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B u c h XIV. Kap. 3. §. 39.
erschienen in Frankreich, wo die Kunst des Holzschnitts damals
auf noch viel tieferer Stufe stand. Nur zwei Ausnahmen machen
das schon genannte zu V i c e n z a erschienene Herbolarium von
1491 und des Hieronymus Brunschwygk Liber de arte
d i s t i l l a n d i , de s impl icibus von 1500.
Das Herbolarium ist zwar ein wörtlicher Abdruck des
Aggregator practicus mit Ausschluss der deutschen Namen der
Pflanzen, aber seine Holzschnitte sind sauberer und
nähern sich zum Thei l schon mehr der Natur. Schraffirung
fehlt noch, und alle Blätter liegen flach; ausser den Umrissen
sind nur die stärkern Blattnerven angegeben, Zähne Serraturen und
Crenaturen der Blattränder oft richtig und deutlich unterschieden;
die Blumen zwar meist nur angedeutet, doch mitunter sogar bis
auf die Normalzahl der Theile richtig ausgezeichnet. Unter den
mir bekannten Holzschnitten älterer Werke stehen sie nur denen
des lübecker Ortus sanitatis nach, und auch diesen nur in der
Zeichnung überhaupt, nicht im Detail mancher Blumen. Moretti,
der sich in dem doppelten Wahne gefällt, nicht nur das Werk
überhaupt als von Dondi verfasst, sondern auch die Bilder dieser
Ausgabe als nach Dondi' s Handzeichnungen copirt, und
die der weit ältern mainzer Ausgabe als des Druckers eignes Machwerk
zu betrachten, — Moretti, sage ich, giebt uns ein vergleichendes
Verzeichniss von 30 Abbildungen derselben Pflanzen nach
beiden Ausgaben, nebst seinem Urtheil über den Werth einer jeden
in zwei Columnen, von denen er im Sinn seiner Hypothese die
eine Herbarius, die andre Dondi überschreibt. In der ersten
Columne nennt er mit Kecht fast alle Pflanzenbilder erfunden, in
der zweiten etwas zu günstig einige gradezu gut, andre ziemlich
gut oder ziemlich kenntlich, andre mittelmässig, ein paar zwar
schlecht, doch wenigstens nach der Natur entworfen. Alle Bilder
beider Ausgaben ohne Unterschied ausser jenen dreissig verurtheilt
er wieder etwas zu hart zu blossen Erfindungen. Das wäre eine
traurige Ehre für Dondi, ihr Erfinder zu sein, und ich begreife
nicht, wie mein verewigter Freund aus Nationalgefühl seiner Nation
einen solchen Makel aufbürden konnte. Mir scheint es der Nation
Buch XIV. Kap. 3. §. 39. 287
zu weit höherer Ehre zu gereichen, wenn wir einfach annehmen,
der vicentiner Herausgeber des Herbolarium habe mit eines Künstlers
Hülfe die schlechten Zeichnungen seines Vorbildes durch bessere
der Natur näher kommende zu ersetzen gewusst.
Etwas anders verhält es sich mit dem Werke des Hieronymus
Brunschwygk von 1500, dessen zweites Buch nur von
Pflanzen handelt. „Die Figuren, sagt Treviranus, nachdem er
von Petrus de Crescenciis gesprochen, sind gleichfalls ^ sämmthch
aus dem Hortus sanitatis entnommen, und daher wie diese werthlos."
Das gilt unstreitig von der Mehrzahl, doch nicht von allen.
V i e l e sind beträchtl ich verbessert, viele durch andere ersetzt,
und dadurch der Natur näher gebracht, z. B. Borago,
Viola, Plantago major, Convallaria majalis, Solanum nigrum, Lihum
candidum u. m. a. Einige sind neu hinzugekommen, darunter
auch Aquileja, deren verwickelter Blumenbau besonders klar
hervortritt. Ich sage das im Vergleich mit dem Gart der Gesundheit
von 1493. Aber der Drucker hat sich kein Gewissen daraus
gemacht, dieselben Figuren zu den verschiedenartigsten Kapiteln
tn stellen. Brunschwygk klagt am Ende seines Werks foL 210 B.
selbst darüber, tröstet sich aber damit, dass man die Pflanzen durch
die Beschreibung und eigene Anschauung kennen lernen müsse,
„und nit durch die figuren, wann die figuren nit anders synd denn
ein ougenweid, und ein anzeigung geben ist, die weder schriben
noch lesen kündent." Es ist bemerkenswerth, dass sich diese
Ansicht, die gewiss lange geherrscht, erst so spät offen ausspricht.
Man muss aber auch erwägen, dass die meisten mit Holzschnitten
versehenen Kräuterbücher nicht als neue Werke ans Licht traten,
sondern nur als neue Ausgaben älterer Werke, um die sich kein
Verfasser kümmerte, die nur ein speculativer Buchhändler so wohlfeil
wie möglich herzustellen, so anlockend wie möglich auszustatten
suchte. Der Entwickelungsgang der Kunst des Holzschnitts
lässt sich daher nach der Keihenfolge solcher Werke gar nicht
beurtheilen. Die Kunst ging ihren eignen Gang, an der Hand
eines A l b r e cht Dürer , Lukas Kr-anach und anderer Meister,
und erst als die Botaniker ihren Werth auch für die Wissenschaft
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