82 B u c h XIL Kap. 1. §. 1. B u c h XII. Kap. 1. §. 7. 83
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Auch er hatte sich, wie er ofFen gesteht, mit der Magie beschäftigt,
doch nur um sie zu kennen, nicht um sie zu üben oder gar zu
verbreiten. Er verwirft sie vielmehr als gottlos an sich, und als
unwirksam gegen Avahre Frömmigkeit. In den Angaben über
magische Wirkungen einiger Pflanzen begegnen sich der ächte und
der falsche Albert, doch mit dem Unterschied, dass jener zurückweist,
was dieser als probat empfiehlt. Ebenso in den Angaben
über den Ursprung einiger Pflanzennamen. Nach dem falschen
Albert soll Quinquefolium der griechische Name einer Pflanze sein,
welche lateinisch Serpentaria heisse, und Jusquiamus der lateinische
Name einer Pflanze, welche im Griechischen Ventosius heisse. Der
ächte Albert sagt im Gegentheil ganz richtig, Jusquiamus (Hyoscyamos)
sei ein griechischer Name, und die Pflanze, welche lateinisch
Quinquefolium genannt werde, heisse im Griechischen Pentafilon
(Pentaphyllon). Der ächte Albert war ein Schwabe, der
falsche scheint ein Franzose zu sein. Denn bei der zweiten der
sechzehn Pflanzen, von denen er handelt, setzt er zu den angeblich
lateinischen griechischen und chaldäischen Namen, die er einer
jeden beilegt, noch hinzu, wie sie von den Franzosen genannt
werde; ebenso bei der achten, und beidemal hat er recht. Dngegen
sagt er von der zehnten Pflanze: „alia herba, quae dicitur
Martegon, id est Sylphium, quemadmodum seribitur in
Iin gu a T h e0 thi s ca. Das kann natürlich kein Deutscher gesagt
haben. Weiterhin bei den Wunderkräften des Topases steht sogar:
et hoc fecit unus de fratribus nostris Parisius (zu Paris).
Das einzige, was sich von der andern Seite sagen lässt, sind
die Worte des Prologs: Egomet Albertus; denn der dem
Werke vorangestellte Name Albertus Magnus kann hier so wenig
entscheiden wie bei der vorigen Schrift. Wer Alberts ächte Schriften
kennt, wird vielmehr umgekehrt in jenem Egomet Albertus ein
Zeichen der Unächtheit finden. Denn niemals nennt sich Albert
der Grosse in seinen Schriften selbst, wie sollte er sich grade in
dieser nennen, die einen Gegenstand behandelt, den er so streng
tadelt? zu einer Zeit, da Magie vor dem weltlichen Kichter für
Criminalverbrechen, vor der Kirche für Ketzerei galt? Es ist unbegreiflich,
wie der Gedanke, Albert der Grosse wäre der Verfasser,
jemals hat Platz greifen, wie er sich gar bis auf unsre Zeit
hat fortpflanzen können.
Unbemerkt lassen will ich auch nicht, das Petrus de Prussia
die beiden Schriften Liber aggregationis und de Mirabilibus mundi,
wiewohl sie älter sein müssen als er, noch gar nicht kennt; dass
Handschriften derselben selten sind, dass Echard in Paris nicht
eine einzige fand, ich in den meisten der mir zu Gebote stehenden
Manuscripten-Cataloge eben so wenig, dass aber in England zwei
Handschriften ungewissen Alters vorhanden sind, deren eine auf
dem Titel nur den Namen Albert, nicht Magnus, die andre gar
den Namen F rater Alber tus de S a x o n i a führt (nach Echard).
Dieser, bekannt durch seine Commentare über einige aristotelische
Werke, lebte nach P^chard und Quetif (I, pag. 735) zu Anfang
des vierzehnten Jahrhunderts als Magister der Philosophie zu Paris.
Doch ihn auf Auctorität einer einzigen Plandschrift für den wahren
Verfasser zu erklären, zumal da der Verfasser vermuthlich kein
Deutscher war, finde ich bedenklich. Viel wahrscheinhcher ist mir
hier ein absichtlicher Missbrauch des Namens Alberts des Grossen
durch einen namenlosen Betrüger; und jedenfalls verdankt das
Buch diesem Namen einen grossen Theil seiner ausserordentlichen
Verbreitung, Citirt finde ich es zuerst im anonymen sogenannten
lateinischen Herbarius oder Aggregator practicus de simplicibus,
auf den ich im nächsten Buche zurückkommen werde. Aber auch
dessen Zeit kennen wir nicht.
Von den Mi rabi l ibus mundi noch viel zusagen, schcint
mir überflüssig, üeberall der unzertrennliche Begleiter des Liber
aggregationis, ganz gleichen Kahbers, nur wo möglich noch frecher,
zu einem Product unsres Alberts nur durch die Ueberschrift gestempelt,
theilt es nothwendig das Schicksal seines Milchbruders.
Gleichwohl sind es die besprochenen drei unächten Schriften,
nach denen ganz allein sowohl Haller i) wie auch Sprengel2)
1) Hall er hihliotheca botanica 1, pag, 2 2 2,
2) Spre?igel, GeschicJiie der Botanik I, Seite 2 3 4 f.
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