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unter dem irrigen Namen Octavius Horat ionus wie durch
manche kleinere Arbeiten. Durch Eleganz und sehr gelungene
Stellen empfehlen sich auch seine Ueberseizungen verschiedener
Psalmen m latemische Hexameter, worin jedoch griechisch mythologische
Vorstellungen gegen die alttestamentlichen wunderbar
abstechen.
Unbekannt ist Ort und Zeit seiner Geburt, so wie der Gang
seiner Studien. Im Jahr 1529 schreibt er aus Köln an den strasburger
Buchdrucker Schott bei Uebersendung seiner gleich näher
anzugebenden botanischen Bemerkungen, vor vielen Jahren hätte
er den Leonicenus in Italien wohl gekannt; doch was derselbe von
den Irrthümern des Plinius geschrieben, hätte er erst vor wenio-en
Monaten kennen gelernt. Diese Stelle scheint bisher überseLn
zu sein, denn nirgends finde ich seines Aufenthalts in Italien, und
namenthch in Ferrara, wo Leonicenus lebte, erwähnt Aber auch
die Zelt seiner Geburt möchte ich daraus ungefähr bestimmen
Gewiss ist nach Christ-'s^) Untersuchungen, dass er gegen Ende
des Jahrs 1530 oder Anfang 1531 zu Köln gestorben. Denn 1530
dedicirte ihm Plrkheimer noch seine Germaniae brevis explicatio,
1531 machte Joachim Camerarius schon ein Epigramm auf seinen
Tod bekannt, und 1532 gab sein Neffe gleiches Namens des Oheims
latemische Psalmen aus seinem Nachlasse heraus. Woher Christ
aber die Nachricht nahm, Neuenar wäre nicht ganz 50 Jahr alt
geworden, also zwischen 1480 und 1490 geboren; worauf gestützt
W e i s s , der ihm einen langen Artikel in der Biographie universelle
3) widmete, ihn gar erst 1491 geboren werden lässt, weiss ich
nicht. Nehme ich dagegen an, um sich der Bekanntschaft mit
einem ausgezeichneten Gelehrten zu rühmen, könne er bei seinem
Zusammentreffen mit demselben nicht füglich unter 17 Jahr alt
gewesen sein, so kann seine Geburt schwerlich später als 1476,
1) Man sehe Band II, Seite 286.
2) Jolu Frid. Christ noctium academicaruni libri, Halae Mageburgicae 1729
in 5, d^servatio X Villi de vita et scriptis Hermanni comitis a Nuenar praepositi
Coloniensis.
3) Biographie universelle, tom. X X X I , pag. 94.
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sein Aufenthalt in Ferrara spätestens ins Jahr 1490 fallen. Denn
des Leonicenus Schrift de Plinii aliorumque erroribus erschien
1491, und machte solches Aufsehen, dass sie in ihres Verfassers
Umgebung sicher niemandem unbekannt bleiben konnte. Für diese
Hypothese scheint mir auch die Nachricht bei Weiss zu sprechen,
zum Kanzler der Universität (und Domprobst, denn beide Aemter
waren nach den Statuten der Universität unzertrennhch) M^äre
Neuenar 1524 erwählt. Diese Wahl träfe nach Weiss doch wohl
zu früh in sein 33stes, nach meiner Annahme in sein 48stes Lebensjahr.
Im Jahr 1530 wohnte er noch dem Eeichstage zu Augsburg
(bei Jöcher steht Kegensburg) bei, und starb, wie wir sehen, bald
darauf, also vermuthlich im Alter von 54, nicht 39 Jahren. Bianco i)
stellt ihn an die Spitze der „eben so gelehrten als helldenkenden
Männer, welche im sechzehnten Jahrhundert zu Köln als wohlthätige
Genien, als eifrige Verfechter und Freunde des klassischen
Alrerthums und einer geläuterten Philosophie bemüht waren, die
Finsterniss des Zeitalters zu durchbrechen, die Wissenschaften zu
pflegen, und ihr höheres Wissen denen mitzutheilen, die durch
Fleiss und Talent dafür empfänglich waren."
Für die Botani k hat er nur so viel geleistet, dass man daraus
auf den Umfang und die Art seiner Kenntnisse auch in diesem
Fache schliessen kann. Er schrieb Adnotationes aliquot
h e r b a r u m , abgedruckt, nebst dem erwähnten Schreiben an den
Buchdrucker Schott als Vorrede, im zweiten Bande des schon mehrmals
genannten Werkes von Otto Brunfels, Seite 116 bis 127.
Sie handeln von 28 meist gemeinen Pflanzen des Dioskorides,
deren Nomenclatur er kritisch zu berichtigen sucht. Der Vorrede
nach war es ursprünglich eine umfassendere Arbeit. Als er aber
das genannte Werk des Leonicenus kennen lernte, wodurch ihm
Vieles vorweg genommen war, wollte er lieber den grössern Theil
seiner Schrift unterdrücken, als sich dem Verdacht des Plagiats
aussetzen. Angehängt ist den Adnotationen ein etwas breites
1) F. J. von Bianco, Versuch einer Geschichte der ehemaligen Uiiiversität
und der Gymnasien der Stadt Köln. Köln 1833 in 8., i, S, 47.