
Auf den Ackerfeldern der Umgegend waren eben jetzt
viele junge Mädchen beschäftigt, die reifen Gerstenhalme
auszurupfen,, und in kleine Garben zusammengebunden,
über Mittag der Sonnenhitze auszusetzen, worauf dieselben
zu Hause auf der Tenne, und zwar gleichfalls von
Frauen, mit kleinen Stöcken ausgedroschen werden: eine
auffallend mühsame Art die Cerealien zu ernten, Ich benutzte
unsere lange Anwesenheit in dieser Gegend, um zur genaueren,
Bestimmung meiner Marschraute die geographische
Breite unsers Lagerplatzes astronomisch auszumitteln; man
findet dieselbe im Anhänge angezeigt. Die hiesige Gegend
stehet unter der Oberhoheit des Befehlshabers von Agame,
Detjatsch Oeled Michael, desjetzt lebenden ältesten Sohnes
von Detjatsch Sabagadis, obgleich sich die Bewohner noch
zu der Föderativ-Verbindung Akalokasai rechnen. Die
Handelsleute unserer Karavane hatten einen der Gesellschaft
an diesen Manu nach Ategerät, der jetzigen Residenzstadt
der Provinz Agame, abgeschickt, um ihn von
unserer bevorstehenden Durchreise zu benachrichtigen, und
zugleich zu bitten, uns wissen zu O * . . . lassen, welchen Weg wir einschlagen sollten, um durch sein Gebiet mit einiger.
Sicherheit ziehen zu können, da dasselbe jetzt von mehreren
Seiten durch die Kriegsvölker von Simen bedroht werde;
sie fügten zugleich listig die Bemerkung bei, dass sie bloss
desshalb den Weg über Ategerat einzuschlagen wünschten,
um ihm den gewöhnlichen Zoll zu entrichten, der ihm, wenn
sie ihren Weg über Adowa nähmen, entgehen würde. Oeled
Michael gab zur Antwort, wir sollten nur, ohne uns zu
furchten, zu ihm kommen, er wolle dann die nöthigen Vorkehrungen
mit uns verabreden und uns die Richtung angeben
in der wir am sichersten reisen könnten. — Der zu
Barakit zu entrichtende Durchgangszoll ward endlich auch
friedlich geordnet; meine Quote betrug J/ 3 Thaler für jedes
Maulthier, die Hälfte für jeden Esel und Lastträger, und
ausserdem noch vierundzwanzig Unzen Pfeffer als schuldige
Vergütung für das sechstägige Grasen meiner Maul-
thiere auf dem Wiesengrund. Während des Verlaufs der
ganzen Woche blieb der Himmel bei vorzugsweise östlichem
und südöstlichem Winde grossentheils heiter; nur
wenn es windstill war, erschien in der Nachmittagsstunde
dickes Gewölk, ohne sich jedoch in Regen aufzulösen.
Wir verliessen am 22. Mai den Lagerplatz von Barakit
und zogen durch das Wiesenthal abwärts in südsüdöstlicher
Richtung. Nach fünfViertel StundenMarsch hatten
wir zur Rechten das Thal Mai M una, in welchem sich
das zuvor erwähnte Dorf Gunna Kuma befindet; aus demselben
fliesst ein schöner Bach in ostsüdlicher Richtung
hin, welcher mit dem Thale gleichnamig ist, sich später
mit einem ändern Gewässer, Namens Oha B ead M eriam
vereinigt, und dann durch verschiedene Bergschluchten nach
der Amphila-Bay hinläuft, die Meeresküste selbst aber
nicht erreicht, sondern im Sande versiegt.*) Der von hier
dieses Flüsschens entlang nach dem Meere führende Weg
soll weit weniger beschwerlich seyn, als der über den
Taranta-Pass, und man kann auf demselben mit beladenen
Maulthieren in drei Tagen nach Amphila gelangen. Nachdem
wir eine halbe Stunde lang den Ufern des Mai Muna
gefolgt waren, verengte sich das Thal durch'Schieferfelsmassen.,
Wir verliessen nun dieses Wasser und marschirten
*) Salt, der doch diesen Weg, und zwar zweimal, 1805 und 1810
gekommen ist, lässt auf seiner Karte das Wässer von M a i M u n a
nach W est- und Südwest in der sogenannten Mareb abfliessen. Aehn-
liche grobe Irrthümer dieses Reisenden werde ich noch einige Mal
Gelegenheit haben, zu rügen.