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324 Buch XV. Kap. 1. §. 45. B u c h XV. Kap. 1. §. 45. 325
Wissenschaften, wie er sich selbst ausdrückt, diente er einige Monate
dem berühmten reformirten Theologen C api t o zu Strassburg,
vervollkommnete sich durch ihn besonders im Hebräischen, und
hatte dabei noch Zeit genug, selbst griechischen Unterricht zu
ertheilen. Als er darauf von seiner Vaterstadt ein kleines Stipendium
erhielt, ging er nach Frankreich, um Medicin zu studiren.
Anfangs verweilte er zu dem Zwek zu Bourges, und weil seine
Geldmittel nicht ausreichten, suchte er sich abermals durch Unterricht
etwas zu erwerben. Endlich 1534 ging er nach Paris. Anstatt
sich aber auf die Medicin zu beschränken, überliess er sich
hier zwischen reichen Bibliotheken, umgeben von Gelehrten aller
Fächer, ganz seiner Neigung zu einer universalen Bildung des
Geistes, und schwelgte in der Leetüre der mannichfaltigsten Schriftsteller,
Griechen, Eömer, Dichter, Redner, Historiker, Mediciner,
Grammatiker, Dialektiker. In spätem Jahren bereute er dies Verfahren
und beklagte, dass ihm der Rath eines ältern Mannes gefehlt
habe; allein das Ringen nach Allseitigkeit lag so tief in seiner
Natur begründet, dass er es niemals unterdrücken konnte. Es
entzog der Welt einiges, was sie von ihm zu erwarten berechtigt
war, befähigte ihn dagegen zu einer der wichtigsten Arbeiten ganz
eigner Art für die Wissenschaft überhaupt, und ertheilte selbst
seinen speciellsten naturwissenschaftlichen, besonders auch botanischen
Leistungen ein eigenthümliches Gepräge. Schon im folgenden
Jahr nach Zürich zurückberufen, ward ihm ein kleines
Schulamt übertragen, was ihm weder hinreichende geistige noch
leibliche Nahrung darbot; und demungeachtet verheirathete er sich
noch vor vollendetem zwanzigsten Lebensjahre. Ungeachtet einer
so bedrängten Lage, die Andre gelähmt haben würde, benutzte er
jeden freien Augenblick zum Studium seiner Lieblingsfächer der
Medicin und Botanik, erhielt dann 1537 zum zweiten mal das früher
schon genossene kleine Stipendium, und begab sich damit nach
Basel, wo er die Medicin endlich methodisch zu studiren begann,
nebenher aber zu nothwendiger Verstärkung seiner Kasse ein lateinisches
Wörterbuch bearbeitete. Und doch reichten seine Mittel
nicht aus, weshalb er schon nach Verlauf eines Jahrs das angefangene
Studium wieder unterbrach, und eine mit anstandigem
Gehalt verbundene Stelle als Lehrer der alten Sprachen zu Lausanne
annahm, welcher er drei Jahr lang vorstand. Aber schon hatte
seine Vaterstadt seinen Werth erkannt, zum dritten mal ertheilte
sie ihm ein Reisestipendium zur Fortsetzung seiner medicmischen
Studien, womit er sich erst nach Montpellier, dann nach Basel
begab, und 1541 als Doctor der Medicin nach Zürich zurückkehrte.
Jetzt ward er zum Stadtarzt ernannt, und erhielt zugleich die
Professur der Philosophie, die er fortdauernd bekleidete, bis er
1558 endlich die sichere und reichlicher besoldete Professur der
Naturgeschichte erhielt i). Auf die ausserordentliche schriftstellerische
Thätigkeit, die er in dieser Stellung entwickelte, werde ich
sogleich kommen, unterbrochen ward sie nur von zahlreichen Alpenreisen
zur Erforschung der vaterländischen Naturgeschichte, durch
eine längere Reise durch einen Theil Italiens und Deutschlands
im Jahr 1545, bei welcher er vorzüglich in Venedig und Augsburg
verweilte, und die dortigen an Handschriften reichen Bibhotheken
benutzte; 1559 durch eine Reise nach Wien, wohin ihn Kaiser
Ferdinand, begierig den berühmten Mann kennen zu lernen, beschieden
hatte; und leider auch durch wiederholte Badereisen zur
Kräftigung seiner von Jugend auf schwankenden Gesundheit. Doch
war sein zarter Körper, vom Geist gekräftigt, starker Anstrengungen
fähig Noch zwei Jahr vor seinem Tode schwamm er, um
eine Wasserpflanze zu sammeln, wie er selbst in einem semer
Briefe e r z ä h l t A u c h seine Thätigkeit und Pflichttreue als
praktischer Arzt neben seinen vielfachen gelehrten Beschäftigungen
1) Bis vor k u i ü ^ b jetzt noch, weiss ich nicht) bestanden auf den
schweizerischen Universitäten Nominalprofessuren, durch welche man auirückte,
so dass, wenn der Theologe starb oder abging, der Jurist Theologe,
der Mediciner Jurist, der Philosoph Mediciner ward, natürlich nur dem Namen
nach ohne Einlluss auf die vorzutragenden Lehrgegenstände, so dass sich
jene Professuren ausser dem Namen nur durch Rang und Einkommen unterschieden.
Ein junger Schweizer, mit welchem ich zu Göttingen studirte,
war sogar schon als Gymnasiast nomineller Professor der Philosophie in seiner
Vaterstadt, das heisst er bezog den Gehalt desselben als Stipendium.
2) Gesneri epistolae medicinales Jol. 21 b.
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