148 B u c h XIII. Kap. 3. §. 19. B u c h XIIL Kap. 3. §. 19. 149
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Gestorben ist er auf der Grenze der beiden Jahre 1320 und
1321. Denn sein noch bei voller Gesundheit des Geistes nnd
Leibes gemachtes Testament, welches sich erhalten hat, datirt vom
Juni 1320; und ein andres Document, worin seine Söhne bereits
als seine Erben bezeichnet werden, vom Februar 1321.
19.
P e t r u s de Crescentiis.
S e i n Wer k und dessen botanischer Gehalt.
Ein Werk, das so lange nach seiner Entstehung noch so viel
neue Auflagen nöthig machte, muss ein bedeutendes sein. Seit
der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts erschien zwar nur noch
die italiänische Uebersetzung in neuen Auflagen, und diese bietet
zugleich ein sprachliches Interesse dar. Doch das allein erklärt
die Erscheinung nicht, sie setzt einen reichen Gehalt voraus, und
ein tieferes Eingehen rechtfertigt unsre Voraussetzung.
Schon die Wahl des Gegenstandes war eine glückliche. Seit
Palladius hatte in lateinischer Sprache niemand über Landwirth-
Schaft geschrieben, aus der griechischen Sammlung der^xeoponika
besass man nur die Uebersetzung eines Bruchstücks von der
Weinlese von einem gewissen Burgundius , auf den ich zurückkommen
werde; die altern und bessern Werke Varro's und Columella's
passten nicht mehr zu den Verhältnissen der Zeit, und
Wenige kannten sie. Ein neues Werk der Art war Bedürfniss,
und Pietro de Crescenzi befriedigte dasselbe so, dass er wieder
Jahrhunderte lang ohne Nebenbuhler blieb. lir compilirte, wie
alle Schriftsteller seiner Zeit, aber er wählte seine Quellen, wie
ein Verzeichniss der von ihm in den acht ersten Büchern seines
Werks citirten Schriftsteller weiterhin zeigen wird. Das sinnlose
Zurückgehen eines Vincentius Bellovacensis und Anderer auf die
Bibel und die Kirchenväter bei Gegenständen, worüber die Verfasser
jener Schriften Belehrung zu ertheilen niemals beabsichtigten,
vermeidet Pietro, und sucht Belehrung über den Landbau nur bei
Landwirthen, über Botanik bei Botanikern, über Medicinisches bei
Medicinern u. s. w. Ausserdem aber hat er sich selbst umgethan
in der Natur wie im Leben, verräth eine hohe Gabe der Beobachtung,
und stellt überall neben das Ueberlieferte seine eigene
Erfahrung, bald bestätigend, bald erweiternd oder beschränkend,
nicht selten auch mit Bescheidenheit widersprechend. Dass er die
Logik als Jüngling nicht vergebens studirt, dass er sie als Jurist
anwenden gelernt hat, zeigt die streng systematische Anordnung
des Gatzen und all seiner Theile: überall geht Petrus vom Allgemeinen
auf das Besondere über, und versteht sich sehr gut aufs
Eintheilen und Anordnen der Glieder, so dass jede Materie, die
man sucht, leicht zu finden, leicht zu übersehen ist. Seine Sprache
ist ungekünstelt, nichts weniger als rein, sondern voller Ausdrücke
und Wendungen, die sich im Mittelalter und besonders in Italien
gebildet hatten, wodurch für uns zuweilen Dunkelheiten entstehen;
gleichwohl möchte ich ihr eine gewisse Eleganz zuschreiben, die
weniger in den Worten, als im ganzen Fluss der Rede liegt. Und
bemerkenswerth ist die Kunst, mit der er seiner eigenen Kede die
Worte Anderer oft fast unmerklich einzuflechten versteht. Weit
entfernt von der mussivischen AVeise Anderer seiner Zeit, A. sagt,
B. sagt, C. sagt, ich sage u. s. w., wird bei ihm der Zusammenhang
durch die fremden Zuthaten selten gestört. Schriftsteller,
die er häufig citirt, wie Palladius, Isaak Judäus, Platearius, Albert
den Grossen, lässt er oft lange das Wort führen, ohne sie zu
nennen, gewiss nicht um sich ihres Eigenthums anzumassen, —
denn noch öfter citirt er sie wirklich, — sondern nach einem richtigen
Gefühl des Missbehagens, welches zu häufige Citate bei dem
Leser zu erwecken pflegen.
Für Botani k verräth er eine unverkennbare Vorliebe und
treibt damit gewissermassen Luxus, indem er davon weit mehr,
als sein Plan verlangte, in sein Werk aufnimmt, und zwar in gleichem
Maass philosophische Betrachtungen der Pflanzennatur überhaupt,
wie sie A l b e r t der G r o s s e aus griechischem auf deutschen Boden
verpflanzt hatte, wie auch specielle Pflanzenkunde, wie sie um
jene Zeit, mit der Heilmittellehre verbunden, vornehmlich durch
P l a t e a r i u s (circa instans) vertreten war. Doch wenn er bei der
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