
naret oder eine zierliche Kuppel, die das Grab eines
Scheiks überdeckt. Selten fehlt an den bewohnten Stätten
die grosse Einzäunung von hohen Rohrstängeln zum Aufspeichern
der der Regierung gehörenden Cerealien und
der dichtbelaubte, ehrwürdige Sykomorenbaum, in dessen
Schatten der müde Wanderer zu rasten pflegt. Esel ohne
Sattel und Zaum, mit schwerer Last, die auf ihrem Hinterrücken
aufliegt, bilden neben den genannten Thieren
regelmässig einen Theil des Belebten in der Scenerie.
Einige armselig gekleidete Bauern aber, die theils mit
Wasserschöpfen für den Feldbau, theils mit einer sonstigen
landwirtschaftlichen Arbeit beschäftigt sind, contrastiren
auf eine höchst traurige Weise mit dem Ausdruck von
Ueberfluss, den die üppig grünenden Fluren an sich tragen.
Diesen eigenthümlichen Charakter, den die durchaus flache
Landschaft in Unteregypten während der Winterzeit unabänderlich
und allenthalben zu erkennen gibt, hat mein
Freund und Reisegefährte, der ausgezeichnete naturhistorische
Zeichner Herr von Kittlitz, in der dem vorliegenden
Buche beigegebenen Vegetationsansicht darzustellen versucht.
Dieselbe gibt in skizzirter Abbildung einer Gegend
bei Foua in Unteregypten ein höchst anschauliches Bild
von der Physiognomie der Landschaften des Delta’s; und
es freut mich um so mehr, sie dem Publikum mittheilen
zu können, da die unzähligen Egypten behandelnden
Reisebeschreibungen keine die Darstellung des Landescharakters
bezweckende Abbildung enthalten. Zugleich
ergreife ich diese Gelegenheit, um öffentlich mein inniges
Bedauern auszudrücken, dass Gesundheitsrücksichten Herrn
von Kittlitz nöthigten, gleich von Cairo aus wieder nach
Europa zu gehen, und mir so die wesentliche Beihülfe
entzogen wurde, die ich, besonders in Hinsicht auf Zeichnungen,
von seiner Begleitung auf meiner Reise nach
Abyssinien zu erhalten mit Zuversicht gehofft hatte *).
Ueber die Fruchtbarkeit von Egypten macht man sich
in Europa durchgehends eine ganz irrige Vorstellung,
veranlasst durch übel berichtete Publicisten, die den Ackerbauzustand
jenes Landes beschrieben haben. Die meisten
dieser Schriftsteller behaupten, dass von allen dem Nil
entlang gelegenen Feldern jährlich drei- oder viermal
geerntet werde. Das allein Wahre an der Sache ist, dass
bei dem F eldbau (nicht Gartenbau) das Grundstück nie
mehr als zweimal im Jahre bestellt wird; für die eine
Bebauung genügt die natürliche Ueberschwemmung des
Nils, und es bedarf keiner ändern Arbeit, als der Aussaat
und des Einsammelns; die zweite Bestellung des Grundstückes'verlangt
eine fortwährende künstliche Bewässerung
des Bodens. Die gepriesene Fruchtbarkeit der Nillandschaft
aber bestehet darin, dass man für keine der beiden
Aussaaten die Felder zu düngen nöthig hat, indem der
bei der natürlichen Ueberschwemmung abgesetzte Schlamm
für beide genügt, und dass ein Missrathen der Getreideernte
niemals stattfindet. Die erste Aussaat wird bald nach
dem Rücktritt des Wassers, das heisst im Monat November,
vorgenommen, und gewährt im Monat März eine Ernte;
die zweite Benutzung des Feldes, vermittelst einer vorhergegangenen
künstlichen Bewässerung, fällt in die Zeit
zwischen April und August; manchmal wird diesem zwei-
*) Herr von Kittlitz ist dem wissenschaftlichen Publikum sowohl
als Naturforscher, wie auch namentlich als genialer Zeichner bekannt,
durch die von ihm gefertigten und theilweise auch gravirten Vegetationsansichten,
mit denen des Kapitains Lüthke Reise um die Welt und
ein eignes, von Herrn von Kittlitz selbst herausgegebenes Werk über
die Pflanzengruppen in den Tropenländern ausgeschmückt sind.