
vor dem Hause des Naib in einem Kreis zu lagern. Als
diess geschehen war, führte man, unter Trommelschlag und
lärmendem Jubel, den festlich geschmückten und in einen
Scharlachmantel gehüllten Bräutigam unter einem auf vier
Stöcken getragenen weissen Tuch aus seines Vaters Hause
in den Kreis, in dessen Mitte er sich auf einer Strohmatte
in einer Art von beschämter Stellung niederliess; wirklich
war die von ihm nun zu spielende Rolle etwas beschämend,
aber sie ist hier herkömmlich. Nun ward über den Bräutigam
ein grosses. musselinenes Tuch geworfen, welches
ihn beinahe ganz überdeckte, und an seine Seite ein grosses
entblösstes Schwert gelegt. Naib Jahia und sein abgesetzter
Vorgänger, der Naib Etman, sassen nicht fern von ihm auf
grossen hölzernen Armsesseln; beide trugen auf dem Kopfe
sehr grosse faltige grüne Mützen, wie die Mulla’s in Cairo,
und einen weiten Benisch von rothem Tuch, der aber schon
sehr lange im Gebrauch gewesen seyn muss; an den Füssen
hatten sie grosse buntgestickte Pantoffeln mit Zoll dicken
Sohlen, in der Form denjenigen ähnlich, welche die alten
deutschen Kaiser bei der Krönung trugen. Nachdem hierauf
der ganzen Versammlung Stille anbefohlen worden war,
trat der erwähnte Schreier in die Mitte derselben und
forderte sie mit lauter Stimme auf, die Hochzeitsbeisteuer
in seine Hände abzuliefern. Er ging nun rund um zu einem
Jeden, nahm das ihm dargereichte Geld in Empfang, verkündete
jedesmal laut den Namen des Gebers und den
Betrag der Summe, und warf, während ein Fakir beides
notirte, die Thaler auf die Strohmatte vor den Bräutigam
hin. Nur sehr wenige der Gäste gaben mehr als zwei
Species-Thaler, die meisten nur einen, und viele gar nichts.
Die Banianen von Massaua, welche von dem Naib gleichfalls
zum Hochzeitsfeste eingeladen w orden waren, hatten
drei Männer aus ihrer Mitte geschickt, welche in einem
versiegelten Päckchen die Gesammtgabe ablieferten; kaum
war dieses geschehen, so stiess man sie mit grösser Verachtung
aus dem Kreise der Gäste, wie wenn sie durch ihre
Anwesenheit die Uebrigen verunreinigten. Die ganze zusammengesteuerte
Geldsumme (ohne die Beiträge der Banianen)
betrug nur 139 Thaler, wovon die eine Hälfte dem Bräutigam
gehörte, die andere seinem Vater für die Unkosten
des Hochzeitsfestes zufiel. In früheren Zeiten, als sich die
Kaufleute von Massaua noch angelegentlich um die Gunst
des Naibs bewerben mussten, und dagegen Letzterer bei
Verheirathungen Anderer sich gleichfalls freigebig bewies,
sollen durch diese freiwilligen Beisteuern zuweilen tausend
Thaler bei einer einzigen Hochzeitsfeier zusammen gekommen
seyn.
Nach dieser Bettelscene zog die ganze Gesellschaft
unter Paukenschall und Flintenschüssen auf einen freien,
vor dem Städtchen liegenden Platz, wo sich die Honoratioren
in einem Halbkreis auf Ruhebänke niederliessen,
und der Bräutigam in ihrer Mitte auf einer Art von Sessel
Platz nahm. Mehrere Fakirs lasen ihm hier einige
kurze Anreden vor, in denen sie ihn auf ruhmvoller Bahn
einherzuwandeln ermahnten, und schwülstige Glücksver-
heissungen machten, von denen es mehr als wahrscheinlich
wrar, dass nie eine derselben sich verwirklichen werde.
Hierauf wurde an jeden der Gäste ein Sträusschen von
wohlriechendem Kraut vertheilt, und damit war das ganze
Fest zu Ende. Viele Bewohner von Massaua und mit ihnen
auch ich gingen nun zuFusse nach Haus; andere, namentlich
die hungerigen Einwohner der Küstenlandschaft, warteten
das Abendessen ab, nach welchem die Gesellschaft sich bis
spät in die Nacht mit wilden Tänzen unterhielt, in denen
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