mm
! t
:• ;I if
n
i'
^ i i
inMi t
IV
Ist das Werk fertig, so werden nahezu je zwei Bände desselben
die alte, die mittlere, die neuere Geschichte enthalten. Sehr passend,
wie mir scheint, will daher der Herr Verleger das ganze Werk
durch Nachlieferung zweiter Titel in drei Theile gliedern, in eine
G e s c h i c h t e der Botanik des Alterthums, des Mittela
l t e r s und der neuern Zeit. Vermuthlich wird er dadurch
dem Wunsche Vieler entgegenkommen.
Hochgeehrt fühle ich mich durch die wohlwollende Aufnahme
auch des dritten Bandes, der offenbar am meisten hinter meiner
Absicht zurückblieb. Im Allgemeinen tadelt man daran, wie auch
an den früheren Bänden, nur Eins, zahlreiche Längen und Breiten.
Ich fürchtete das. Mich dagegen zu verwahren, nannte ich meine
Arbeit Studien. Dem Leser ist dadurch freilich nicht geholfen;
Studien, kann man sagen, mache jeder für sich; was in die Welt
tritt, soll ein Fertiges sein. Das gilt von Kunstwerken unbedingt.
In der Wissenschaft, wo Punkt für Punkt wiederholter Prüfungen
gewärtig sein muss, genügen Resultate allein nicht; man will wissen,
wie sie erlangt wurden. Die Frage konnte also nur sein: sollte
ich die kritische Begründung der auszusprechenden Thatsachen in
den Text verweben? oder sollte ich sie, um die Darstellung nicht
zu trüben, in Anmerkungen verweisen? Letzteres ist jetzt zumal
in Frankreich, wo man am meisten auch bei rein wissenschaftlichen
Werken auf Eleganz der Form hält, vorwaltende Sitte. Ich verkenne
ihre Vorzüge nicht, aber ich finde auch an ihr eine Schattenseite.
Flüchtigen Lesern, denen die Form mehr gilt als der Gehalt,
sagt sie zu; solchen, die tiefer eindringen und selbst prüfen
wollen, ist das fortwährende iiin- und Herblättern lästiger als ein
etwas verwickelter Gang der Untersuchung. Jene Methode zerstreut,
diese ermüdet zwar auf die Dauer, hält jedoch die Aufmerksamkeit
stets gespannt.
Die wenigen speciellen Erinnerungen meiner Recensenten gegen
den dritten Band erkenne ich dankbar an, und werde sie, sobald
sich Gelegenheit dazn darbietet, gewissenhaft benutzen. Einige
scheinen auf Missverständnissen zu beruhen, welche zu erörtern
hier zu weit führen würde. Nur einen entschiedenen Fehler, den
mir mein verehrter Freund, Herr Dr. J e s s e n zu Eldena brieflich
nachwies, darf ich nicht unberichtigt lassen. Alles, was Rhaba -
nus Maurus über Pflanzen sagt, ausgenommen die daran geknüpften
mystisch-moralischen Betrachtungen, ist von Isidorus
Hispalensis wörtlich abgeschrieben.
Endlich freue ich mich sagen zu können, dass die von mir
Seite 519 besprochene neue Ausgabe der Physik der Hildegardis
im Lauf des Sommers erschienen ist. Sie führt jetzt den
Titel:
S. H i l d e g a r ^ i s abbatissae subtilitatum diversarum naturarum
creaturarum libri novem. Ex antiquo bibliothecae Imperialis
Parisiensis codice ms. nunc primum exscripti. Accurante Dr.
C. Darember g biblioth, Mazar. praefecto etc. Accedunt
prolegomena et annotationes Dris F. A. Reuss professoris
Wirceburgensis.
Sie ist aber nicht selbstständig erschienen, sondern in der immensen
Sammlung:
Patrologiae cursus completus etc. Accurante J. P. Migne.
Excudebatur et venit apud J. P . Migne editorem. Vol. CXCVH.
Lutet. Paris. 1857.—in Lexikonformat, Pag. 1117—1352.
Zum Glück wird jeder Band der Sammlung einzeln verkauft, und
der Preis ist mässig. Ueber das Werk selbst und seine botanische
Abtheilung wäre viel zu sagen, worauf ich mich jetzt nicht einlassen
darf. Nur das bemerke ich, dass der hier abgedruckte
pariser Codex von demjenigen, welcher den beiden ältern Ausgaben
zum Grunde liegt, sehr abweicht, und vieles enthält, was
den ältern Ausgaben fehlt.
K ö n i g s b e r g , den 29. October 1857.
Ernst Meyer.
• 1