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222 Buch XIV. Kap. 1. §. 29.
schienenen Ausgabe des Dioskorides von 1529. in fol. mit dem
besondern Titel:
H e r m o l a i Barbari, Patricii Veneti et Aquileiensis Patriarchae,
in Dioscoridem Corollariorum libri quinqué. Coloniae
apud Joan. Soterem. 1530.
Sie enthalten eine reiche, beinahe vollständige, Sammlung solcher
Stellen aus der gesammten griechischen und lateinischen Literatur,
worin von denselben Pflanzen, von denen Dioskorides handelt,
die Rede ist. Wären die Stellen, was damals noch nicht möglich
war, so citirt, dass man sie leicht nachschlagen könnte, und wären
die der Griechen griechisch abgedruckt, diese Corollarien würden
bei Untersuchungen über die Pflanzen der Alten noch heute von
entschiedenem Nutzen sein.
Des Hermolaus übrige Arbeiten, wozu auch einige tausend
niemals veröffentlichte Gedichte gehören, übergehe ich, und nenne
nur noch sein letztes und wichtigstes, kurz vor seinem Tode beendigtes
Werk, welches ohne Titelblatt mit folgender Schlussschrift
erschien:
Finis Cast igat ionum Plinianarum Hermolai Barbari.
Impressit Eucharius Argenteus Germanus: Romae 1492 octavo
kalendas Decembris etc. — Die zweite Abtheilung hat folgende
Schlussschrift:
Finiimt Hermolai Bar. patriarchae Aquileiensis Plinianae
Castigationes: ItemAeditio (sie!) in Plinium secunda;
Item Emendatio in Melam Pomponium: Item Obscurae cum
Expositionibus suis voces in Pliniano códice. Impressit formis
Eucharius Argenteus Germanus Romae Idibus Febr. 1493
etc. — Beide Abtheilungen zusammen bilden einen mässig
starken Band in fol.
Es ist, abgesehen von der Zugabe des Mela, ein kritischer Commentar
zur Naturgeschichte des Plinius, die man damals nur in
sehr verdorbenen Handschriften besass Den Text wiederherzustellen,
verglich Hermolaus mit grosser Sorgfalt die zu Rom und
zu Venedig aufbewahrten Handschriften, las dazu fast alle römischen
und griechischen Schriftsteller nochmals durch, und scheute
B u c h XIV. Kap. 1. §. 29. 223
auch eine oft etwas kecke Conjectural-Kritik nicht. Das Hauptwerk,
das heisst die erste Abtheilung, versichert er in zwanzig
Monaten beendigt, und darin gegen fünf tausend Fehler der Abschreiber
berichtigt oder, wo das nicht gelungen sei, wenigstens
angezeigt zu haben. Unterzeichnet ist die Dedication an Pabst
Alexander VI. Octavo Kalendas Septembris 1492. — Die zweite
Abtheilung sollte ursprünglich nur ungewöhnliche Ausdrücke des
Plinius in Gestalt eines Wörterbuchs erklären. Aber auch bei
dieser Arbeit fand er im Texte, so wie in seinen eignen frühern
Anmerkungen noch manches zu berichtigen, was er als Editio
s e c u n d a Castigationum Plinianarum zusammenstellte. Er
will sie, nach der Idibus Jamariis 1493, also wenige Monate vor
seinem Ende datirten Dedicationsschrift an denselben Pabst, in
etwas mehr als anderthalb Monaten beendigt haben.
Sein Verdienst um die Botanik nach den theils gelungenen
theils misslungenen Deutungen einiger Pflanzen des Plinius, die er
gelegentlich liefert, abmessen zu wollen, scheint mir unbillig. Er
war Philolog, nicht Botaniker, und machte auf Pflanzenkenntniss
keinen Anspruch. Die in Italien so gemeine Iris Florentina liess
er sich, wie er gleich im ersten Kapitel erzählt, zu Padua in einem
Garten zeigen. Dass Plinius selbst in manchen Irrthum verfallen
sei, ahnete er noch nicht; die Schuld aller Schwierigkeiten, auf
die er stiess, legte er den Abschreibern zur Last, und von einer
erstaunlichen Menge ihrer Versehen hat er den Text seines Schriftstellers
wirklich gereinigt und lesbar gemacht. Das ist, wenn er
sich auch zuweilen verirrt haben mag, sein grosses unbestreitbares
Verdienst; und wer den Gebrauch, den die Botaniker nach Ermolao
von ihrem Plinius machten, kennt, der wird begreifen,
welche Hülfe ihnen durch eine solche Vorarbeit geleistet war.
Aber auch die Kritik des Plinius selbst konnte jetzt erst, nachdem
mehrere der wichtigsten Handschriften verglichen waren, festen
Fusses fortschreiten, und von der Prüfung der blossen Worte zu
der des Inhalts übergehen. Wir werden sehen, wie bald sie es that.