefe: „Wenn ich grössere Reisen machte, was damals oft geschah,
und von fern alte Klöster gewahrte, so hielt ich sogleich an, und
sagte mir: wer weiss, ob hier nicht etwas dessen ist, was ich
wünsche? Um mein fünf und zwanzigstes Jahr von Belgien nach
der Schweiz eilend, kam ich durch Lüttich, und als ich erfuhr,
es gäbe dort viele Bücher, so blieb ich, und hielt auch meine Begleiter
zurück, bis ich Eine von Cicero's Reden durch Freundeshand,
eine andre selbst abgeschrieben hatte, die ich darauf in Italien
verbreitete. Und lache nur, es hielt schwer in der guten barbarischen
Stadt etwas Tinte zu erlangen, und diese so gelb wie
Safran." Den erwähnten Homeros hatte ihm Nikolaos Sigeros,
wie ihn Tiraboschi nennt, oder, wie er in der von mir benutzten
Ausgabe der Werke Petrarca's genannt wird, Syoceros, ein vornehmer
Mann am byzantinischen Hofe, zum Geschenk gemacht
In seinem Denkschreiben an denselben^) weiss er kaum Worte zu
1) Petrarchae^ episU familiariim Uh, 777, episU 1 ad Gerardum fratrem.
2) Peirarcliae episU rerum senilium Uh, XV^ epist, i, ad Lucam de Penna^
pag. 1046 sqq,
3) Petr ar dia e epistolarum variarmii Uber, epistola ad Nicoìaum Spyocenm
Constantinopolitanum^ pag, 1102 der Opera,
finden, um seine Freude über den Besitz auszudrücken, obgleich
er wehmüthig das Buch nicht lesen zu können, sich mit seinem
Anblick, seiner Umarmung begnügen zu müssen gesteht- Gleichwohl
bittet er den Freund dringend um einen Hesiodos und einen
Euripides. Mit gleichem Eifer, wenn auch weniger begütert, und
durch vornehme Gönner weniger unterstützt, dafür aber selbst des
Griechischen mächtig, sammelte Boccacci o griechische und römische
Handschriften, und hinterliess zahlreiche Copien derselben
von eigner Hand.
Aber mehr als durch ihr eigenes Sammeln wirkten beide
Männer, auf die als Dichter Aller Augen gerichtet waren, durch
Beispiel und Beredtsamkeit. Gelehrte, Kaufleute, Fürsten, alle
Stände rissen sie zu gleichem Enthusiasmus für die alte Literatur
mit sich fort, und wen diese für sich selbst nicht begeisterte, der
huldigte wenigstens der Mode. Je mehr eine Bibliothek damals
kostete, desto lieber zählte man sie zu den würdigsten Manifestationen
der Macht, des Reichthums und des feinern Geschmacks.
Neben edlen Metallen und Schätzen der Kunst prangten die Palläste
der Grossen mit Büchern, die man, begünstigt durch den
blühenden weit ausgedehnten Handel Italiens, oft für hohe Summen
Geldes aus nahen und fernen Ländern zusammen trieb. Wer die
Mittel dazu besass, schickte gelehrte Männer eigens zu dem Zweck
aus, um an entfernten Orten Handschriften entweder kaufen oder
abschreiben zu lassen. Tiraboschi i) ist unerschöpflich im Aufzählen
der berühmteren Bibliotheken jener Zeit, und an viele derselben
knüpfen sich zugleich die Namen Boccaccio und Pet
r a r c a .
Bald erneuerten sich auch die öf fent l ichen Bibliothek
e n des Alterthums. Der erste, der das Bedürfniss derselben mit
Nachdruck aussprach, war Col lucci o Salutato, ein gelehrter
ilorentinischer Staatsmann und noch nach seinem Tode gekrönter
Dichter. Der erste, der seine nach damaligen Verhältnissen reiche, aus
800 Werken bestehende Privatbibliothek seiner Vaterstadt Florenz
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1) Tiraho scili tom, F, pag. 94 sqq, ediz, Romana,
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