188 B u c h XIII. Kap. 5. 24. B u c h XIII. Kap. 5. §. 25. 189
halten, weil eine so mühsame Abschrift doch wahrscheinlich nicht
nach Erscheinung der ersten gedruckten Ausgabe unternommen
ward. Das Werk selbst muss aber jedenfalls früher in mehrern
aus einander abgeleiteten Abschriften existirt haben; denn nur
unter der Voraussetzung begreift man die vielfachen und beträchtlichen
Abweichungen meiner gedruckten Ausgabe von der Handschrift.
Wie alt es sei, lässt sich, da fast alle Citate der Quellen
darin unterdrückt sind, noch weniger errathen wie beim Aggregator
practicus de simplicibus.
Der Titel See r e s de Salerne führte mich natürlich zu einer
Vergleichung mit des P latear ius Circa instans, und diese
ergab, dass von den 463 Kapiteln des Manuscripts 254, von den
468 des Drucks 258 aus dem Circa instans übersetzt sind, und
des Werkes Grundlage ausmachen; denn nur 19 Kapitel des Circa
instans fehlen der Handschrift, dem Druck nur 15, was der Nachlässigkeit
der Abschreiber zur Last fallen mag, und die aus andern
Quellen geschöpften Kapitel, von denen einige nur in der Handschrift,
einige nur im Druck vorkommen, stehen mit wenigen Ausnahmen
am Ende jedes Buchstaben, also als Ergänzung hinter
den Kapiteln des Platearius. Möglich dass sich einige derselben,
wenn der vollständigere breslauer Text des Circa instans einmal
ans Licht tritt, auch noch als ächt salernitanische erweisen; allein
die Mehrzahl derselben athmet einen ganz andern Geist. Einige
derselben, z B. de Castanea, de Faseolis u. a. m., sind stillschweigend
von I saak entlehnt; andre, besonders die kürzeren, haben
eine auffallende Aehnlichkeit mit den entsprechenden Kapiteln des
sogenannten Apulejus Platonicus, nur sind sie kürzer, vermuthlich
aus einem unvollständigen Exemplar übersetzt, und die
Abweichungen bei den zahlreichen Synonymen übersteigen oft alle
Vorstellung. Viele Kapitel bleiben übrig, deren Original ich nicht
anzugeben weiss. Interessant sind die v o l k s t hüml i c h e n Namen,
oft eingeführt mit den Worten: „les domiciens lappellent."
Einen Fortschritt der Wissenschaft wird auch in dem
Buche nicht leicht jemand warzunehmen sich einbilden, er müsste
denn die Abbildungen als solchen betrachten. Allein dergleichen
besitzen wir bekanntlich schon in einer Handschrift des Dioscorides
aus dem fünften Jahrhundert; schon Krateuas hatte sogar zu
demselben Mittel gegriffen: umsonst, die Wissenschaft empfand
keine Folgen davon. Damit ihr die Abbildungen zu statten kämen,
mussten die Mittel sie getreu zu vervielfältigen, die Künste des
Holzschnitts, des Kupferstichs, des Steindrucks u. s. w. erst erfunden
und ausgebildet werden. Aber zur Ausbrei tung der Wissenschaft
mussten Bücher solcher Art beitragen, und dadurch zur
Erweckung von Talenten für ihren Dienst, die ihr sonst vielleicht
wären verloren gegangen.
§. 25.
O r t u s sanitatis und der Gart der Gesundheit.
Fruchtbarer als andere Länder an medicinisch-botanischen
V o l k s b ü c h e r n , selbst wenn ihm der Aggregator practicus de
simplicibus nicht angehören sollte, war Deutschland am Ausgange
des Mittelalters. Ich spreche zunächst vom Ortus (alte Schreibart
für Hortus) sanitatis, einem lateinischen Werke, und
dessen Uebersetzung ins Deut sche unter dem Titel Gart
der Gesundheit. Wegen der zahlreichen, zum Theil zu den
ältesten Denkmälern der Buchdruckerkunst gehörenden Ausgaben
des Werks verweise ich meine Leser auf die beiden reichhaltigen
Artikel in Trew's librorum botanicorum catalogus secundus, artic.
HI und IV, und auf Pritzel' s thesaurus literaturae botanicae
pag. 349. Ich besitze davon nur zwei lateinische und, abgesehen
von den spätem Ueberarbeitungen, zwei deutsche Ausgaben, und
die hiesigen öffentlichen Bibliotheken lassen mich bei diesem Werk
ganz im Stich Aber Choulant verheisst uns am Schluss seiner
schon öfters citirten Gelegenheitsschrift ein den ä l tes ten naturh
i s t o r i s c h e n und medicinischen Abbildungen besonders
gewidmetes Werk," und darin auch „umfangreiche
h i s t o r i s c h e und b ibl iographische Forschungen" über
den Ortus sanitatis, die gewiss jeder Freund der Geschichte
unsrer Wissenschaft begierig erwarten wird. W^as ich zur Vervollständigung
und Berichtigung der Kenntniss dieses vielbespro