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292 B u c h XV. §. 4a
weise nach der Leichtigkeit und Eleganz ihres ciceronianischen
Ausdrucks. Verwiesen die bedeutenderen italiänischen Botaniker
dennoch avif die Natur, bereicherten sie die Wissenschaft auch
mit manchem eignen Beobachtungen, so geschah das doch weniger
aus reinem Natursinn, als in der Hoffnung auf diesem Wege dem
völligen Verständniss der Alten näher zu kommen, wie das vor
Andern der treffliche Maranta ganz offen ausspricht. Auch über
Deutschland hatte sich zwar der Eifer für klassische Studien ausgebreitet,
doch gemässigter. Hier in weiterer Entfernung von den
Gegenden, worin die Alten botanisirt hatten, Hess sich leichter
erkennen, dass jedes Land seine eigenthümliche Flora besitzt. Hier
entwickelte sich die hier erfundene Kunst des Holzschnitts, die
den grössten Einfluss auf die Pflanzenkunde gewann, und geraume
Zeit fast nur von Deutschen ausgeübt ward, zu einer von andern
Nationen unerreichten Höhe. Noch jetzt prangen einige von
deutschen Meistern jener Zeit mit Holzschnitten ausgestattete Kräuterbücher
ebenso in den Sammlungen der Kunstkenner, wie in den
Bibliotheken der Botaniker. Und dann dürfen wir unter den fördernden
Momenten deutscher Pflanzenkunde des Jahrhunderts auch
die Reformation nicht übersehen. Wo sie in ursprünglicher Eeinheit
auftrat, und so lange sie sich darin erhielt, ertheilte sie den Geistern
eine Spannkraft, deren Tragweite sich gar nicht ermessen lässt;
und wo sie im Gregentheil nur zu bald ausartete in hohles Gezänk
um Glaubensformeln, wo sich unlautere Hintergedanken hinter der
Maske religiöser Ueberzeugungen versteckten, wo der Fanatismus
sein Panier entfaltete, flüchtete damals wie noch jetzt manches
edle Gemüth in die entlegensten Regionen der Wissenschaft, Trost
suchend bei der am ewigen Ankergrunde festliegenden Natur.
Oder wäre es Zufall, dass sich beinahe sämmtliche deutsche Väter
der Pflanzenkunde zum Protestantismus bekannten dass so
viele derselben von der Theologie oder Jurisprudenz, ja vom
Klosterleben, übergingen zur Medicin und Botanik? Längst be-
1) Unter allen, von denen ich im ersten Kapitel dieses Buchs sprechen
werde, blieb nur Dodonäus ein Katholik.
Buch XV. 40, 293
merkte man, wie häufig zu jener Zeit die Verbindung der Medicm
und Botanik mit der Theologie vorkam; unbemerkt hess man wie
viel häufiger sich beides bei Protestanten als bei Katholiken verband.
Was die ungebührliche Ausdehnung der Specialfloren jener
Zeit zu allgemeinen Kräuterbüchern betrifft, so erklärt sie sich
vollständig durch die damaligen Verhältnisse des Buchhandels.
Den hohem Werth der auf eigne Beobachtungen gegründeten
Specialfloren begriffen erst wenige Männer der Wissenschaft; die
Masse der Käufer verlangte in einem einzigen Buche Belehrung
über alle Pflanzen und - Abbildungen derselben. Durch letztere
steigerten sich die Kosten der Herstellung solcher Werke beträchtlich;
gern benutzten daher die Buchhändler, welche durchpngig
zugleich die Drucker waren, die einmal vorhandenen geschnittenen
Formen zu mehrern auf einander folgenden Werken, oder uberliessen
sie nach gemachtem Gebrauch andern Buchhändkrn für
andre Werke. So zierte der frankfurter Buchhändler Christian
Egenolph nebst seinen Erben, die darin am weitesten gingen, mehr
als ein Dutzend der verschiedensten Werke ihres Verlags mit denselben
Holzschnitten, und die Formen, womit der baseler Buchhändler
Isengrin die Octavausgabe der Historia stirpium von Fuchs
ausgestattet hatte, gingen durch Kauf in die Hände auswärtiger
Buchhändler über, und wiederholten sich in niederländischen und
englischen Werken. Schon die nothwendige Erklärung solcher
fremder Bilder nöthigte die Verfasser späterer Werke vieles autzunehmen,
was sie nicht selbst beobachtet hatten. Wemge Buchhändler,
wie Plantin in Antwerpen, scheuten keinen Aufwand, um
die botanischen Werke ihres Verlags fast mit lauter neuen und
musterhaften Abbildungen auszustatten. Je höher aber die Kunst
des Holzschnitts stieg, desto seltener bediente man sich noch der
Farbe bei denselben. Konrad Gesner scheint unter den bessern
Botanikern der letzte zu sein, der sie nicht ganz verwarf. Man
findet zwar auch von jüngern Kräuterbüchern wohl einzelne Exemplare
mit colorirten Bildern, doch das sind fast ohne Ausnahme
nur Sudeleien früherer Besitzer solcher Exemplare.
Grosse Fortschritte machte zugleich mit der Kunst des Holzit
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