372 B u c h XV. Kap. 2. 50. Buch XV. Kap. 2. §. 50. 373 f
Exemplare des Werks in Syrien Persien und Aegypten bis nach
Memphis hinauf verbreitet, Araber und Afrikaner (Poeni) hätten
sich an den Bildern darin erfreut, und in Thessalonich hätte sogar
jemand eine h e b r ä i s c h e Uebersetzung gesehen. Es bedarf jedoch
nicht solcher Ausschmückungen, um des Werkes Werth darzuthun,
und seine Fehler zu verdecken genügen sie nicht. Aber schwer ist
es, gerecht über Mattioli zu urtheilen; denn wenige Schriftsteller
verbinden mit solchen Vorzügen solche Schwächen wie er, daher
er bald überschwänghches Lob, bald vernichtenden Tadel erfuhr;
und noch bis heute glichen sich die Meinungen über ihn nicht
gegen einander aus.
Der Titel, welchen er seinem Werke gab, bezeichnet nur
einen Theil des Inhalts; ausser einer Erläuterung des Dioskorides
in botanischer wie in medicinischer Beziehung, ist es zugleich,
angeknüpft an den Text des Dioskorides, eine Naturgeschicht e
a l l e r Pf lanzen, welche Mattioli kannte, und nur leidenschaftliche
Verblendung, wie sich am härtesten in Tourneforts i) Urtheil über
ihn ausspricht, kann den wirklich grossen Pflanzenkenner in ihm
verkennen. Es ist wahr, dass seine Beschreibungen an Genauigkeit
und Lebendigkeit hinter denen des Clusius und Anderer zurückstehen,
so wie dass er die meisten Pflanzen, die er zuerst beschrieb,
nicht selbst entdeckt hatte, sondern den Mittheilungen Anderer
verdankte. Doch fehlt es dem Werke keineswegs an eigenen
Entdeckungen des Verfassers, zumal aus Tyrol, und manche derselben,
von ältern Botanikern verkannt, und deshalb für naturwidrig
dargestellt gehalten, wurden erst von Scopoli Wulfen und neuerlich
von Moretti bestätigt. Unter den Mittheilungen, die er empfing,
sind die zahlreichsten die des L u c a Ghini, der selbst ein ähnliches
Werk zu schreiben beabsichtigt hatte, ihm aber das ganze
dazu gesammelte Material abtrat; die interessantesten sind die
des mit dem kaiserlichen Gesandten Busbecq in Konstantinopel
verweilenden Arztes Wilhelm Quakelbeen, vornehmlich aus
)) Tournefort institutiones rei herbariae 1, pag. 32,
Kleinasien. Die Bekanntmachung dieser Pflanzen ist jedenfalls ein
unbestreitbares Verdienst Mattioli's.
Auch um den Dioskorides machte er sich auf mehrfache Weise
verdient. Da er anfangs hauptsächlich für Pharmaceuten schrieb,
die meistens nicht einmal lateinisch, viel weniger griechisch
verstanden, so begnügte er sich statt des Textes mit einer Uebersetzung
des Dioskorides, und zwar mit der des ßue l l ius , die er
in den frühern Ausgaben ins Italiänische übertragen, in den spätem
lateinisch mit wenigen Veränderungen abdrucken Hess. Als er
aber durch Busbecq' s Vermittelung den berühmten wiener Codex
des Dioskorides erhielt, benutzte er ihn vielfach zur Berichtigung
des Textes und seiner Uebersetzung. Dazu rühmt Sprengel M in
der Geschichte der Botanik nicht ohne Grund die seltene Spürkraft,
mit welcher er die Pflanzen der Alten errieth. Das er dabei gleich
Andern oft etwas zu keck war, und sich manches Missgrifi^s schuldig
machte, wärd ihm jeder Billige gern verzeihen.
In manche Irrthümer verfiel er bei den spätem Ausgaben seines
Werks durch die Sorglosigkeit, mit der er die Pflanzen, welche
er beschrieben und abgebildet hatte, wegwarf. Er gesteht das
ganz unbefangen in zwei Briefen an Aldrovandi, welche Moretti2)
mittheilt. Im Jahr 1553 schreibt er: „Jo non ho fatto mai uso
di serbar semplici, contentandomi sempre del Giardino della Natura
et di quello, che ho fatto intagliare hora nel libro;" und im folgenden
Jahre noch ausführlicher: „Ne bisogna che perciò aspettiate
da me veruna di queste piante, perchè io non ho mai atteso a
conservare piante, anzi come le ho fatte dissegnare, le ho lasciate
andare tutte di male, perchè non ne faceva stima, avendone conseguito
quello, che io ne voleva, nè mai mi sarei all' hora immaginato,
che mi fossero state richieste da alcuno; e pur hora me
accorgo, che quelli, che mi succedono, fanno quello, che io mai
ho fatto, considerando più avanti." Doch das entschuldigt sein
Zeitalter, und wie wenige seiner Zeitgenossen konnten sich eines
1) Sprengel, Geschichte der Botanih I, S, 294,
2) Moretti memoria 1, pag. 21,&VlS Fantuzzi vita Aldrovandi, pag, 153
und 168.,
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