56 B u c h XII. Kap. 1. §. 4.
die Etymologie der Namen Fructus und Ka^nng zu falschen morphologen
Bestimmungen verleiten Hessen. Auch Albert kann sich,
Avie wir gleich sehen werden, trotz der AVarnung, die er selbst
giebt, noch nicht ganz davon losmachen. Gross sagt er, ist die
Verschiedenheit der Früchte. Einige sind zugleich Samen, ohne
etwas Essbares zu haben; doch sind dergleichen Samen auch wohl
in Schoten und Häute eingeschlossen. Zuweilen werden die
Samen nebst den sie einhüllenden Substanzen Frucht genannt,
Und diese Substanzen sind wiederum verschiedenartig-.o Einiög e
Früchte haben ausserhalb der die Samen enthaltenden Schote noch
Fleisch, wie Aepfel Birnen Quitten, in denen eine harte, meist in
fünf Kammern getheilte Schote liegt. Andre haben ihre Samen
in einem mit Fleisch umgebenen muschelartigcn Knochen (in osse
testaceo), und ihr Fleisch wird entweder mit der Samenreife weich
wie bei den Pflaumen und Kirschen, oder hart und trocken wie
bei den Nüssen und Mandeln. Einige haben ihre Samen in
einer einfachen nackten Schale, die beim Eeifen mehr und mehr
erhärtet. Andre tragen sie in Schalen, die bei der Reife vertrocknen
und die Samen mit Gewalt ausstossen. Oder die Schalen
platzen und die Körner lösen sich ab, wie bei den Hülsenfrüchten;
und diesen sind auch die Früchte der Cassia Fistula, der Päonia
und des Granatbaums ähnlich. Andre Pflanzen tragen ohne Schote
nackte, nur von der einfachen Samenhaut umgebene Samen, wie
die Distelgattungen und viele andre Kräuter. Hierher gehören
auch die Laucharten, die zwar anfangs in einer gewissen Schote
eingeschlossen sind, nach der Reife jedoch frei auf dem Halm
stehen (hier scheint Albert die Spatha der UnAella bulbifera für
ein Pericarpium, und die Bulbilli selbst für Samen genommen zu
haben). Auch die Petersilie, der Fenchel, der Anis, das Siler
montanum gehören hierher.
Cap. 2. De causis diversitatis fructuum et seminum
quoad humores, qui sunt in ipsis et in circunis
t a n t i b u s . — Aus diesem langen Kapitel hier nur Eine Beobachtung.
So lange die Frucht noch an der Pflanze hängt, kommen
die Saftwege zum Samen aus dem Fruchtstiel (coctiledo),
B u c h XH. Kap. 1. §. 4.
nicht aus dem Fleisch der Frucht; und ist sie abgefallen, so keimen
die Samen leichter, wenn man das Fleisch entfernt, als^wenn
man es faulen lässt. Zur Ernährung der Samen ist folglich das
Fleisch der Früchte nicht bestimmt. - Das Uebrige besteht meist
wieder in einem Spiel mit den Elementarqualitäten.
C a p 3 De ratione f igurae seminum plantarum, et
de quant i tat e eorum. -- Fast alle Früchte und Samen sind
entweder kugel- oder säulenförmig. Abweichungen von diesen
Formen entstehen vornehmlich durch Druck, wie bei der Bohne,
oder durch Theilung, wie beim Weizen, der der Länge nach gefurcht
ist. Dabei geräth Albert aber in den Irrthum zu behaupten
dero-leichen gefurchte Samen entwickelten beim Keimen gewöhnlich
zwei Pflänzchen. Und doch lag ihm die Wahrheit so
nahe- er selbst unterscheidet die Stengelbildung aus des Samens
ursprüglicher Bildungskraft, die nie über zwei hinausgehen soll,
und die''durch Wurzelvermehrung, die so weit gehen kann, dass
man einst aus Einem Weizenkorn zwei und zwanzig ELalme entspringen
sah. . .
Cap. 4. De rat ione figurae fructuum. ^ Enthalt nichts
Bedeutendes.
Cap 5 De naturali colore seminum et fructuum,
et matur i tat e eorundem. - Die Samen aller Pflanzen (was,
freilich ein Irrthum ist) haben ihre Keimkraft (sementmam virtutem)
innerhalb einer gewissen Quantität Mehl (farinae Cod. Bas.
statt des sinnlosen formae), die sich unter der Samenhaut befindet.
Und dies Mehl scheint bei unsern Pflanzen stets weiss zu sem;
nur in den aus Indien kommenden Samen, dem Pfeifer, den Kardamomen,
Kubeben, dem Nelkenpfefl-er und den Muskatnüssen erscheint
es bräunlich oder schwärzlich. Die Samenhaut hat mancherlei
Farben. Bald ist sie glänzend schwarz, wie bei der Päonie
und Ao-lei, bald matt schwarz, wie beim Mohn, den Aepfeln und
Birnen- bald ist sie weiss, und dann oft leicht gestreift wie beim
Veilchensamen und der Hirse. Die rothe Farbe der Samen, pflegt
ins Schwarze überzugehen, doch bisweilen dauert sie, wie beim
Weizen und der Moorhirse, oder steigert sich ins Bräunhche.
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