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378 Buch XV. Kap. 2. §.51.
sich zum Dictator in der Wissenschaft aufwarf, schwer verzeihen.
Auch mit dem friedfertigen G e s n e r war er über das Aconitum
Pardalianches uneins geworden, und in einem wunderlichen Gemisch
von Lobeserhebungen und groben Beleidigungen machte er
ihm das Vergehen eine eigne Meinung haben zu wollen zum Vorwurfi).
Ebenso verfuhr er mit Maranta, mit Guilandinus
und Andern. Das sind Flecken, wovon ihn zu reinigen Moretti
sich vergebens bemüht und je strafloser ihm zu seiner Zeit seine
bürgerliche Stellung und ein nicht unbegründeter Ruhm Andre zu
misshandeln, ja zu unterdrücken gestattete, desto mehr ist der
Historiker das Recht gegen ihn wieder herzustellen verpflichtet.
Auch dem Literarhistoriker liegt dieselbe Pflicht ob; kann er
nicht nachweisen, wie des Mannes Charakter seine schriftstellerischen
Leistungen afficirte, so ist doch, dass sie davon afficirt werden
mussten, unverkennbar.
§. 5L
Aluigi Anguillara.
In bescheidnerem, aber reinerem Lichte glänzt Mattioli's vermuthlich
jüngerer Zeitgenosse Aluigi (oft auch Luigi , das ist
beides Aloysius) A n g u i l l a r a , von dessen Lebensverhältnissen wir
wenig wissen. Das Jahr seiner Geburt ist unbekannt, der Ort
derselben zweifelhaft. Seine Zeitgenossen nennen ihn einen Römer,
und die Angabe Späterer, er sei zu Ferrara geboren, hat keinen
Grund. Ob er aber aus Rom selbst oder, wie Apostolo Zeno bei
Tiraboschi2) vermuthet, aus dem Städtchen Anguillara im Kirchenstaat
herstamme, ist ungewiss. Auch von dem Gange seiner Ausbildung
wissen wir nur, dass er grosse Reisen gemacht. Haller3)
nennt ihn den Ersten seiner Nation, der den Gedanken ausführte,
die Pflanzen der Alten in den Ländern der Alten selbst wieder
1) M atthioli commentarli in Dioscoridem Uh. IV, cap. 73, pay. 1082 edit.
Veneti anni 1565.
2) Tirabosci l. c. pag. 11.
3) Haller, hihliotheca botanica I, pag. 329.
B u c h XV. Kap. 2. §. 51. 379
aufzusuchen. Ich setze hinzu: nach dem Wiedererwachen der
klassischen Studien; denn in früherer Zeit hatte schon Simon
J a n u e n s i s , wiewohl mit geringem Erfolg, denselben Gedanken
ausgeführt. Anguillara war ganz Italien durchreist, von den Abruzzen
Neapels bis nach Venedig, nebst Sicilien Sardinien und Corsica,
die südliche Schweiz und Südfrankreich, ferner Dalmatien, Illyrien,
Slavonien, Macedonien, Griechenland bis nach Morea hinab, Cypern,
Kreta, Corfu und mehrere griechische Inseln. Aus all diesen
Ländern theilt er selbst in seiner gleich zu nennenden Schrift
zahlreiche botanische Beobachtungen mit; doch wann er sie bereiste,
wie lange er in jedem verweilte, wissen wir wieder nicht. Längere
Zeit scheint er sich auf Kreta aufgehalten zu haben; denn den
dortigen Apotheker Cos tant ino Rodioto (aus Rhodos) nennt
er seinen theuren Freund, und an einer andern Stelle il mio
c a r i s s i m o Maestro i). Um Bologna botanisirte er 1539 2), um
Pisa 1544 und 1545, bei welcher Gelegenheit er auch mit Luca
G h i n i verkehrte 3). Ausser Costantino ist Luca Ghini der einzige,
den er, so oft er von ihm spricht 4), mit dem Ausdruck
M a e s t r o bezeichnet, während er andre Gelehrte mit Messer
(Monsieur) abzufinden pflegt; daher ihn Tiraboschi auch als Ghini's
Schüler betrachtet. Andrer Meinung ist Du Petit Thouars, der
Verfasser des Artikels Anguillara in tom. II der Biographie universelle;
weder den Costantino noch den Ghini will er als Anguillara's
Lehrer gelten lassen, sondern den Ausdruck Maestro
einfach als mai tre un tei, wie das zu sagen damals Sitte gewesen,
verstehen. Scheint mir das auch in Bezug auf Costantino
bedenklich, so pflichte ich ihm in Bezug auf Ghini um so lieber
bei. Denn niemals nennt er denselben wie den Costantino il
mio Maestro, sondern nur Maestro Luca di Imola oder il Eccellentissimo
Maestro Luca Ghini, und einer solchen Auszeichnung vor
andern Gelehrten war Ó 7mvv Ghini, das Orakel der Botaniker
1) Anguillara semplici pag. 36 und 120.
2) L. c. pag. 302.
3) L. c. pag. 64 und 241.
4) Ausser den beiden vorstehenden Stellen, auch pag. 127. 130. 272.
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