
Schendi nach der Provinz Dongola wieder zu entkommen
wussten: so wurde einem jeden von ihnen mit einem glühenden
Eisen ein Mal auf den Arm gebrannt, und ein neun Fuss langer
Baumstamm an den Hals festgebunden, den der Unglückliche
durch die ganze Wüste mit sich schleppen musste. Die dieselben
escortirenden Corps hatten eben so viele Sklaven, als
ihnen übergeben worden waren, wiederabzuliefern, oder im
Fall einer unterwegs starb, dessen abgeschnittene Ohren als
Beleg mitzubringen. Wie alles Mitgefühl im Herzen von
Menschen ersterben kann, die sich mit dem Handel oder
Transport von Sklaven beschäftigen, davon sind bereits
Beispiele genug bekannt; und man wird es daher auch nicht
als eine Dichtung betrachten, wenn ich versichere, dass bei
den für den Pascha von Egypten bestimmten Sklavensendungen
manchem der unglücklichen Gefangenen, der
durch die Peitschenhiebe seiner Führernicht mehr zum Wei-
termar'schiren gezwungen werden konnte, mitten in der
Wüste bei lebendigem Leibe die Ohren abgeschnitten wurden,
und dass man ihn sich dann selbst überliess, um in der
ihn umgebenden grauenvollen Einöde die verzweiflungsvolle
letzte Stunde zu erwarten! Ich selbst kam auf meiner
Reise von Schendi nach Ambukol im Jahr 1824 an vielen
Leichnamen solcher Unglücklichen vorbei, an deren Hals
noch der ominöse Baumstamm geknebelt war — die barbarischen
Führer der schuldlosen Schlachtopfer hatten sie
also nicht einmal in der Todesstunde ihrer Fesseln entledigt!
Bei der Eroberung von Nubien war die egyptische Armee
in drei Corps abgetheilt, von denen jedes unter demspeciel-
len Befehl eines der nächsten Anverwandten Mehemet Ali’s
stand. Gegen • Senaar zog sein Sohn Ismail Pascha ; längs
der Ufer des weissen Stromes aufwärts marschirte.sein Stiefsohn
Ibrahim Pascha, und die Eroberung von Ko'rdofan
besorgte sein Schwiegersohn Mehemet BegDefterdar. Eine
bedenkliche Krankheit nöthigte schon im Juli 1822 den
Ibrahim Pascha nach Egypten zurück zu gehen, nachdem
er auf seinem Zuge den Baliher Abbiad entlang nichts Bedeutendes
ausgerichtet hatte. Ismail Pascha erhielt bald
nachher als Lohn seines Kriegszugs in die Provinz Fazuglo
die Erlaubniss, ebenfalls nach Cairo zurückzukehren. Auf
dem Marsche dahin verlangte er ganz unerwartet in der
Stadt Schendi von dem mit ihm verbündeten Häuptling
Melik Nemir eine ausserordentliche Kriegssteuer von 1000
Sklaven. Dieser erklärte ihm, dass die Entrichtung einer
solchen Auflage ganz unmöglich sey, erhielt aber von Ismail
die lakonische Antwort, dass, wenn in drei Tagen die verlangten
Sklaven nicht alle abgeliefert würden, er ihn selbst
aufspiessen liesse. Melik Nemir, welcher wohl wusste, dass
diese Drohung bei Ismail keine leere Redensart sey, fasste
s c h n e l l einen Entschluss zu seiner Rettung. Unter dem Vorwande,
für die Pferde undKameele, die er dem Pascha hatte
schenken müssen, Futter in Bereitschaft zu setzen,.liess er
in aller Eile eine grosse Menge trocknes Stroh .und Mais-
stengel um die Wohnung seines gefährlichen Gastes auf-
schütten; gegen Abend wurde diese Masse plötzlich angezündet,
und indem das wüthende Volk in dichten Haufen
die Brandstätte umstellte, kamen Ismail und seine sämmt-
lichen Begleiter durch den Rauch, das Feuer oder das
Schwert in wenigen Augenblicken ums Leben (November
1822),*) Ein Theil des Reiches Senaar und die ganze Provinz
Schendi brachen nun in eine blutige Empörung aus, und
wäre nicht Mehemet Beg Defterdar auf das Schleunigste
*) Ich spreche hier gewissermassen als Augenzeuge, da ich einige
Wochen nachher in den Provinzen Dongola und Schendi reiste.