
i Vorurtheil, so wie d ie grosse Hitze und Windstille der Jahreszeit
war der Ausbreitung- der Seuche ung-emein günstig;
daher nahm die Heftigkeit und Zahl der Krankheitsanfalle
.zu Mekka bald in solchem Maase zu, dass die meisten
Pilger ihren Untergang für gewiss hielten. In einem Zeitraum
von vierzehn Tagen,unmittelbar nach dem eigentlichen
Bairamsfeste, sollen in Mekka,Medina und denUmgebungen
dieser Städte fünfzig Tausend Menschen an der Cholera
gestorben seyn, und unter ihnen befanden sich die angesehensten
Personen, namentlich der Pascha von Da maskus,
der die syrische PilgerkaraVane begleitet hatte, der Emir
cl Hadg oder Anführer des aus Egypten gekommenen Zuges
und die Statthalter desPascha’s inDjetta undMekka. Durch
die Menge der Sterbfalle in Schrecken gesetzt, eilten die
Beduinen mit ihren Kameelen in die Wüste, wodurch den
Pilgern gewissermassen die Möglichkeit, benommen ward,
sich von dem Orte der Vernichtung zu entfernen. Mangel
und Elend aller Art trat ein; kurz, jener Theil von Arabien
befand sich in einem schaudererregenden Zustande. Meine
Freunde in Cairo suchten mich durch die von dort einlau-
fenden Berichte zu bestimmen, meine Reise nach jener
Gegend zu verschieben und günstigere Auspicien abzuwar-
ten; aber eine gewisse Ahnung hatte in mir den durch die
Folgezeit bewährten Glauben festgestellt, dass die in kurzer
Zeit von Arabien heimkehrenden Pilger den Krankheitsstoff
in Egypten einführen und verbreiten würden, während
dann in jenem Lande das Uebel vermuthlich ausgetobt
haben würde. So war also nach meiner Ansicht nur ein
rasches Vorwärtsschreiten nach Djetta das sichere Mittel,
mich der Gefahr der Ansteckung zu entziehen, wenn ich
anders nicht meine Reise nach Abyssinien ganz aufgeben
öder auf unbestimmte Zeit verschieben wollte.
Diese Rücksichten bestimmten mich, meine Rückkehr
nach Souez möglichst zu beschleunigen. Ich langte daselbst
bereits am 29. Juni 1831 an, nachdem ich unterwegs ein
kleines, an und für sich wenig gefährliches Abenteuer
erlebt hatte. Die mir von dem amtlich bestellten Scheik
der Miethkameele zur Reise von Cairo nach Souez zugeschickten
Araber kannten nämlich die eigentliche Kara-
vanenstrasse nicht, indem ihre gewöhnliche Marschroute
nach Gaza in Syrien ging, und führten mich somit irre;
allein ich selbst hatte diesen Weg durch die Wüste bereits
siebenmal gemacht, und der Verkehr zwischen Cairo und
Souez ist überdiess jetzt so lebhaft, dass man nur nötigenfalls
ein paar Stunden zu warten braucht, um mit Sicherheit
einen ändern Trupp von Lastthieren anzutreffen, welche das
gleiche Ziel verfolgen. Nach den von mir in Souez einge-
zogenen.Nachrichten kann man annehmen, dass täglich im
Durchschnitt hundert beladene Kameele von Cairo her
daselbst anlangen; und da die Entfernung zwischen beiden
Plätzen a u f d r e i Tagemärsche angeschlagen wird, so würden
also, einschliesslich der fortwährend leer zurückgehenden
Thiere, täglich sechshundert Kameele auf diesem Wege
in Bewegung seyn, oder jährlich 7 3 ,0 0 0 Kameele, theils mit,
theils ohne Ladung, diese Reise machen.
Gleichzeitig mit mir kam zu Souez ein europäischer
Arzt an, der im Dienst der Regierung stand und von Cairo
geschickt worden war, um eine Quarantaine für alle von
Djetta kommenden Reisenden einzurichten und so möglicher
Weise das Eindringen der Cholera von dieser Seite herzu
verhindern. Am 9. Juli gelangte bei dem vier Stunden
von Souez entfernten Brunnen HadgiRouth die ausMogra-
binern bestehende Abtheilung der grossen Pilger-Karavane
auf ihrer Rückkehr von Mekka an; sie besteht bloss aus