246 B u c h XIV. K a p . 2. §. 35. B u c h XIV. K a p . 2. §. 35. 247
i
I
rirs i
Schema, nach welchem die Pflanzen in den sogenannten Herbarien
oder Kräuterbüchern abgehandelt werden sollten. Vorangehen soll
bei jeder Pflanze, was die Griechen Römer Araber und neuere
Schriftsteller, besonders Simon Januensis und Matthäus Sylvaticus,
von ihr gesagt haben. Darauf soll die Wirkung so wie der Grad
der Wirkung der Pflanze nach Galenos oder, wenn dieser schweigt,
nach einem der Neuern angegeben, und endlich die Krankheiten
durchgegangen werden, gegen welche sie von den Griechen Römern
Arabern und Neuern, die hier nochmals verzeichnet sind, empfohlen
ward. Man sieht, es ist ziemlich dasselbe Schema, dessen sich
lange zuvor Matthäus Sylvaticus und mehrere Araber wirklich bedienten.
Von der Unerlässlichkeit eigner Beobachtungen und gehöriger
Beschreibungen steht nichts darin. Der Historiker und
Philologe hat sich in Neuenar noch nicht zum Naturforscher durchgearbeitet.
Bedeutender an Talent und Leistungen war ein andrer Deutscher
der italiänischen Schule, der Arzt und Botaniker E u r i c i u s C o r -
d u s , wiewohl sich sein botanischer Nachlass auf ein kleines schmächtiges
Bändchen beschränkt. Im Jahr 1486 zu Siemershausen im
Hessischen geboren, war er eines Bauern Sohn, der jüngste unter
dreizehn Geschwistern, und ward früh verwaist. Dennoch besuchte
er die Schule zu Frankenberg im Hessischen, und schloss dort ein
Freundschaftsbündniss fürs ganze Leben mit seinem zwei Jahr Jüngern
Mitschüler und Landsmann E o b a n u s Hes sus , bekannt als
Philologe und mehr noch als einer der elegantesten lateinischen
Dichter seiner Zeit. ' Haller i) zählt auch diesen wegen seiner
Epigramme de t u e n d a b o n a v a l e t u d i n e zu den Botanikern;
doch ihm darin zu folgen wage ich nicht. Schon früh verheirathete
sich unser Euricius, und schon im Februar 1515, also im 27sten
Jahre seines Lebens , ward ihm zu Siemershausen ein Sohn V a -
l e r i u s C o r d u s geboren, den wir später als einen der grössten
Botaniker seiner Zeit werden kennen lernen. War nun der Vater
durch seine Verheirathung wohlhabend geworden, oder fand der
1 ) H a l l e r ^ b i b l i o i h e c a b o t a m c a 7 , p a g , 2 6 0 ^
talentvolle, auch musenbegünstigte junge Mann einen freigebigen
Gönner, genug er widmete sich dem Studium der klassischen Philologie,
und erwarb sich 1516 zu Erfurt den Grad eines Magisters.
Im folgenden Jahr finden wir ihn zu Le ipz i g , studirend und den
Studenten seine eigenen Bucolica interpretirend. Auch entwickelte
sich dasselbst sein daurendes Verhältniss zu dem als Philologen
berühmten ältern J o a c h i m C a m e r a r i u s (das heisst dem ältern
dieses .Namens, der 1500 geboren, also weit jünger als Euricius,
damals auch zu Leipzig studirte). Von Leipzig ging er bald nach
Erfurt zurück, wo er wieder mit seinen Freunden Camerarius und
Eobanus Hessus zusammentraf, und eröffnete daselbst eine eigne
gelehrte Schule. Aus dieser Zeit erhielt sich noch ein Brief des
19 Jahr ältern und längst hoch berühmten D e s i d e r i u s E r a s m u s
an ihn, worin ihm derselbe die Wichtigkeit des Schulamts und die
beste Art junge Gemüther zu erwecken mit achtungsvollen Worten
ans Herz legt. Plötzlich aber im Jahr 1521 giebt Euricius Schule
und früheres Studium auf, und wendet sich ganz zur Me d i c i n ,
vielleicht bewogen, wie aus einigen seiner Aeusserungen hervorzugehen
scheint, durch die in der gelehrten wie in der bürgerlichen
Welt in Folge der Reformation hervorgerufenen Zerwürfnisse. Ob
er selbst schon damals, oder erst später zum Protestantismus übergetreten,
weiss ich nicht. Die berühmteste Hochschule der Medicin
zu jener Zeit war Ferrara: dahin begiebt er sich, nennt Manardus
und den greisen Leonicenus seine Lehrer, kehrt als Doctor der
Medicin nach Erfurt zurück, und folgt im Jahr 1527 einem Rufe
des Landgrafen Philipp des Grossmüthigen als Professor der Medicin
an die neu errichtete protestantische Universität zu Marburg. Hier
übersetzte er die Alexipharmaka und Theriaka des N i k a n d r o s
etwas frei in lateinische Verse, und schrieb sein deutsches Büchlein
ü b e r den T h e r i a k , beide 1532 bei Egenolph in Frankfurt
gedruckt, wie auch einiges zur praktischen Medicin; hier machte
er vermuthlich auch seine eigenen lateinischen Gedichte bekannt,
die ohne Ort und Jahrszahl erschienen; hier beschloss er endlich
im 48sten Lebensjahr, wie er uns selbst sagt seine schriftstellerische
1 ) E u r i c . C o r d i b o i a n o l o g i c o n p a g ^ 1 0 ,
1
' A ¿SS!