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310 Buch XV. Kap. 1. §. 43,
gegen jeden Zweifel oder Widerspruch, der des Verfassers Meinungen
traf.
Geboren 1501 zu Membdingen in Baiern, verlor Leonhard
F u c h s schon im fünften Jahr seinen Jäter, erhielt aber von seiner
Mutter eine sorgsame seinem Talent angemessene Erziehung. Im
Jahr 1511 ward er nach Heilbronn, 1512 nach Erfurt zur Schule
geschickt, und ging schon anderthalb Jahr darauf zur dortigen
Universität über, wo er sich eifrigst dem Studium der alten Sprachen
widmete, und nach kurzer Frist, — Niceron sagt gar schon im
dreizehnten Jahr, — das Baccalauréat erwarb. In seine Vaterstadt
zurückgekehrt, errichtete er daselbst eine gelehrte Schule, welcher
er anderthalb Jahr lang vorstand, worauf er 1519 nochmals eine
Universität bezog, jetzt Ingolstadt. Anfangs fuhr er auch hier
fort, sich fast ausschliesslich mit den Classikern, die stets seine
Lieblinge blieben, zu beschäftigen, und hatte das Glück den berühmten
Reuchl i n zu hören, der 1520, doch nur ein Jahr lang,
zu Ingolstadt lehrte, und einer der grössten deutschen Humanisten
seiner Zeit war. Nachdem Fuchs daselbst 1521 Magister der freien
Künste geworden, wandte er sich ganz der Medicin zu, und erwarb
sich 1524 den Grad eines Doctors dieser Wissenschaft. Zu
Ingolstadt, einem Hauptsitz des Ultramontanismus, war es trotz
dem, wo er Luthers Schriften kennen lernte, und sich durch sie
für den Protestantismus entschied. Seine medicinische Praxis begann
er zu München, verheirathete sich daselbst, und kehrte 1526
als Professor der Medicin nach Ingolstadt zurück. Aber lange
weilte er auch hier nicht, sondern folgte 1528 einem ehrenvollen
Rufe des Markgrafen Georg von Brandenburg als dessen Leibarzt
nach Anspach, und soll sich daselbst besonders durch die glückliche
Behandlung der im Jahre 1529 zuerst über Deutschland verbreiteten
furchtbaren Epidemie des englischen Schweisses einen
ausgebreiteten Ruf erworben haben. Fünf Jahre lang blieb er in
dieser Stellung, und eröffnete seine schriftstellerische Laufbahn mit
einem Compendium der Medicin, einer Uebersetzung eines hippokratischen
Buchs und allerlei Streitschriften. Alsdann 1533 als
Professor der Medicin nach Ingolstadt zurückgerufen, begab er
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sich zum drittenmal dahin, musste jedoch auf Betrieb^der den Protestanten
in ihm verfolgenden Jesuiten noch im Herbst desselben
Jahrs die Stadt wieder verlassen und m seme frühere Stellung
nach Anspach zurückkehren, wo ihn der Markgraf gern wieder
aufnahm. Noch in demselben Jahre brach zu Anspach die I est
oder was man damals so nannte, aus; des regierenden Markgrafen
Vater zog sich mit seiner Familie nach Kulmbach zuruck und
Fuchs schloss sich, es wird nicht gesagt ob freiwillig oder genothigt,
den Flüchtlingen an, mit denen er 1534 nach Anspach zurückkehrte
Wie er sich einer spätem Epidemie durch Auswanderung
zu entziehen suchte, anstatt ihr als Arzt entgegen ^^
den wir bald aus seinem eignen Munde vernehmen. Doch schon
1535 verliess er seinen Markgrafen für immer, indem er einem
Rufe des Herzogs Albrecht von Würtemberg als Professor an
I s s e n I g e Universität Tübingen folgte. Hier blieb er zwar bis
an sein Ende im Jahr 1566, und lehnte einen bald darauf erfo^^-
ten Ruf des Herzogs Cosimo I. von Toscana an die Universität
Pisa ab, ebenso im Jahr 1538 die Bemühungen des Herzogs
Albrecht von Preussen, ihn als Leibarzt für seinen Schwager den
König Christian III. von Dänemark zu gewinnen von denen uns
erst Voigt 0 in Kenntniss gesetzt hat. Allein zufrieden fühlte er
sich, ungeachtet der Gunst seines Fürsten und ^es ausserord^^^^^^^
liehen Beifalls, den seine Vorlesungen fanden auch m Tubingen
nicht, sondern bestrebte sich noch in demselben Jahr 1538 auis
lebhafteste, wiewohl vergeblich, durch Vermittelung semes hohen
Gönners Herzog Albrecht von Preussen als Leibarzt m bmndenburgsche
Dienste wieder aufgenommen zu werden. So trieb ihn
eine unaufhörliche Unruhe von der Praxis zum Lehrstuhl, den er
vollkommen ausfüllte, vom Lehrstuhl zurück zur Praxis wonn er
minder glücklich als mancher minder gelehrte Arzt soll gewesen
sein Sein Ruf als Gelehrter war aber so hoch gestiegen d.iss ihn
Kaiser Karl V. aus eignem Antriebe in den Adelstand erhob. Von
seinen häuslichen Verhältnissen wissen wir wenig. Im Jahr Joöo
1) In der zu Anfang des Paragraphen genannten Schrift.
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